Stürmische Eskapaden - Lady in Waiting (Featherton 2)
auch geputzt werden … ah, und dann ist da ein ganzer Berg zu flicken.«
Lady Viola hob das zierliche Silberglöckchen neben ihrem Brotteller und läutete es.
Mr. Edgar kam sogleich ins Zimmer und lächelte Lady Viola strahlend an, die daraufhin all ihrem Gesichtspuder zum Trotz gebührlich errötete.
»Jenny ist heute von ihren Pflichten entbunden und morgen auch«, erklärte ihm die zierliche alte Dame.
Jenny entging nicht, dass sowohl Mr. Edgar als auch ihre Mutter das Gesicht verzogen.
» Morgen … auch?«, fragte Jenny und versuchte, ihr Grinsen zu verbergen. Die Dinge entwickelten sich wirklich ganz prächtig.
Lady Letitia lächelte sie an. »Jawohl, Mädel. Nachdem er sich im Theatre Royal so ausgezeichnet amüsiert hat -« Sie warf Jenny einen vielsagenden Blick zu. »- hat Lord Argyll uns alle morgen zu einem Ausflug in den Dyrham Park eingeladen, und, wenn das Wetter wärmer wird, wie vorhergesagt, auch zu einem Mittagsschmaus im Freien.«
Lord Argyll hat gesagt, er hätte sich amüsiert ? Bei dem Gedanken an ihn lief Jenny ein wohliger Schauer über den ganzen Körper, beinahe so, als hätte sie die Creme aufgetragen.
Ja, nachdem sie sich am gestrigen Abend im Theatre Royal völlig zum Narren gemacht hatte, kam ihr ein ungezwungenes Beisammensein mit Callum gerade recht, um die Scharte auszuwetzen.
»Ich habe mir überlegt, mein Kind, dass Merediths lavendelfarbenes Kleid aus der letzten Saison genau richtig für diese Gelegenheit wäre«, fügte Lady Viola hinzu. »Sie hat es dir geschenkt, nicht wahr?«
Jenny begann, an ihrer Nagelhaut zu zupfen, während sie darüber nachdachte. Das Kleid war nebenan, wo es von Molly umgearbeitet wurde. Sie schätzte, dass die Näherin das Kleid inzwischen bereits aufgetrennt hatte. Sie schien recht begierig auf die Guinee, die Jenny ihr für ihre Arbeit versprochen hatte.
»Es gibt noch so viel zu tun, man weiß gar nicht, wo man anfangen soll.« Jenny seufzte theatralisch. »Aber ich werde es schon irgendwie schaffen, Mylady, denn die Idee ist wirklich ausgezeichnet.«
Wie erwartet, war der Tag frühlingshaft mild.
Als Lord Argylls prachtvolle Equipage, dicht gefolgt von der Kutsche der Feathertons, die staubige Straße entlangdonnerte, öffnete Jenny stolz die Schnallen ihres neuen Mantels und schob die wallenden Vorderteile beiseite, um ihr umgearbeitetes lavendelfarbenes Kleid zu enthüllen. Jenny konnte sich bei Annie für das schicke Kleidungsstück bedanken, denn es war ihre Freundin gewesen, die den Mantel an diesem Morgen im Schaufenster von Mrs. Russells Geschäft entdeckt und die Modistin gewitzt überredet hatte, ihn für Jenny anzuschreiben.
Jenny blickte zu Lord Argyll, der ihr und Meredith gegenüber saß, die rund zehn Minuten zuvor vom Schaukeln der Kutsche in den Schlaf gewiegt worden war und nun mit offen stehendem Mund leichte Geräusche machte.
Doch nichts von alledem kümmerte Jenny. Solange Meredith in ihren Träumen Schäfchen zählte, war Jenny praktisch allein mit dem gut aussehenden Schotten. Nur dass sie dieses Mal ihre Gefühle im Zaun halten und alle kindischen Ausbrüche von Panik zügeln würde.
»Ach, es ist ganz schön warm hier drinnen, finden Sie nicht?«
Jenny schob den Mantel von ihren Schultern, um das sehr schmeichelhafte Dekolleté ihres Promenadenkleides zu offenbaren.
»Vielleicht nicht ganz so warm, wie Sie sagen. Die Luft ist recht schneidend, Mädchen. Wie Sie genau wissen.« Er beugte sich vor und sah zu Meredith, dann senkte er seine Stimme.
»Aber wir sprechen nicht wirklich vom Wetter. Sie wollen meine Meinung über Ihr Kleid hören, stimmt’s?«
Jenny war erbost über diese Bloßstellung. »Müssen Sie immer so unverblümt sein, Mylord?« Sie wandte ihren Kopf ab und starrte aus dem Fenster auf die vorbeifliegende Landschaft.
»Ich kann Lügen nicht ertragen und versuche, immer nur die Wahrheit zu sagen. Und um der Wahrheit die Ehre zu geben, das Kleid steht Ihnen beinahe so gut wie die blaue Robe, die Sie gestern Abend im Theater getragen haben.«
Freudige Erregung durchströmte sie. »Sie meinen die mitternachtsblaue? Die war neu, müssen Sie wissen. Ein Geschenk von den Feathertons. Oh, sie ist wirklich einmalig schön, nicht wahr?«
Callum lachte leise über ihre Begeisterung. »Nicht halb so schön wie die Frau, die sie getragen hat.«
Ein warmes Gefühl breitete sich in Jennys Innerem aus. Er fand sie also wirklich schön. Das hatte er selbst gesagt, und er sprach immer die
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