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Studio 6

Studio 6

Titel: Studio 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
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können so lange in Bereitschaft bleiben.«
    Annika begriff. Die Kühlschranktür fiel zu.
    »Okay«, sagte sie. »Ich werde Zeitung lesen.«
    Sie ging zum Archivregal und holte sich ein Exemplar des
Abendblatts
vom Freitag und noch ein paar weitere.
    Sie hatte das ganze Wochenende über keine Zeitung gelesen und auch kein Radio gehört. Radio würde sie ohnehin nicht mehr hören, wenn man sie nicht dazu zwang.
    Als Erstes las sie gründlich Berits IB-Artikel. Der Parteisprecher gab jetzt unumwunden zu, dass er 1966 seine Kontakte zu Birger Eimer ausgenutzt hatte, um nicht zu einer Reserveübung eingezogen zu werden.
    Damals war Wahlkampf, und der Parteisprecher war stellvertretender Sprecher im Sozialistischen Jugendverband, so dass diese Reserveübung für die Partei zu einem höchst unpassenden Zeitpunkt kam. Deshalb richtete Birger Eimer es so ein, dass der Parteisprecher seinen Wehrdienst bei der IB ableisten konnte.
    Im Klartext bedeutete dies, dass er einfach weiter seiner politischen Arbeit nachging, während er gleichzeitig seinen Wehrdienst leistete.
    Nach der Stammakte, die Berit ausgegraben hatte, war der Parteisprecher in die Sicherheitsabteilung des Verteidigungsstabs versetzt worden, was ein Deckname für die IB sein konnte. 1966 war er 33 Jahre alt und wurde danach nie wieder einberufen.
    Annika ließ die Zeitung sinken. Wie hatte Berit den Parteisprecher dazu gebracht, das zuzugeben? Drei Jahrzehnte lang hatte er jede Verbindung zur IB geleugnet, und plötzlich legte er alle Karten auf den Tisch. Seltsam.
    Die zweite Spitze enthielt spektakuläre Bilder von der Festnahme der Ninja Barbies, alle von Carl Wennergren aufgenommen. Im Text hieß es, dass die Terrorgruppe beschlossen hatte, einen Anschlag auf einen Richter, der in Djursholm wohnte, zu verüben. Der Grund dafür war, dass der Richter kürzlich einen des Missbrauchs an Jungen verdächtigten Mann mangels Beweisen freigesprochen hatte. Die Polizei hatte einen Tipp erhalten und ihre Spezialtruppe aufgeboten. Man hatte die Menschen in den Wohnhäusern ringsherum evakuiert und diskrete Straßen sperren errichtet. Teile der Einheit hatten sich auf einem Sportplatz gegenüber der Wohnung verschanzt, andere waren in den Bäumen auf dem Grundstück des Richters versteckt gewesen.
    Die Ninja Barbies waren völlig unvorbereitet gewesen, als die Polizei angriff, und hatten aufgegeben, nachdem zwei Frauen in die Beine geschossen worden war.
    Der Artikel wirkte abstoßend. Verschwunden waren die unkritisch wiedergegebenen Parolen der Ninja Barbies, die den Ton der früheren Texte ausgemacht hatten, hier waren die Polizisten die Helden. Wenn es Artikel im
Abendblatt
gab, die man einmal genauer unter die Lupe nehmen sollte, dann waren es die hier, dachte sie.
    »Wir werden in den Tränenströmen weinender Menschen ersaufen, die alle das Pussikätzchen haben wollen«, erklärte Anne Snapphane.
    Annika lächelte.
    »Wie hieß das Tier denn?«
    »Auf dem Halsband stand Harry. Hast du schon Mittag gegessen?«
    Der Minister fuhr in den kleinen Ort namens Mellösa. Er verlangsamte die Fahrt und spähte nach links durch den Regen. Die Abzweigung musste hier irgendwo sein.
    Ein großes gelbes Haus löste sich unten am Wasser aus dem Grau. Er fuhr noch etwas langsamer, das schien nicht ganz richtig zu sein. Der Wagen hinter ihm hupte.
    »Ja, Mensch, immer mit der Ruhe!«, brüllte der Minister und trat auf die Bremse. Die Bremsen des Volvos hinter ihm quietschten, der Wagen wich aus und wäre um Haaresbreite in ihn hineingefahren. Sein Leihwagen stotterte und soff ab, der Keilriemen jaulte, die Scheiben wischer quietschten. Seine Hände auf dem Lenkrad zitterten.
    Meine Güte, dachte er, was mache ich da bloß? Ich kann doch nicht das Leben anderer aufs Spiel setzen, nur weil …
    Die Doppeldeutigkeit seines Gedankengangs traf ihn in ihrer ganzen Ironie, er startete den Wagen und fuhr langsam weiter. Nach 200 Metern sah er das Schild.
    HARPSUND 5.
    Er bog nach links ab und kam am Bahnhof vorbei. Die Straße schlängelte sich durch eine Landschaft aus einer anderen Zeit, an der Kirche, der Schule und an Bauernhöfen vorbei. Große Höfe mit Glasveranden und Tannenhecken glitten im Dunst vorbei.
    Hier haben die Gutsbesitzer tausend Jahre lang die Arbeiterklasse ausgebeutet, dachte er.
    Ein paar Minuten später fuhr er zwischen den massiven Zaunpfählen aus Stein hindurch, die die Einfahrt zur Sommerresidenz des Ministerpräsidenten markierten. Zur Linken sah er den

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