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Studio 6

Studio 6

Titel: Studio 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
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verlangt?«
    »Die Frage ist doch, woher sie wussten, dass da überhaupt etwas zu verlangen war«, gab Annika zu bedenken.
    »Wir haben Christer Lundgren um einen Kommentar gebeten«, sagte der Moderator, »aber der Minister ist abgetaucht. Keiner weiß, wo er ist, nicht einmal seine Pressesprecherin Karina Björnlund. Sie behauptet, nicht einmal etwas von dem Besuch im Pornoklub gewusst zu haben.«
    Und dann erklang die nasale Stimme von Karina Björnlund aus dem Radio.
    »Ich hatte wirklich keine Ahnung, wo er sich an diesem Abend befand«, sagte sie. »Mir hat er gesagt, dass er ein inoffizielles Treffen mit ein paar ausländischen Repräsentanten hat, was ich ziemlich eigenartig fand.«
    »Könnte er die deutschen Gewerkschaftsvertreter gemeint haben?«, fragte der Reporter süffisant.
    »Das kann ich nicht sagen«, erwiderte sie.
    »Und wo hält er sich zurzeit auf?«
    »Also, ich habe den ganzen Tag versucht, ihn zu erreichen«, empörte sie sich. »Ich finde es ungeheuer rücksichtslos von ihm, mich hier allein in dem ganzen Schlamassel sitzen zu lassen.«
    Anne Snapphane verdrehte die Augen.
    »Karina Björnlund ist auch nicht gerade ein Einstein, oder?«, meinte sie.
    Annika zuckte mit den Schultern.
    »Der Ministerpräsident hat es abgelehnt, unsere neuen Informationen zu kommentieren«, sagte der Moderator.
    »Er wird morgen um elf Uhr in Rosenbad eine Pressekonferenz abhalten.«
    »Glaubst du, dass Lundgren dann zurücktreten wird?«, fragte Anne Snapphane.
    Annika runzelte die Stirn.
    »Das kommt darauf an«, sagte sie nachdenklich. »Wenn die Sozialdemokraten die Diskussion beenden wollen, lassen sie ihn fallen wie eine heiße Kartoffel. Dann darf er oben in Lappland am Ende der Welt Bürgermeister oder Bankdirektor oder irgendetwas anderes Uninteressantes werden.«
    Anne Snapphane drohte ihr mit dem Finger.
    »Pass bloß auf, du kleines Hauptstadtluder, du redest von meiner Heimat.«
    »Lokalpatriotin«, gab Annika zurück. »Auf der anderen Seite würde das bedeuten, dass die Regierung zugibt, einen Mörder als Minister beschäftigt zu haben, auch wenn er niemals für den Mord verurteilt wird. Wenn aber alle Sozialdemokraten eine weiße Weste haben, müsste der Minister, logisch gesehen, eigentlich bleiben dürfen.«
    »Trotz der Quittungen aus dem Pornoklub?«
    »Ich gebe dir Brief und Siegel darauf, dass er eine gute Ausrede hat. Todsicher war sein Chauffeur an allem schuld«, fügte Annika hinzu und lachte.
    Die Leute von Studio 6 waren jetzt dabei, ihre Sendung zusammenzufassen, was sie mit viel Pathos und gewichtigen Worten taten. Annika müsste wider Willen anerkennen, dass die Informationen, die sie brachten, sensationell und gut recherchiert waren. »Ein Minister der sozialdemokratischen Regierung lädt sieben deutsche Gewerkschaftsvertreter in einen Pornoklub ein«, fasste der Moderator zusammen. »Um halb fünf Uhr morgens quittiert eine blonde Stripperin mit großem Busen seine Rechnung. Der Minister unterschreibt und notiert sorgfältig die Namen der Deutschen auf der Rückseite der Quittung. Eine halbe Stunde später kommt er nach Hause in seine Wohnung. Er ist unbeherrscht und tritt fast den Hund seiner Nachbarin, ohne es zu merken. Fünfzig Meter von seiner Wohnung entfernt wird später die Stripperin ermordet aufgefunden. Sie starb zwischen fünf und sieben Uhr am selben Morgen. Der Minister wird mehrfach von der Polizei verhört und hält sich an einem unbekannten Ort auf …«
    Das letzte Wort hing noch in der Luft, als die E-Gitarre einsetzte. Annika schaltete das Radio ab.
    Die Häuptlinge der Redaktion versammelten sich um den Desk. Da waren Spiken und Jansson, Ingvar Johansson, Bild-Pelle und der Sportchef, Anders Schyman und der Chefredakteur. Sie bildeten einen Kreis, und ihre Rücken waren der Redaktion zugewandt.
    »Sieh nur, was für ein symbolträchtiges Bild«, meinte Annika. »Die begreifen einfach nicht, dass sie die Zeitung mit dieser dämlichen Wand aus Rücken noch kaputtmachen werden.«
    »Egal, was sie sagen, wir werden sowieso unsere Ruhe haben«, erwiderte Anne Snapphane. »Todsicher wird unser Lieblingsbubi dieses Fest ausrichten dürfen.«
    Und richtig: Die Gruppe bewegte sich insgesamt hinüber zum Platz von Carl Wennergren.
    »Arbeitet Jansson eigentlich rund um die Uhr?«, fragte Annika.
    »Er hat drei Exfrauen und fünf Kinder zu unterhalten«, wusste Anne Snapphane.
    Annika aß langsam ihren welken Salat. So weit kommt es mit einem vielleicht in diesem Job,

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