Stürmische Eroberung
ihn um Verzeihung bitten. Ausgesprochen großzügig, findest du nicht?"
Ein Hoffnungsschimmer schien in Georges Augen aufzuleuchten, der jedoch augenblicklich erlosch, als der Neffe weitersprach und ihn dabei vorwurfsvoll ansah. "Allerdings gilt dies nicht für jene, die für den Tod seines Vaters verantwortlich sind – jene einundvierzig Männer, die das Todesurteil damals unterzeichneten. Zwar ist dein Name nicht dabei, aber jeder weiß, dass du diese Verbrecher nach Kräften unterstützt hast. Es ist also wirklich klug von dir, dich beizeiten aus dem Staub zu machen, bevor die Häscher nach dir suchen", schloss er seine Ausführungen. Nur mit Mühe gelang es ihm, sich nicht an diesem Mann zu versündigen, der König und Familie verraten hatte.
5. Kapitel
Nach sechs Wochen war auf Willow House endlich alles so weit fertig, dass die Familie ihre üblichen Lebensgewohnheiten wieder aufnehmen konnte. Die Teppiche waren ausgeklopft, die Zimmer gelüftet und parfümiert und alle Möbel entstaubt. Man hatte Handwerker bestellt, die das Dach in Ordnung brachten, aber auch größere Arbeiten im Haus übernahmen. Thomas und Ned waren unentwegt mit der Bewirtschaftung der Ländereien beschäftigt. Arabella hingegen wirkte zusammen mit zwei Angestellten aus dem Dorf in den Zimmern und auch der Küche wahre Wunder.
Wenn Prudence nicht der Schwester zur Hand ging, war sie selbstverständlich im Garten zu finden, wo sie fast die ganze Arbeit allein tat. Allerdings halfen ihr Neds Söhne, Simon und John, mit dem Umsetzen von Bäumen, beim Umgraben und der Einfassung der Beete. Die beiden kräftigen Jungen hatte wahrlich der Himmel geschickt.
Und dann erschien eines Tages am frühen Nachmittag der erste Besucher auf Willow House. Eine warme Brise strich über die Orangenblüten, und der Himmel leuchtete tiefblau. Vom Garten aus hatte Prudence einen wunderbaren Blick auf den Wald und die Feuchtwiesen am Fluss. Sie hatte ein hübsches Tuch um die Locken gebunden, kniete auf einer kleinen Matte und jätete das Unkraut, das ihre Tagetes zu ersticken drohte. Thomas war mit Ned davongeritten, und Arabella war hinunter ins Dorf gegangen, um die alte Hausdame der Fairworthys dazu zu bewegen, wieder für die Familie zu arbeiten.
Aus dem Augenwinkel sah Prudence, dass ein Pferd samt Reiter durch die Tore ritt und sich dem Haus näherte. Sie nahm an, dass es wohl Thomas sein musste. Daher ließ sie sich nicht stören und versuchte weiter, mit den über und über mit Erde beschmutzten Händen eine besonders widerspenstige Löwenzahnwurzel herauszuziehen. Mit ihren Gedanken war sie jedoch bei Adam. Sie dachte noch oft an ihn, wenn sie auch inzwischen eingesehen hatte, dass aus ihren romantischen Träumen nichts werden würde.
Ein Schatten verdunkelte plötzlich die Sonne. Prudence hockte sich hin und sah auf. Es war Lord Fox. Nachdem er das Pferd angebunden hatte, streifte er nun die Reithandschuhe ab. Wieder schien von ihm die gleiche magische Anziehungskraft auszugehen wie an jenem Tag, als sie ihn bei der Prozession auf dem Strand zum ersten Mal gesehen hatte – oder am Abend danach im Hof von Maitland House, wohin er ihr gefolgt war. Damals hatte sie noch geglaubt, lediglich sein unerwartetes Erscheinen hätte sie überrascht. Doch heute wusste sie es besser.
Seit er sie vor Will Price' widerlichen Küssen gerettet hatte, waren sie einander nicht wieder begegnet. Prudence konnte sich noch zu genau an die Strafpredigt von Thomas erinnern, an jenem Tag wieder daheim auf Maitland House. Seine mahnenden Worte hatte sie bis heute nicht vergessen.
Bevor sie seine Anwesenheit noch bemerkte, hatte er ihre hübsche Gestalt bewundert, während sie arbeitete. Die Ärmel ihres Kleides waren aufgekrempelt, und der Wind spielte sanft in den Locken, die vorwitzig aus dem Kopftuch hervorlugten. Und wie eng das Mieder sich an ihren Körper schmiegte! Lucas genoss für einen Moment den Anblick, der sich ihm bot. Eigentlich war er gekommen, um Thomas zu besuchen, war aber ausgesprochen erfreut, nun der kleinen Schwester des Freundes wieder zu begegnen. Er hatte oft an sie gedacht seit ihrem letzten Zusammentreffen.
Prudence verengte die Augen, weil die Sonne sie blendete, und schaute zu Lucas hoch. Im hellen Licht leuchtete sein tiefschwarzes Haar, auf dem er keine Kopfbedeckung trug. Nach all den trüben Jahren, in denen alle Welt sich nur in düsteren Farben gezeigt hatte, war es noch immer eine Augenweide, den extravagant gekleideten
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