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Studio 6

Studio 6

Titel: Studio 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
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Erstaunen der Pressesprecherin klang echt.
    »Tut er das?«
    Annika resignierte.
    »Danke, dass ich Sie stören durfte«, erklärte sie mit ironischem Unterton. »Das war wirklich sehr erhellend.«
    »Nicht der Rede wert«, zwitscherte Karina Björnlund.
    »Einen schönen Abend noch!«
    Himmel nochmal, dachte Annika.
    Sie rief die Zentrale an und fragte, wo Berit wohnte, und bekam die Nummer eines Hotels in Visby. Die Kollegin war auf ihrem Zimmer.
    »Na, kein Jagdglück?«, fragte Annika.
    »Nein«, antwortete Berit, »der Parteisprecher gibt vor, nicht das Geringste über die Affäre zu wissen.«
    »Was willst du denn von ihm wissen?«
    »Er war tonangebend, einer der Engagiertesten in den sechziger Jahren. Unter anderem war er zum Wehrdienst bei der IB.«
    Annika kniff die Augen zusammen.
    »Konnte man das denn sein?«
    »Offiziell hieß es, dass er in der Sicherheitsabteilung der Verteidigungskräfte stationiert war, aber in der Praxis setzte er seine politische Arbeit fort. Wie kommst du voran?«
    Annika zögerte.
    »Es geht so. Studio 6 hat verkündet, dass sie Stripperin war.«
    »Wusstest du das?«
    »Ja«, antwortete Annika kurz.
    »Warum hast du das dann nicht geschrieben?«
    Berit klang erstaunt. Annika rieb sich das Auge.
    »Ich habe sie nur beschrieben. Das gehört doch irgendwie nicht dazu«, meinte sie.
    »Doch, das tut es! Jetzt erstaunst du mich aber«, erwi derte Berit.
    Annika war verunsichert.
    »Das Bild von ihr wird so platt, wenn man das mit dem Pornoklub rauskehrt. Dann ist sie einfach nur eine Hure.
    Es gibt aber so viel mehr, so viele Nuancen, sie war schließlich Tochter und Schwester und Freundin und Schulmädchen …«
    »Und Tänzerin in einer Sexbar. Annika, das ist doch ganz klar, dass das von Bedeutung ist«, unterbrach Berit sie.
    Es wurde still in der Leitung.
    »Ich überlege, ob ich Studio 6 anzeigen soll«, meinte Annika schließlich.
    Berit wurde fast ärgerlich.
    »Ach nein, und wieso?«
    »Patricia wusste nichts davon, dass die Typen mit diesen Informationen an die Öffentlichkeit gehen würden«, argumentierte sie.
    »Wer ist Patricia?«
    »Josefines beste Freundin.«
    Berit klang jetzt sehr ernst.
    »Annika, sei mir nicht böse, aber ich glaube, du nimmst diesen Mord ein wenig zu persönlich. Hüte dich davor, dich mit den betroffenen Personen zu eng zu verbinden.
    Das kann nur schlecht ausgehen. Du musst deine berufliche Distanz wahren, sonst hilfst du keinem, am allerwenigsten dir selbst.«
    Annika schloss die Augen und spürte, wie sie rot wurde.
    Die Erkenntnis ihres Scheiterns erfüllte ihren Kopf.
    »Ich weiß, was ich tue«, sagte sie etwas zu spitz.
    »Da bin ich mir nicht so sicher«, gab Berit zurück.
    Sie beendeten das Gespräch rasch. Annika saß noch lange mit den Händen vor dem Gesicht da, fühlte sich zerschlagen und wollte nur noch heulen.
    »Sind Sie mit dem Artikel über die Wohnung fertig?«, rief Jansson vom Newsdesk.
    Sie riss sich zusammen.
    »Ja«, antwortete sie. »Ich lege ihn … jetzt! … in den Kasten.«
    Sie griff die Maus und ließ den Artikel durch die Leitungen sausen. Jansson drehte den Daumen nach oben, als der Text auf seinem Schirm landete. Rasch sammelte sie ihre Sachen von Berits Platz und stand auf, um zu gehen. Im selben Moment kam Carl Wennergren vom Fahrstuhl her angerannt.
    »Holt mein Autorenfoto raus, denn heute Abend bin ich unsterblich!«, kreischte er.
    Alle Männer um den Newsdesk herum sahen erstaunt auf, während der Reporter mit Block und Kamera in je einer Hand einen enthusiastischen Kriegstanz in der Redaktion aufführte.
    »Die Ninja Barbies haben versucht, den Puff anzuzünden, in dem die Stripperin gearbeitet hat, und ratet mal, wer exklusive Bilder davon hat!«
    Die Männer um den Tisch herum standen wie auf Kommando auf, gingen nach vorn und klopften Carl Wennergren nacheinander kräftig auf den Rücken. Annika konnte die Automatikkamera des Reporters wie eine Siegesflagge über ihren Köpfen tanzen sehen. Sie hängte sich rasch ihre Tasche über und verließ die Redaktion durch den Hintereingang.
    Die Temperaturen waren um ein paar Grad gesunken, aber die Luft kam ihr stickiger vor als je zuvor. Es würde sicher bald ein ordentliches Gewitter geben. Sie ging an der nunmehr geschlossenen Imbissbude vorbei, blieb aber nicht an der Bushaltestelle stehen. Stattdessen schlenderte sie langsam zum Fridhemsplan hinunter, und ohne es richtig zu merken, kam sie am Kronobergspark heraus.
    Alle Absperrungen waren entfernt

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