Stürmische Eskapaden - Lady in Waiting (Featherton 2)
verstummte, und die versammelte Menge schien sich wie ein Mann umzudrehen und in Jennys Richtung zu starren.
»Haltet sie auf!«, schrie Jenny. »Die Männer an der Tür - und diese Frau hier !«
Ein distinguierter grauhaariger Gentleman schnippte mit
den Fingern, und zwei vierschrötige Lakaien stürzten vor, um sich die beiden Männer zu greifen.
Dem versammelten Publikum stockte lautstark der Atem, als der grauhaarige Gentleman sich die beiden vornahm und Ringe, Ketten, Taschenuhren nacheinander aus ihren tiefen Rocktaschen hervorzog.
Mehr und mehr bestürzte Ausrufe der Eigentümer erschollen aus der Menge, während Ladys und Gentlemen rempelnd vorwärts drängten, um sich ihre gestohlenen Besitztümer wiederzuholen.
Zwei Männer traten vor und packten die Frau in Rot. Jenny nestelte unerbittlich die Brosche aus ihren Fingern und scherte sich keinen Pfifferling darum, dass die Nadel sich dabei in die Hand der Diebin bohrte.
»Sie haben einen großen Fehler begangen, Mädchen.« Die Frau blitzte Jenny wütend an. »Und jetzt werden Sie dafür büßen.«
Callum stürzte dazu und nahm Jenny in seine Arme. Sie klammerte sich an ihn, wohl wissend, dass dies das allerletzte Mal war, dass er sie in seinen Armen halten würde.
»Hört mich an, gute Bürger von Bath! Ich möchte ein Geständnis ablegen«, rief die Frau, und augenblicklich verstummte das Stimmengewirr der Menge.
Selbst Callum gab Jenny aus seiner Umarmung frei, um sich anzuhören, was die Diebin zu sagen hatte.
»Callum.« Jenny zupfte hilflos an seinem Ärmel, und er wandte sich um und schaute ihr in die Augen. Jenny zwang sich, ihre Angst herunterzuschlucken, und streifte Callums Verlobungsring von ihrem Finger. »Vergiss nie, dass ich dich liebe. Egal, was passiert, meine Liebe ist wahrhaftig.«
Callum sah sie leicht amüsiert an. »Das weiß ich, Jenny. Aber warum sagst du mir das jetzt?«
Sie drückte ihm den Ring in seine Hand. »Es tut mir leid,
Callum. Ich liebe dich … aber … es tut mir so unendlich leid.«
Callum runzelte die Stirn. »Jenny, was ist denn? Warum gibst du mir meinen Ring zurück?«
Ein gemeines, hasserfülltes Grinsen breitete sich auf dem spitzen Gesicht der Diebin aus. »Wegen dem, was ich zu sagen habe.«
Bei diesen Worten drehte Callum sich wieder zu der Diebin um.
Die Traube drängte sich immer dichter heran. Jenny rang nach Atem.
»Ich mag ja eine Diebin sein, aber ich bin keine Lügnerin«, erklärte die Frau mit kraftvoller und klarer Stimme, die bis in den letzten Winkel des weitläufigen Saals zu hören war.
Es ist soweit .
Die Diebin sah Jenny boshaft an. »Ich bin auf ein Geheimnis gestoßen, das Sie alle interessieren dürfte. Die Frau, die hier vor Ihnen steht, ist nicht die Lady, die sie zu sein vorgibt.«
Aufgeregtes Getuschel erhob sich um Jenny wie eine Staubwolke. In ihrem Kopf drehte sich alles, und sie schwankte.
Die Frau bedachte sie mit einem verächtlichen Blick. »Nein, diese Frau ist Miss Jenny Penny, eine Kammerzofe im Haus der Feathertons.«
Jenny brachte es nicht über sich, Callum anzusehen, obgleich sie fühlte, wie sein Blick sie durchbohrte.
Gedämpftes Stimmengewirr erhob sich, während zweihundert Menschen sich um sie herum drängelten, um einen Blick auf die Hochstaplerin zu erhaschen.
Dann wurde die Stimme der Diebin noch lauter. »Aber sie ist keine gewöhnliche Kammerzofe. Sie ist eine Berühmtheit. Ja, ja, Sie alle haben von ihr gehört.« Sie hielt inne, bis es im ganzen Saal mucksmäuschenstill war.
Jenny kniff fest die Augen zu. Luft . Sie brauchte Luft, musste atmen, doch ihr Korsett war zu eng, der Saal war zu heiß, die Menge stand zu dicht um sie herum.
»Sie müssen nämlich wissen, gute Bürger von Bath … sie ist niemand anderes als Lady Eros !«
Die Menge wurde lauter, und Jenny riss erschreckt die Augen auf. Zu ihrem Entsetzen stellte sie fest, dass sie geradewegs in Callums Gesicht schaute.
Seine Augen waren ausdruckslos, in seinem Gesicht stand ungläubige Bestürzung.
Er streckte die Arme aus und packte Jenny verzweifelt bei den Schultern.
»Sag mir, dass es nicht wahr ist«, hörte Jenny Callum mit flehendem Ton sagen. »Sag es mir, Jenny, und ich werde dir glauben, bitte .«
Jenny sah ihn an und nahm den letzten Rest ihrer Kraft zusammen, um vier simple, doch schicksalsschwere Worte auszusprechen: »Es ist wahr, Callum.« Eine Träne lief über ihre Wange. »Ich wollte es dir ja sagen. Das wollte ich wirklich.«
Plötzlich bekam sie keine
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