Stürmische Eroberung
spüre ich, und ich werde ihn finden, selbst wenn ich ganz London dafür auf den Kopf stellen müsste."
"Hat ihn denn jemand gesehen?"
Fest sah Lucas den Freund an. "Prudence hat sogar zwei Mal mit ihm gesprochen."
Thomas war erschüttert und wollte erst nicht glauben, was er da eben gehört hatte. "Prudence? Das kann nicht stimmen. Wo sollte sie Jeffrey denn getroffen haben?"
Nachdem Lucas ihn über das Zusammentreffen aufgeklärt hatte, verabschiedete er sich. Thomas aber schäumte förmlich vor Wut, weil Prudence ihm nichts erzählt hatte. Er würde sich eine angemessene Strafe für sie ausdenken, da durfte sie sicher sein!
Mary war von einer weiteren Tochter entbunden worden und befand sich in der Obhut von Julia und einer kleinen Armee Dienstboten. So kehrte Prudence am folgenden Tag allein zurück nach Maitland House. Der Besuch ihres Bruders überraschte sie, und sein wütender Gesichtsausdruck mit den fest zusammengepressten Lippen verriet, dass eine Standpauke zu erwarten war. Sie erhob sich aus dem Sessel, in dem sie mit einem Buch gesessen hatte, um ihn zu begrüßen.
"Thomas, was ist denn …"
"Du bist also wieder hier", unterbrach er sie scharf. "Würdest du mir freundlicherweise mitteilen, was in diesem Hause vorgeht? Lucas kam gestern zu mir. Er hat zweimal versucht, dich zu besuchen, aber beide Male warst du nicht da. Ich weiß ja, dass du einen Tag zu Mary musstest, aber wo warst du beim zweiten Mal?"
"Das stimmt, Thomas, und es tut mir auch furchtbar Leid – aber ich kann das alles erklären. War er mir sehr böse?"
"Nun, jedenfalls schien er nicht eben begeistert. Prudence, weichst du ihm absichtlich aus?"
"Was für ein Unsinn! Hoffentlich glaubt Lucas das nicht ernsthaft! Als er das zweite Mal kam, war ich in Bishopsgate, um Jane abzuholen." Eilig erzählte sie Thomas, was sich an dem Tag zugetragen hatte.
"Hättet ihr nicht einen Dienstboten schicken können?" fragte Thomas verständnislos.
"Du weißt doch, was für ein kleines Scheusal Jane sein kann. Mich mag sie zumindest, aber mit einer der Dienerinnen wäre sie gar nicht erst mitgegangen. Doch hier war die Kleine einfach nicht mehr zu beruhigen. Also mussten Tante Julia und ich sie wieder zurückbringen zu Mary. Dort sind wir dann geblieben, bis das Neugeborene da war. Ich bin erst heute Morgen nach Maitland House zurückgekehrt."
"Wie geht es Cousine Mary?"
"Sie hat ein kleines Mädchen bekommen."
"Schön. Philip wird sich freuen", sagte Thomas knapp.
"Ja, ganz wie Tante Julia. Aber verrate mir doch mehr über Lucas. War er sehr verärgert, weil er mich nicht angetroffen hat?"
"Das war er, in der Tat", bestätigte Thomas, behielt aber für sich, dass es für die schlechte Laune des Freundes noch andere Gründe gab, die weit mehr mit Jeffrey Fox zu tun hatten. "Konntest du ihm nicht wenigstens eine Nachricht hinterlassen? Zumindest damit hatte er eigentlich gerechnet."
Die Vorwürfe erzürnten Prudence. "Daran habe ich nicht gedacht. Aber Lucas hat ohnehin immer viel zu hohe Erwartungen, wenn es um mich geht."
"Weil er dich liebt, du dummes Ding", brauste Thomas auf.
"Wirklich?" flüsterte sie.
"Aber selbstverständlich! Deshalb kann ich auch nur hoffen, dass du seinen Antrag nicht ablehnen willst!"
"Ich … ich …" Fast hätte sie in ihrer Aufregung gestanden, dass sie sich nichts mehr wünschte auf der Welt, als Lucas zu heiraten, aber sie brachte kein Wort heraus.
Thomas missverstand ihr Zögern vollständig. Die Zornesröte stieg ihm ins Gesicht. Er ergriff die Schwester bei den Schultern und schüttelte sie. "Ich habe dir von Anfang an versprochen, dass ich dich zu nichts zwingen werde. Und dazu stehe ich noch immer. Aber weshalb ist es für dich so unvorstellbar, Lucas' Gemahlin zu werden? Warum nur?"
Erschüttert betrachtete Prudence den Bruder. Nie zuvor hatte sie erlebt, dass er derart die Fassung verlor. Sein Verhalten war ihr schlicht rätselhaft.
"Ist dein 'Nein' unumstößlich? Stößt du Lucas etwa zurück, weil du noch immer für Adam Lingart schwärmst?"
"Nein!" rief sie aufgebracht. "Was für ein Unsinn! Adam bedeutet mir nichts mehr, das musst du mir einfach glauben!"
"Gut, gut. Gibt es dann einen anderen, dem dein Herz gehört?" verlangte er zu erfahren. "Vielleicht einen jungen Mann aus Marlden Green?" Misstrauisch verengte er die Augen. "Oder ist es gar Jeffrey Fox?"
Abrupt hob sie den Kopf. "Jeffrey Fox? Wie kannst du nur so etwas glauben?"
Böse schaute er sie an. "Ich weiß, dass du
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