Stürmische Eroberung
küssen!
Wieder und wieder ließ sie die Begegnungen mit Lord Fox geistig Revue passieren. Wie er ihr zu Rowans Gärtnerei gefolgt war und ihr dann auch noch eine Standpauke gehalten hatte … Prudence wurde schon wieder wütend auf ihn, begriff aber plötzlich, dass er damals Recht gehabt hatte. Es war tatsächlich unvorsichtig gewesen, allein zu Molly zu gehen, ohne jemandem Bescheid zu geben. Die Erinnerung an den Kuss bei der Prozession färbte ihr die Wangen rot. Himmel, sie war außer sich gewesen vor Zorn, als er sie losgelassen hatte an jenem Tag. Verwirrt griff sie nach dem kleinen Spaten und drückte ihn in die weiche Erde. Sie wusste sich keinen Reim auf ihre verwirrenden Gefühle zu machen. Andererseits war das kaum verwunderlich, denn Lord Fox war zweifellos der aufregendste und attraktivste Mann, dem sie je begegnet war. Aber er war auch viel zu selbstsicher und arrogant, daran gab es keinerlei Zweifel. Das durfte sie nie vergessen, wenn sie ihn in Zukunft weiter aus tiefster Seele verabscheuen wollte.
Aber war dies überhaupt noch ihr Wunsch? Unglücklich seufzte sie, hockte sich auf die Füße und schüttelte den Kopf. Je genauer sie ihren wahren Empfindungen für Lord Fox nachspürte, desto unsicherer wurde sie. Jedenfalls erschien es ihr albern, ihn weiter leidenschaftlich zu hassen, wenn dies gar nicht mehr ihren wahren Gefühlen entsprach. Zudem bestand dazu auch keinerlei Grund. Einmal abgesehen von dem kleinen Kuss – um den sie noch dazu jede Frau Londons beneidete – hatte er ihr nichts Unrechtes angetan, um ihre Ablehnung zu verdienen.
Prudence wäre einigermaßen erstaunt gewesen, hätte sie Lucas' Gedanken lesen können, die ihm im Kopf herumspukten, während er nach ihrem Bruder suchte. Auch er konnte sie nicht so einfach vergessen.
Prudence Fairworthy war die geborene Verführerin. Sinnlich, schön, bezaubernd – und noch dazu unberührt. Er konnte nicht verstehen, wie diese Frau, die ihm eigentlich fast fremd war, eine derartige Wirkung auf ihn haben konnte. Seit er wieder auf Marlden Hall lebte, hatte er immer wieder an eine Heirat gedacht. Und seltsamerweise fiel ihm dabei jedes Mal Prudence ein. Sie mochte ja stolz, eigensinnig und von hitzigem Temperament sein, aber ihr liebreizendes Gesicht ging ihm nicht aus dem Sinn. Es umgab sie ein besonderer Zauber, und ihre unbeschwerte Lebenslust konnte man ihr förmlich ansehen. Doch seitdem er sie heute Nachmittag auf Willow House angetroffen hatte, fühlte er ein Verlangen nach ihr, das beinahe nicht zu ertragen war.
Eigentlich waren ihm die Gründe unklar für sein Verhalten, doch er begehrte Prudence, und das sollte eigentlich als Begründung vollkommen ausreichend sein. Wahrlich, er hatte nicht geahnt, womit dieser harmlose Besuch bei den Fairworthys enden sollte. Er war eigentlich nur nach Willow House geritten, um die drei Geschwister einzuladen. Doch was er jetzt mit Prudence im Sinn hatte, war alles andere als ein schnelles Abenteuer. Bisher war er noch nie einer Frau begegnet, mit der er sein Leben hätte teilen wollen, doch bei Thomas' kleiner Schwester war das etwas anders. Ja, seine Entscheidung war gefallen.
Für einen Augenblick dachte er daran, dass sie seinen Antrag abweisen könnte. Doch er war ein geschickter Charmeur, und es würde ihm ohne großes Aufhebens gelingen, sie für sich zu gewinnen. Es gab also keinerlei Grund zur Besorgnis. Dennoch, nach allem, was er schon mit ihr erlebt hatte, war doch einfühlsames Vorgehen gefordert. Andernfalls würde sie ihn wütend abweisen und den Entschluss fassen, ihn nie zum Mann zu nehmen – auch wenn er unumstößlich entschlossen war, sie zu seiner Gemahlin zu machen. Erst einmal musste er jedoch Thomas um ihre Hand bitten.
Lucas lachte leise. Prudence Fairworthy den Hof zu machen würde wie der Tanz auf einem Pulverfass werden. Am besten hielt er jedwede Abmachung, die er mit ihrem Bruder treffen würde, geheim, bis ihr Herz gewonnen war, was ihm mühelos gelingen sollte, sobald er erst Thomas' Zustimmung hatte. Wenn das alles nur nicht zu lange dauerte … Es konnte wirklich ermüdend sein, einer Frau ständig langweilige Komplimente zu machen.
Lucas entdeckte Thomas schließlich auf einer der saftig grünen Feuchtwiesen, die von zahlreichen kleinen Bächen durchzogen wurde, auf denen sich Moorhühner und Schwäne tummelten, begleitet von dem Gezwitscher eines Vogelschwarms hoch oben in der Luft. Die beiden Freunde begrüßten sich herzlich. Dann ritten sie
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