Stürmische Liebe in Cornwall
„Mir fehlt nichts, Lady Edgeworthy“, sagte sie, „ich will Dr. Thompsons Zeit nicht verschwenden.“
„Ich versichere Ihnen, es wäre keine Zeitverschwendung für mich“, sagte er, auf seine Uhr schauend. „Ich muss allerdings aufbrechen, es warten noch Patienten. Begleiten Sie mich doch hinaus, Miss Trevor. Wenn Sie Beschwerden haben, kann ich Ihnen vielleicht behilflich sein.“
„Natürlich begleite ich Sie gern zur Tür.“ Sofort erhob Jane sich.
Während die beiden hinausgingen, wandte Lady Edgeworthy sich an Marianne. „Fandest du nicht auch, dass Jane sehr still war? Sonst ist sie ganz anders, wenn Dr. Thompson hier ist.“
„Vielleicht ist ihr wirklich ein wenig unwohl? Es war in den letzten Tagen recht warm.“
„Ja, daran mag es liegen. Sag, was hältst du von dem Doktor?“
Marianne überlegte einen Moment. „Er ist ein freundlicher, angenehmer Mann und scheint vernünftige Ansichten zu vertreten.“
„Ich fand stets, dass er sich seiner Patienten sehr gut annimmt, selbst derer, die ihm kein Honorar zahlen können.“
„Das dachte ich mir fast. Dann muss er aber entweder selbst Vermögen haben oder nicht wenige wohlhabende Patienten.“
„Er ist ein jüngerer Sohn, und seine Einkünfte aus dem väterlichen Erbe sind, glaube ich, unbeträchtlich, doch er hat tatsächlich einige gut zahlende Patienten.“
„Vielleicht macht er sich nicht viel aus Geld?“
„Nun, er ist unverheiratet. Als ich ihn einmal fragte, warum, sagte er, er könne sich keine Frau leisten.“ Nachdenklich runzelte sie die Stirn. „Ich frage mich, ob er einmal unglücklich verliebt war …“
In diesem Moment kam die Gesellschafterin zurück in den Salon. Für eine Konsultation war sie nicht lange genug fort gewesen, doch wirkte sie ein wenig munterer als zuvor, und ihre Wangen hatten wieder Farbe.
„Geht es Ihnen besser?“, fragte Marianne.
„Oh …“ Jane errötete sanft. „Ich hatte ein wenig Kopfweh, doch es ist schon auf dem Rückzug.“
„Wenn das so ist, Jane, bestehe ich darauf, dass Sie vor dem Dinner eine Weile ruhen“, sagte Lady Edgeworthy. „Geht es Ihnen dann noch nicht besser, muss Miss Rugde Ihnen einen ihrer berühmten Kräutertränke zubereiten.“
Als Jane, dem Rat folgend, hinausgegangen war, meinte Lady Edgeworthy: „Ist sie nicht ein närrisches Ding? Warum wollte sie sich nicht von Dr. Thompson helfen lassen?“
Marianne äußerte ihre Vermutung nicht, sondern sagte ablenkend: „Morgen Vormittag werde ich einmal hinunter ins Dorf gehen. Ich habe einen Brief an Mama geschrieben, den will ich zur Poststation bringen.“
„Einer der Dienstboten könnte ihn auch mitnehmen.“
„Ach, ich möchte selbst gehen, außer du brauchtest mich, Tante.“
„Kind, ich bat dich nicht her, damit du ständig für mich zur Stelle bist! Natürlich darfst du gehen, nur nimm besser eins der Mädchen mit. Nicht dass ich dächte, dir könnte etwas geschehen, doch samstags ist Markttag, und man kann nie wissen, ob sich dann nicht unerwünschte Gestalten dort herumtreiben.“
Marianne küsste ihrer Tante die Wange und suchte dann ihr Zimmer auf. Während sie sich zum Dinner umkleidete, grübelte sie vor sich hin. Jane war wirklich sehr still gewesen, sogar ein wenig bleich. Ob sie verstimmt war, weil der Doktor sich eine Weile mit mir unterhalten hat? überlegte sie. Aber warum sollte eine solche Nichtigkeit sie aus dem Gleichgewicht bringen? Außer … die Gesellschafterin hegte tiefere Gefühle für den guten Doktor!
Zuerst fand Marianne das lächerlich, denn Jane musste ein wenig älter als Dr. Thompson sein, der wohl an die dreißig war. Doch der Ausdruck in Janes Augen … Als sie zurückkam, nachdem sie den Doktor hinausgeführt hatte, war sie viel heiterer gewesen … Gab es zwischen den beiden möglicherweise eine Art Versprechen? Jane mochte geglaubt haben, sie werde den Mann an eine Jüngere verlieren, was natürlich lachhaft war. Marianne schüttelte den Kopf. Sie hätte sein eventuelles Interesse schnell abgewehrt. Ihr hatte nur das Gespräch am Herzen gelegen, was Jane natürlich nicht ahnen konnte; sie mochte geglaubt haben, sie wolle seine Aufmerksamkeit erringen.
Warum aber hatte Jane sich nicht, wenn ihr an dem Doktor gelegen war, ihrer Herrin offenbart? Nun, sie mochte um ihren Posten fürchten, denn manche Arbeitgeber sahen es nicht gern, wenn ihre Angestellten Beziehungen pflegten. Marianne fiel ein, dass Tante Bertha erwähnt hatte, der Doktor könne sich nicht
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