Stürmische Eroberung
lag ein wenig abseits am Ende eines breiten Weges, der von Bäumen gesäumt war und nur benutzt wurde, wenn jemand nach Willow House wollte. Da inzwischen schon lange niemand mehr den Weg genommen hatte, war er fast gänzlich zugewachsen. Man konnte kaum glauben, dass an seinem Ende tatsächlich ein Haus lag.
Die Kutsche fuhr durch ein schmiedeeisernes Tor und hielt nach einer Weile vor den Steinstufen, die zur Eingangstür des Hauses führten. Mit feuchten Augen betrachtete Prudence ihr Heim. Die Läden vor den Fenstern des großen Landhauses waren geschlossen, und über den ganzen Ort schien sich eine stille Traurigkeit gleich einem undurchdringlichen Nebel gelegt zu haben. Dennoch, für die Menschen in der Kutsche war dies ihr geliebtes Zuhause.
Thomas hatte das Haus im Jahre 1651 zum letzten Mal gesehen – damals war er dem jungen König aufs Schlachtfeld nach Worcester gefolgt. Es war die letzte Schlacht des Bürgerkriegs gewesen. Die Royalisten waren geschlagen worden, und ihr beinahe zehnjähriges Exil hatte begonnen.
Beim Anblick von Willow House stiegen in den drei Geschwistern Erinnerungen an glücklichere Zeiten auf, denen später nichts als Unglück folgte. Das gesamte Vermögen der Familie war im Tross des Königs aufgegangen, an Gläubiger geflossen, oder sie hatten davon die Strafen bezahlt, die ihnen das Parlament auferlegt hatte. Trotzdem stand Willow House noch immer, wenn auch größere Teile der Ländereien und das Vieh verkauft worden waren – mit dem Luxus von einst war es vorbei.
Arabella und Thomas waren bereits hineingegangen, Prudence hingegen stand noch draußen und betrachtete den einst wunderbar gepflegten Garten, der jetzt vollständig verwildert war. Der Anblick brach ihr fast das Herz. Die verwachsenen Büsche, an denen noch die vertrockneten Blüten des letzten Jahres hingen, erinnerten Prudence an all das, was sie so lange vermisst hatte. Auch die Rosenlaube, unter der sie in den Sommernächten mit Arabella gesessen hatte, war ganz und gar überwuchert. Die Hecken sprossen wild in alle Richtungen, allein ein Rhododendron blühte in leuchtendem Violett.
Prudence seufzte und dachte an die vielen Samen und Stecklinge, die sie aus London mitgebracht hatte. Es würde ein hübsches Stück Arbeit werden, den Garten wieder in seinen ursprünglichen Zustand zurückzuversetzen. Andererseits erfüllte der Gedanke sie schon jetzt mit prickelnder Vorfreude. Leichtfüßig nahm sie die Steinstufen zum Haus hinauf und betrat die Eingangshalle.
Arabella ging von einem Raum zum anderen, während Thomas überall die Läden aufklappte und das helle Tageslicht hereinließ. Versonnen strich Prudence mit dem Finger durch den Staub, der sich auf den Möbeln gesammelt hatte. Die Beschläge waren angelaufen, und es roch ein wenig muffig, doch über allem lag noch immer der Duft des Tabaks, den der Vater so gern nach dem Abendessen in der langstieligen Pfeife geraucht hatte.
Mr. Trimble hatte nach dem Haus gesehen, und es war noch alles genau wie an dem Tag vor einem Jahr, als Arabella und Prudence von hier fortgegangen waren, um zu ihrer Tante Julia zu ziehen. Ned Trimble, der Verwalter der Fairworthys, hatte ein Mädchen aus der Nachbarschaft geheiratet und war Vater zweier großartiger Söhne. Das Cottage, in dem die Trimbles lebten, lag nahe beim Haupthaus. Aus Loyalität zur Familie und in der Hoffnung auf bessere Zeiten hatten die Trimbles in Marlden Green ausgeharrt. Wohin sollten Sie auch gehen? Immerhin war dies ihre Heimat.
"Es muss so viel gemacht werden", sagte Arabella in der Küche, stemmte die Hände in die Hüften und betrachtete die Herdstelle, auf der unzählige Mahlzeiten für die Familie zubereitet worden waren. "Zuerst einmal müssen wir Feuer machen und die Betten auslüften. Liebe Güte, es wird ein Vermögen kosten, hier wieder alles in Schuss zu bringen."
"Wir sind nicht völlig mittellos", erklärte Thomas, der ihr in die Küche gefolgt war. "Während unserer Abwesenheit haben unsere Pächter weitergearbeitet und das Geld bei Ned abgegeben. Er hat es für uns verwaltet. Und ich habe meine Hände auf dem Kontinent auch nicht gerade in den Schoß gelegt."
Arabella wusste, dass dies stimmte, und sie war stolz auf ihren Bruder. Statt sich dem schönen, aber langweiligen Leben am Hofe hinzugeben, hatte er unter französischer und spanischer Flagge gekämpft und oft Geld nach Hause geschickt. "Das weiß ich doch, Thomas." Sie nickte. "Und denk bitte nicht, ich will mich
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