Stürmische Eroberung
hätte. "Doch ich verlor für die folgenden zwei Jahre meine Freiheit und erlitt unvorstellbare Qualen, die mich beinahe um den Verstand gebracht hätten. Ich weiß, dass Jeffrey hinter all dem steckte, und es ist sehr wichtig, dass ich das auch beweise."
Schockiert hob Thomas die Brauen. "Teufel, davon hatte ich ja keine Ahnung! Ich kann kaum glauben, dass dein Cousin zu einer solchen Schandtat fähig ist. Aber ganz gleich, was er dir angetan haben mag, Lucas, ich weiß, du neigst nicht zur Rachsucht."
"Eigentlich nicht, das stimmt schon. Aber Jeffrey kann ich nicht so einfach vergeben."
"Warum bist du dir denn so sicher, dass er versucht hat, dich ermorden zu lassen?"
"Weil mein Tod ihm die allergrößten Vorteile gebracht hätte. Er denkt daran, endgültig von Bord zu gehen. Und am liebsten würde er sich dann selbstverständlich als Herr von Marlden Hall niederlassen – das damals übrigens auch noch sein Vater verwaltete, mit Cromwells Segen."
"Mehr Beweise hast du nicht und bringst dennoch eine so schwere Beschuldigung gegen ihn vor?" fragte Thomas erstaunt, der bisher wenig überzeugt war, dass der Freund mit seinen Verdächtigungen richtig lag.
"Täusch dich nur nicht in meinem Cousin. Er ist ein sehr gefährlicher Mann. Die Feindschaft zwischen uns dauert nun schon seit unseren Kindertagen an und verstärkt sich mit jedem Jahr – doch bis zu jener Nacht hätte ich nie gedacht, er wäre zu einem Mord fähig. Erst in Marseille musste ich erfahren, dass mein lieber Cousin wirklich so tief gesunken war. Er wollte mich beseitigen, um sich meinen Besitz anzueignen.
Allerdings machte er sich nicht selbst die Hände schmutzig, sondern heuerte ein paar Schurken an, die das Komplott für ihn ausführen sollten. Doch den Kerlen reichte nicht, was er ihnen zahlte. Sie verkauften mich an einen Korsaren aus dem Orient weiter und ließen sich so doppelt entlohnen. Ich erwachte auf einer Galeere, deren Kapitän der Inbegriff von Grausamkeit war. Die nächsten beiden Jahre meines Lebens verbrachte ich in Ketten geschmiedet an einem Ruder. Ich war überzeugt, jeden Augenblick sterben zu müssen, doch mein Hass auf Jeffrey ließ mich überleben, ohne dem Wahnsinn zu verfallen."
Lucas Stimme war schwer vom Leid, das er erfahren hatte. Voll aufrichtigen Mitgefühls betrachtete Thomas den Freund. Welch unendliche Qualen er ertragen haben musste! Deshalb war er so verändert gewesen, als sie einander bei der Einschiffung nach England in Breda wiedergetroffen hatten.
"Jetzt verstehe ich besser, weshalb es so wichtig für dich ist, die Wahrheit ans Licht zu bringen", gestand Thomas leise.
"Ich will nie mehr in eine solch entsetzliche Lage geraten, die nichts als Qual und Demütigung bedeutet und aus der man nicht zu entfliehen vermag", bekräftigte Lucas.
"Falls es nun stimmt, dass Jeffrey dich wirklich tot sehen wollte, wird er es da nicht wieder versuchen, wenn er herausfindet, dass sein Anschlag misslungen ist?"
"Genau das hat er bereits getan – in der Nacht unserer Rückkehr nach London." In aller Kürze setzte Lucas den Freund ins Bild.
"Lieber Himmel!" rief der erstaunt. "Ich hatte ja keine Ahnung!"
Ernst zog Lucas die Brauen zusammen. "Woher auch! Ich habe ja mit niemandem darüber gesprochen. Jeffrey ist vollkommen skrupellos. Zweifellos brütet er schon länger über einem Plan, wie er mich am einfachsten aus dem Wege räumen kann. Ich kenne meinen Cousin, Thomas, und er wird mit jedem weiteren Tag nur unberechenbarer."
"Dann gib gut auf dich Acht, Lucas. Du musst auf der Hut sein. Nachdem wir die Schlacht bei Worcester und zehn Jahre Exil überlebt haben, will ich dich jetzt mitten im Frieden nicht an die Klinge eines gedungenen Mörders verlieren. Wie willst du Jeffrey also finden?"
"Ich habe meine Quellen. Zudem habe ich einige Männer angeheuert, die durch die Tavernen und den Hafen streifen. Die wissen, wie man an entsprechende Auskünfte gelangt."
"Wäre es nicht einfacher, sein Schiff im Hafen zu suchen?"
"Leider ist das Boot vor Gibraltar gesunken, als Korsaren es entern wollten. Deshalb konnte ich den Kahn auch bis jetzt nicht finden. Jeffrey hätte eigentlich bereits im Juni in London anlegen müssen. Onkel George erwartete ihn, um ihn vor der Rache des Königs zu retten und in die Sicherheit der Kolonien in Übersee zu bringen. Doch inzwischen habe ich erfahren, dass George sich auf einem anderen Boot hat einschiffen lassen." Zorn funkelte in seinen Augen auf. "Jeffrey ist hier, Thomas, das
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