Stürmische Eroberung
muss ich Sie enttäuschen. Er ist nicht da."
"Bedauerlich, aber das war nicht der einzige Grund für meinen Besuch."
"Ach ja?"
Strahlend lächelte er sie an, so dass sie seine weißen Zähne aufblitzen sah. "Ich wollte Sie alle drei für den nächsten Mittwoch nach Marlden Hall bitten. Sie sind nicht die einzigen Gäste. Ich habe unter anderem auch Adam Lingart und seine Gemahlin eingeladen, die jeden Tag zusammen mit Verity hier eintreffen müsste."
Prudence sah dem ersten Zusammentreffen mit Thomas' Gemahlin mit gemischten Gefühlen entgegen, da sie nicht wusste, ob sie sich mit ihr verstehen würde. Immerhin kannten sie einander nicht. Und sie durfte erst gar nicht daran denken, was für einen Narren sie bei der Prozession wegen Adam aus sich gemacht hatte! Zweifellos waren ihre Gefühle Lucas damals nicht entgangen, der doch gewusst hatte, dass Lingart verheiratet war! Am liebsten wäre sie jetzt auf der Stelle vor Scham im Boden versunken und konnte nur hoffen, dass er kein Wort über die ganze Angelegenheit verlieren würde.
Glücklicherweise tat er ihr den Gefallen, ergriff stattdessen ihre beschmutzten Hände und betrachtete stirnrunzelnd einen blutigen Kratzer. "So zarte Finger verdienen liebevollere Pflege", erklärte er dann. "Handschuhe wären da sicher nicht das Schlechteste."
Rasch entzog sie ihm die Hände. "Das stimmt. Aber mit Handschuhen habe ich keinen so sicheren Griff beim Jäten."
"Dennoch sollten Sie ein Paar tragen. Gehört denn der Garten zu Ihren Aufgaben?" fragte er und sah zweifelnd auf den Berg von Unkraut neben ihren Füßen, den sie aus dem Blumenbeet gezogen hatte.
"Warum denn nicht? Vielleicht erschient es Ihnen unangemessen, aber ich mag die Gärtnerei mehr als alles andere auf der Welt. Ich liebe es, Blumen und Pflanzen beim Wachsen zuzuschauen. Ich hoffe, der Garten wird bald wieder so aussehen wie früher. John und Simon helfen mir ja dabei."
"Wer sind die beiden?"
"Mr. Trimbles Söhne – er ist unser Verwalter."
"Ah, richtig. Und sein Vater war es hier vor ihm. Gott sei Dank war ich doch nicht so lange fort, dass ich meine Heimat und meine Nachbarn vollkommen vergessen hätte", erklärte er versonnen. Gedankenverloren zupfte er einen Grashalm von ihrem Ärmel, hob dann den Kopf und sah sie neugierig an. "Ist Gärtnern nicht eine etwas ungewöhnliche Beschäftigung für eine Frau? Was meinen Sie?"
Verletzt schüttelte Prudence den Kopf. Hielt er sie etwa für eine Schwachsinnige, die ihren absonderlichen Neigungen nachging? "Selbstverständlich nicht! Ich bin wirklich weder besonders ungewöhnlich noch außergewöhnlich anspruchsvoll. Mit unserem einfachen Lebensstil hier bin ich vollauf zufrieden – auf dem Land und mit den Tieren. Wir kümmern uns um die Menschen, die uns seit Jahrzehnten treu dienen. Finden Sie das etwa auch ungewöhnlich?"
"Oh, ganz im Gegenteil. Sogar bewundernswert. Kann ich Ihnen vielleicht helfen?"
"Wie denn? Wollen Sie den Garten umgraben?"
Er lachte. "Himmel, alles, nur das nicht! Ich könnte keinem meiner Freunde je wieder ins Gesicht sehen. Gärtnern gehört deutlich nicht zu meinen Stärken. Aber ich habe auf Marlden Hall mehrere Gärtner angestellt. Mit größtem Vergnügen schicke ich Ihnen einen von den Männern herüber."
Das Angebot erfreute sie, und sie lächelte ihn an. "Danke, das ist mehr als großzügig, aber ich schaffe das schon. Wie Sie ja sehen, haben wir allerdings noch eine Menge zu tun", sagte Prudence und deutete auf das Haus. Die Farbe blätterte ab, und einige Läden hingen schief in den Angeln. Schnell fügte sie hinzu: "Willow House ist wirklich in einem sehr vernachlässigten Zustand, seit mein Vater starb und Arabella mit mir nach London zu Tante Julia zog."
Aufrichtiges Mitgefühl spiegelte sich auf Lucas' Miene. "Ich kannte Ihren Vater und war sehr betroffen, als ich von seinem Tod erfuhr. Wie Sie vielleicht wissen, fiel mein Vater bei Marston Moor."
"Ja, das ist mir bekannt. Papa ist 1642 in Edgehill verwundet worden. Es war das Jahr, in dem ich geboren wurde. Zwar gewannen die tapferen Cavaliers die Schlacht damals, aber mein Vater erholte sich nie mehr ganz von seiner Verletzung. Danach konnte er nicht mehr kämpfen."
"Sind Sie froh, wieder daheim zu sein?"
"Ja, sehr sogar. Und wie steht es mit Ihnen?" erkundigte sie sich höflich.
"Nach zehn Jahren in der Fremde bin ich geradezu überglücklich, wieder zu Hause zu sein. Ich bin erst vor einer Woche nach Surrey zurückgekehrt, weil ich vorher noch
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