Stürmische Eskapaden - Lady in Waiting (Featherton 2)
Ihnen die Exklusivrechte nicht geben, denn ich beschäftige eine recht große Vertreterschar. Aber ich habe
da eine Idee, wie sich dieser Handel für uns beide lohnen könnte.«
Zwanzig Minuten später hüpfte Jenny fast vor Freude, als sie Bartlebys Geschäft verließ. Sie blieb vor dem Schaufenster stehen, um ihr Spiegelbild zu betrachten und die hübschen Mondsteinohrringe zu bewundern, die an ihren Ohrläppchen baumelten.
Annie, die vor dem Geschäft auf sie gewartet hatte, war verwirrt. »Nun, was wollte er?«
»Was wir schon vermutet hatten, die Creme.«
»Aber du hast ihm keine versprochen, oder?«
Jenny zuckte leicht zusammen. »Er hat gedroht, meine Identität an die Zeitungen zu verraten, wenn ich ihm nicht erlaube, die Creme zu verkaufen, also habe ich einen Handel mit ihm gemacht.«
Annie verzog das Gesicht, als fühlte sie bereits, wie ihr die Guineen aus der Hand gerissen wurden. »Ich weiß nicht, ob ich es hören will.«
»Keine Sorge. Ihr alle könnt immer noch an eure Herrschaften verkaufen. Aber ich muss Bartleby zehn Tiegel pro Woche liefern.«
Annie schlug sich die Hand vor die Stirn und lachte. »Zehn Tiegel? Die sind ja im Handumdrehen ausverkauft.« Dann wurde ihre Miene wieder ernst. »Er wird mehr verlangen. Und er wird dich bedrängen, bis er sie bekommt.«
Jenny tippte sich mit dem Zeigefinger an die Stirn. »Als ich es mit ihm besprochen habe, habe ich erkannt, dass es gar nicht so sehr die Prickelcreme ist, die er will, sondern dass er damit nur mehr Kunden in sein Geschäft locken will.«
»Also?«
»Also habe ich vorgeschlagen, dass er die Tiegel verschenken soll.«
Annie fielen fast die Augen aus dem Kopf. »Bist du verrückt?«
»Nein, du Dummerchen. Er gibt einen Tiegel als Zugabe beim Kauf eines Schmuckstücks aus seinem teuersten Sortiment. Na ja, er war begeistert von der Idee, und um seine Wertschätzung zu beweisen, hat er mir ein kleines Geschenk gemacht aus eben jener Auslage.« Jenny schnippte spielerisch gegen einen ihrer Ohrringe. »Die sind doch hübsch, nicht wahr? Das ist Mondstein, musst du wissen.«
»Na, das haut mich jetzt aber um. Du bist wirklich einmalig, Jenny, das muss dir der Neid lassen.«
»Vielen Dank, Annie.« Jenny warf einen letzten Blick auf ihr Spiegelbild, lächelte zufrieden und machte sich auf den Weg zurück zum Royal Crescent.
Am nächsten Morgen stand Jenny im fahlen Morgengrauen auf, um ihre Arbeit zu beginnen. Doch als die Uhr schließlich zehn schlug und Jenny aus dem Fenster schaute, hatte sich der Tag noch immer nicht aufgehellt.
Eine dunkelgraue, tief hängende Wolkendecke lastete erdrückend auf der Stadt, und als Jenny ihren Bestellkorb von draußen hereinholte, war die Luft so kalt, dass das Atmen schmerzte.
Dennoch hielt Jenny an der Hoffnung fest, dass Lord Argyll sein Versprechen wahr machen und sie an jenem Nachmittag in den Lustgarten ausführen würde.
»Ich denke, du solltest deine Ausfahrt für heute besser absagen.« Lady Letitia blickte von der Morgenzeitung auf. »Als ich das letzte Mal einen solch düsteren Himmel gesehen habe, ist kniehoch Schnee gefallen.«
Jenny lächelte ihr zu und blickte zu dem bedeckten Himmel auf. »Die Wolken ziehen sehr schnell dahin. Vielleicht wird der Sturm an uns vorbeiziehen.«
Lady Viola kicherte. »Man darf die Hoffnung nie aufgeben.«
Über die nächsten Stunden raste das Blut durch Jennys Adern, und sie fühlte sich, als hätte sie viel zu viele Tassen starken Tees getrunken.
Als der kleine Zeiger der Standuhr sich vier Uhr näherte, öffnete Jenny die Küchentür und spähte hinaus. Die Luft hatte sich etwas erwärmt, doch der Himmel schien noch dunkler als zuvor, und die Pfütze am Ende der Gasse war weiterhin gefroren.
Ihr sank der Mut. Callum würde gewiss Nachricht schicken, dass ihre gemeinsame Ausfahrt nicht stattfinden würde.
Jenny ging in ihre Kammer und machte sich daran, die Schnürung ihres Kleides zu lösen. Das neue Promenadenkleid, das sie trug, wäre für einen so bitterkalten Tag sowieso nicht geeignet gewesen. Doch es gefiel ihr gar nicht, es nun auszuziehen.
Einen Moment lang stand sie da und schaute an sich und dem Kleid hinunter, dann drehte sie sich um und betrachtete über ihre Schulter den Rücken des Kleids. Sie hätte unwerfend ausgesehen, auch wenn das nach Eigenlob klang. Argyll hätte keinen Gedanken an das Wetter vergeudet, wenn er sie in diesem Kleid gesehen hätte.
Das Kleid war trügerisch schlicht, denn es war aus
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