Stürmisch verliebt auf Mallorca
nun musste sie auch das Vorhaben verschieben, das ihr so sehr am Herzen lag: Ramiro endlich von ihrer überschatteten Vergangenheit zu erzählen. Denn dafür würde sich jetzt kaum mehr der richtige Augenblick finden. Wieso musste auch gerade heute dieser unheilvolle Anruf dazwischenfunken?
Ramiro hatte seinen Schritt so sehr beschleunigt, dass sie kaum mit ihm mithalten konnte. Als sie auf dem Parkplatz ankamen, war Lilian völlig außer Atem.
„Ich werde dich im ‚Paraíso Verde‘ absetzen und mich dann um die Geschichte kümmern“, sagte Ramiro, als sie in den Wagen stiegen.
„Aber …“, setzte Lilian an, doch Ramiro wirkte so abweisend, dass sie verstummte. Dabei wollte sie so gerne helfen!
„Ich bringe dich zurück ins Apartment. Sobald ich kann, komme ich dorthin.“ Sein Ton machte klar, dass er keinen Widerspruch dulden würde.
Lilian nickte, doch sie hatte Mühe, ihre Enttäuschung zu verbergen. Sie biss sich auf die Lippe. Bekam das Liebesmärchen nun etwa schon die ersten Risse? Würde sich vor ihrer Abreise überhaupt noch die Gelegenheit ergeben, Ramiro ihre Geschichte zu erzählen? Denn im Moment, das machte sein Verhalten ihr nur zu deutlich, war er mit ganz anderen Problemen beschäftigt …
Lilian hob das Gesicht in den Fahrtwind, während sich Tränen in ihren Augen sammelten. Eine seltsame Beklommenheit ergriff Besitz von ihr, und ihr Herz zog sich angstvoll zusammen.
Im „Cielo Verde“ wartete Sancho bereits auf ihn. Er hatte seinen Hut tief ins Gesicht gezogen und nippte an seinem Glas. War an anderen Tagen das Restaurant bis auf den letzten Platz ausgebucht, blieben heute die meisten Tische leer. Ramiros Magen zog sich zusammen, als er es bemerkte. Wie hatte so etwas nur passieren können?
„Ich habe mit dem Küchenchef gesprochen“, eröffnete ihm Sancho. „Der gesamte Mitarbeiterstab sucht fieberhaft nach der Ursache. Es ist ihnen nicht erklärlich. Alles war wie immer. Die Sache ist und bleibt ein Rätsel.“
Ramiro schüttelte den Kopf. „Ich kann ebenso wenig wie du glauben, dass der Fehler bei uns liegt.“
„Ja, aber … wo dann?“
Ramiro zuckte mit den Schultern. Er hatte einen Verdacht, der sich möglicherweise als abwegige Vermutung entpuppen würde, daher behielt er ihn lieber für sich. Dennoch konnte er es nicht vermeiden, dass ihm immer wieder der Díaz-Clan in den Sinn kam, und im Geist hörte er Benita flüstern: „Warum tun wir uns nicht zusammen? Wir beide wären ein unschlagbares Team …“ Er fuhr sich mit den Fingern durchs Haar und konzentrierte sich auf Sancho. „Wie groß ist der Schaden?“, fragte er besorgt.
Sancho schob sich den Hut aus der Stirn und sah Ramiro an. „Wir werden sehen, wie sich der Umsatz in den nächsten Tage entwickelt. Ein paar Gäste haben das Resort verlassen. Du kennst ja die anspruchsvolle Klientel, die hierherkommt. Die nimmt einen solchen Vorfall nicht auf die leichte Schulter. Und wie wohlwollend der Journalist ist, der dich nachher sprechen will, das wird sich zeigen. In jedem Fall kommt das Ganze zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt.“
Ramiro seufzte. Er wusste genau, worauf Sancho hinauswollte. So gut, wie sie sollten, liefen die Geschäfte in dieser Saison leider nicht. Den Besuchern, auch den vermeintlich wohlhabenden, saß das Geld nicht mehr so locker in der Tasche. Und da er längst nicht mehr der einzige Anbieter im Bereich des umweltfreundlichen Tourismus war, musste er hart um seinen Erfolg kämpfen – auch wenn die Konkurrenz das Konzept oft nur oberflächlich kopierte.
„Wenn wir schon über Finanzen reden. In diesem Jahr sind weitere große Investition, wie etwa der Teich im ‚ Paraíso Verde ‘ , nicht mehr angebracht“, bemerkte Sancho. „Unnötige Extras können wir uns derzeit nicht leisten.“ Er beugte sich ein Stück über den Tisch und fixierte Ramiro. „Ich weiß, dass deine Freundin bald wieder abreist und du dir viel zu selten eine Auszeit nimmst. Aber ich brauche dich heute, wir müssen dringend ein paar Dinge besprechen, und vor allem müssen wir den Schaden begrenzen. Wir wollen deinem Vater am Ende der Saison doch eine erfolgreiche Bilanz präsentieren, oder?“
Ramiro schlug ärgerlich mit der Hand auf einen Tisch. Er verstand Sanchos Ansinnen nur zu gut. Für den heutigen Tag konnte er sich ein weiteres Treffen mit Lily abschminken. Schon wieder machte ihm die Arbeit einen Strich durch die Rechnung. Anscheinend war ihm privates Glück nicht vergönnt. Wieder dachte
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