Stürmisch verliebt auf Mallorca
sie könne ihn ruhig überraschen? Und wie oft hatte er sie in den vergangenen Wochen angerufen und mit tiefer, verführerischer Stimme gefragt, wann er sie endlich in die Arme schließen dürfe! So war ihre Gewissheit stetig gewachsen, dass die Geschichte mit ihm doch mehr war als nur ein Strohfeuer.
Das Schild allerdings erinnerte sie erst einmal an ihre Pflicht: Sie musste die Situation klären. Auf dem nächsten Schild, wenn sie überhaupt noch einmal von diesem Flughafen abgeholt wurde, sollte dann nämlich stehen: „Lilian“. Allerdings war es genauso gut möglich, dass es kein nächstes Mal geben würde …
Der Unbekannte begrüßte sie höflich und nahm ihr das Gepäck ab. Dann traten sie nach draußen. Lilian stöhnte auf. Die Sonne brannte vom Himmel. Was für eine Hitze! Doch im Juni herrschten auf Mallorca nun einmal solche Temperaturen. Ramiro hatte sie gewarnt … und provokant hinzugesetzt: „Aber deinen hübschen Körper brauchst du ja nicht unter allzu viel Kleidung zu verstecken …“ Wenn sie nur an diese Anspielung dachte, beschleunigte sich ihr Herzschlag.
Sie stieg in die bereitstehende dunkelblaue Limousine und atmete auf. Der Wagen hatte eine Klimaanlage. Sie fühlte sich wie eine Prinzessin. Was für ein Luxus, von einem Chauffeur abgeholt zu werden!
Während der Fahrt legte sich ihre Euphorie nach und nach, und sie überlegte noch einmal genau, ob sie alles richtig gemacht hatte. Oder hätte sie Ramiro vielleicht schon am Telefon beichten sollen, dass sie keine Sprachstudentin aus gutbürgerlichem Elternhaus war? Dass sie wochenlang geschuftet hatte, um das Geld für ihren Lebensunterhalt und diese Flugreise zusammenzubekommen? Nein, beschied sie. Ich muss ihm in die Augen sehen, wenn ich es ihm sage . So viel Mut war sie ihm schuldig.
Doch wann sollte sie ihn um das klärende Gespräch bitten? Sofort nach der Ankunft? Oder besser erst beim gemeinsamen Abendessen und einem entspannenden Glas Wein? Je länger die Fahrt dauerte, umso nervöser wurde sie. Gleichzeitig konnte sie es kaum erwarten, in Ramiros Armen zu liegen und seine Liebkosungen zu spüren …
Ramiro schob einen Stapel Unterlagen von sich und stand von seinem Schreibtisch auf. Gleich würde Lily eintreffen … Sicher, er hatte ihr gesagt, sie könnte jederzeit zu ihm kommen. Aber dabei hatte er sich wohl selbst ein wenig betrogen, denn in der Hochsaison wuchs ihm die Arbeit regelmäßig über den Kopf. Ja, er fragte sich nun sogar zum ersten Mal, ob das Ansinnen seines Vaters, die beiden Resorts zu verkaufen und ihm dadurch eine Menge Zeit zu verschaffen, vielleicht gar nicht so abwegig war. Denn immer noch wusste er nicht, wo – oder besser gesagt, wann – er eine Frau zum Heiraten finden sollte. Zum Glück hatte Sancho angeboten, ihn ein wenig zu entlasten. So konnte er die Zeit mit Lily verbringen, zumal sie nur eine Woche bleiben wollte. Zunächst. Denn wenn sie es war – die Richtige, die er treffen sollte –, dann würde er sich mit solch sporadischen Besuchen nicht zufriedengeben. Ob sie bereit war, ihr geheimnisvolles Leben in London aufzugeben und zu ihm zu kommen? Er musste es herausfinden. Seit sie fort war, hatte er jedenfalls keine Frau kennengelernt, die ihn auch nur halb so interessierte wie sie. Die Zeit lief ihm davon, und er musste sich beeilen, die Weichen für die Zukunft zu stellen. Schließlich hatte er es versprochen! Seinem Vater, seinem Großvater und nicht zuletzt Lucia. Wo also war seine Traumfrau …? Wer war sie …?
Zunächst jedoch würde er Lily auf den Abend vertrösten müssen. Es gab noch eine Menge zu tun, und sie hatte ihn ohnehin viel zu lange warten lassen. Da würden ein paar Stunden mehr auch nichts ausmachen. Fast war er ein wenig gekränkt darüber, dass sie sich mit ihrem Besuch über drei Monate Zeit gelassen hatte. Andererseits: lieber eine Frau, die sich bitten ließ, als eine wie Benita, die ihm ständig nachstellte.
Ramiro seufzte. Benita ließ einfach nicht locker, kam immer wieder mit neuen Kaufangeboten und eindeutigen Avancen auf ihn zu. Aber vielleicht würde sie nun endlich aufgeben, denn bei ihrer letzten Begegnung vor wenigen Tagen hatte er sie aufgefordert, ihn ein für alle Mal in Ruhe zu lassen, und, ohne zu wissen, wie sich die Geschichte mit Lily entwickeln würde, behauptet, er sei fest gebunden. Das sollte ja wohl reichen, um Benita endgültig zu vergraulen, sagte er sich. Denn auch wenn das letzte Kaufangebot durchaus akzeptabel war, so wehrte
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