Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Studio 6

Studio 6

Titel: Studio 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
Vom Netzwerk:
aufgelöst. Er seufzte wieder und gähnte ausgiebig. Das tat er immer, wenn er nervös war. Die Leute in seiner Umgebung fanden, dass ihn das souverän wirken ließ, was positiv war. So wie jetzt: Die Leute, die mit ihm im Auto saßen, hatten keine Ahnung von der Unruhe in seinem Inneren, dem steinharten Knoten in seinem Magen. Die Gedärme wanden sich vor Unruhe, er würde bald aufs Klo müssen.
    Die Presse erblickte das Auto, als es die Fredsgatan hinaufkam. Der ganze Haufen lief wie ein einziger Organismus herbei und schwenkte kleine Kästchen mit langen Objektiven. Der Ministerpräsident betrachtete sie durch den schwarzen Film der Fensterscheiben. Es waren Reporter vom Radio, dem Fernsehen und von der schreibenden Zunft mit kleinen, winkenden Kassettenrecordern.
    »Sie sehen alle aus wie Spielzeugfiguren«, sagte er zu dem Mann von der Sicherheitspolizei, der auf dem Vordersitz saß. »He-Man mit seinen hässlichen Kleidern und abnehmbarem Zubehör, oder?«
    Der Wachmann war seiner Meinung. Alle waren immer seiner Meinung, wenn er etwas sagte. Er lächelte müde.
    Man stelle sich vor, die Presse und die Opposition wären ebenso kooperativ.
    Das Auto blieb mit einem weichen, schaukelnden Bremsen stehen. Der Leibwächter war schon draußen, noch ehe die Räder standen, und mit seinem Körper schützte er den Ministerpräsidenten und hielt gleichzeitig die Hintertür auf.
    Die Fragen schlugen wie eine schmutzige Flutwelle über dem Regierungschef zusammen.
    »Was sagen Sie zu den Verdächtigungen, denen der Außenhandelsminister ausgesetzt ist?«
    »Wie ernst ist dies für die Partei?«
    »Wird das die Ausrichtung des Wahlkampfs verändern?« »Sind Sie der Ansicht, dass Christer Lundgren zurücktreten sollte?«
    Er schlängelte sich aus dem Auto, richtete sich mit all seiner massigen Leibesfülle auf und seufzte theatralisch.
    Mikrofone, Kassettenrecorder, Linsen und Bänder fingen diesen kleinen Puster ein. Alle konnten sehen, dass der Ministerpräsident die Sache nicht so ernst nahm. Er trug ein hellblaues Hemd, das am Hals zugeknöpft war, eine zerknitterte Hose, und in den Sandalen war er barfuß.
    »Also«, sagte der Ministerpräsident und stellte sich in das auf ihn gerichtete Licht eines Fernsehscheinwerfers.
    Er sprach langsam, entspannt, sehr leise und mit einem etwas resignierten Unterton.
    »Zunächst einmal steht Christer Lundgren unter keinerlei Verdacht, und das hat natürlich in keiner Weise Einfluss auf unseren erfolgreichen Wahlkampf. Für die Regierung und für Schweden und Europa hoffe ich wirklich, dass Christer Lundgren weiterhin in der Regierung bleiben wird.«
    Ende von Antwort eins, dachte er und ging langsam auf den Eingang zu. Die Presseleute folgten ihm wie eine Amöbe, die an ihm festgeklebt war, alles ganz nach Plan.
    »Warum haben Sie Ihren Urlaub abgebrochen?«
    »Wer wird an der Krisenbesprechung teilnehmen?«
    »Haben Sie nach wie vor Vertrauen zu Christer Lundgren?«
    Der Ministerpräsident ging noch ein paar Schritte weiter, ehe er antwortete, genau wie er es mit seinem Medienberater einstudiert hatte. Zeit für die Abschiedsreplik. Als er sich der Gruppe zuwendete, zwang er sich zu einem schelmischen Lächeln.
    »Sehe ich aus wie ein Mann in der Krise?«, fragte er und versuchte seine Augen funkeln zu lassen, was ihm offenbar gelang, denn einige der Amöben lachten.
    Er ging zur Tür, und der Sicherheitsmann machte sich bereit, sie zu öffnen. Nun war es an der Zeit für das Finale.
    Er setzte eine leicht besorgte Miene auf.
    »Scherz beiseite«, sagte er mit der Hand auf dem großen Messinggriff der Tür, »Christer Lundgren tut mir natürlich Leid. Diese Art von unbegründetem Verriss durch die Medien ist immer eine Prüfung. Aber ich versichere Ihnen, für die Regierung und für die Partei spielen diese völlig übertriebenen Behauptungen überhaupt keine Rolle.
    Wahrscheinlich haben Sie heute das
Abendblatt
gelesen, da hat man herausbekommen, warum Lundgren verhört wird. Er hat zufällig eine Wohnung in der Nähe des Kronobergsparks. Selbst Minister müssen irgendwo wohnen.«
    Er lächelte wehmütig und nickte zu seinen eigenen weisen Worten, ehe er hinter den Sicherheitstüren der Regierungskanzlei verschwand. Ehe sie hinter ihm zuglitten, tröpfelten die Fragen durch den Türspalt.
    »… Grund, ihn mehrmals zu vernehmen?«
    »… irgendetwas Besonderes gesehen?«
    »… die neuesten Informationen über …«
    Er konzentrierte sich darauf, solange ihn die Journalisten

Weitere Kostenlose Bücher