Stürmische Eroberung
zurückzufordern, was dir gehört, Lucas. Ich muss sagen, dass mich die Nachricht von deiner Ankunft im Gefolge von Charles Stuart überraschte, da mir schon vor langer Zeit überbracht wurde, dass du tot seist."
"Ich enttäusche dich selbstverständlich nur äußerst ungern, Onkel, aber bedauerlicherweise handelte es sich dabei lediglich um ein Gerücht. Und wir wissen doch wohl beide, dass mein werter Cousin Jeffrey dessen Urheber war. Doch wie du siehst, bin ich ausgesprochen lebendig", entgegnete Lucas. "Dabei wollen wir es auch belassen." Beinahe hätte er hinzugefügt: Obwohl Jeffrey geradezu verzweifelt versucht, mich loszuwerden.
Jeffrey Fox war Kapitän, und Lucas bezweifelte, dass sein Onkel viel von den zweifelhaften Unternehmungen des eigenen Sohnes wusste. So ahnte er wohl nichts davon, dass Jeffrey eher ein Freibeuter denn ein ehrlicher Händler war und Lucas selbst einmal seinen Gewalttätigkeiten zum Opfer gefallen war. Doch er hatte nicht vor, den Onkel darüber aufzuklären. Zweifellos würde der noch rechtzeitig herausfinden, was für einen Schurken er denn zum Sohn hatte. Früher oder später musste Jeffrey ein Opfer der eigenen Habgier und Rücksichtslosigkeit werden. Wenn ihm nicht die Klinge das Ende brachte, würde dies wohl oder übel das Seil tun.
"Das Exil scheint dir nicht übel bekommen zu sein", sagte der Onkel, nachdem er Lucas genau gemustert hatte – die elegante Kleidung, den großen Rubin, der wie Feuer an seinem Finger leuchtete. Es gelang George nicht, seinen Neid zu verbergen. "Du siehst … gut aus … wenn du auch etwas älter geworden bist."
"Sind wir das nicht alle?" fragte Lucas und sah den Onkel herausfordernd an.
"Ich werde dich nicht zwingen, mich aus Marlden Hall hinauszuwerfen, sondern freiwillig abreisen. Wie du siehst, wollte ich gerade aufbrechen", erklärte der Alte bitter und deutete auf einige Koffer und Truhen, die an der Eingangstür aufgereiht dastanden, damit man sie zügig auf die Kutsche laden konnte.
"Daran will ich dich keinesfalls hindern", versicherte Lucas trocken. Der Hass zwischen den beiden Männern war beinahe körperlich spürbar. "Es hätte wirklich keinerlei Sinn, mich um einen Aufschub zu ersuchen."
"Da ich dir deinen Besitz nicht streitig machen kann, werde ich mich noch in dieser Stunde von Marlden Hall verabschieden. Du findest alles wohl geordnet vor. Sogar das Silber ist vollständig – es ist nichts verloren gegangen oder gar gestohlen worden", meinte George voll bitterem Spott. Dann beugte er sich vor und fügte wütend hinzu: "Du kannst froh sein, dass ich das Anwesen übernommen habe, als Charles Stuart sich nach Frankreich flüchtete, um seine Wunden zu lecken. Kein anderer hätte sich so verständnisvoll gezeigt."
Lucas schenkte dem Onkel einen verachtungsvollen Blick und erklärte dann kalt: "Und für wen hast du so viel Verständnis besessen, Onkel? Für dich oder für mich? Glaub nur nicht, ich fiele auf deine Beteuerungen herein. Zweifellos hast du dir die Taschen voll gestopft und wirst deinen Lebensabend auf meine Kosten genießen." Die Miene des Onkels verriet, wie Recht Lucas hatte. "Du hast mich doch für tot gehalten", fügte er hinzu. "Und du als mein gesetzlicher Erbe glaubtest sicher, das gesamte Anwesen gehöre jetzt dir. Wie enttäuschend, nun feststellen zu müssen, dass ich mich bester Gesundheit erfreue. Leider warst du ja nicht erfolgreich mit deinem Versuch, das Gut als Geschenk zu erhalten, als man es nach der Schlacht von Worcester beschlagnahmte … obwohl du dich doch so sehr bei Cromwell eingeschmeichelt hast. Aber dennoch hat er es dir nicht überschrieben."
Damit wandte Lucas sich ab und schlenderte durch die große Halle, als machte er einen ganz gewöhnlichen Besuch. Er strich mit dem Finger über einen Tisch, der mit kunstvollsten Schnitzereien verziert war. Dann sah er sich um und betrachtete all die vertrauten Gegenstände aus alten Tagen, die ihn nun wieder umgaben. "Wohin wirst du gehen?"
"Da ich wahrlich keinen Grund zur Freude habe über Charles Stuarts Rückkehr, werde ich England verlassen. Jeffreys Schiff wird bald in London anlegen. Ich werde mit ihm segeln, sobald er wieder in See sticht."
Lucas musste sofort an den heimtückischen Angriff nach der Prozession denken, verbarg aber, dass ihn diese Bemerkung hellhörig gemacht hatte. Spöttisch hob er eine Braue. "Fürchtest du dich etwa, Onkel?" fragte er scheinbar scherzhaft. "Der König hat versprochen, all jene zu begnadigen, die
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