Stürmische Romanze
Frauen, deren Blicke so unverblümte Einladungen ausdrückten – und deren Körper ihn geradezu aufforderten, sie zu verführen.
Heftig schüttelte Giovanni den Kopf. Er wollte nie wieder etwas mit dieser Frau zu tun haben! Und dennoch war er in diesem Moment auf dem Weg zu ihrem Apartment. Warum nur, um alles in der Welt?
Weil seine Patentante ihn um diesen Gefallen gebeten hatte, denn Kate hatte ihr Filofax bei Lady St. John liegen lassen. Giovanni lächelte ironisch. Was für ein plumper, leicht zu durchschauender Trick! Sicher hatte sie gewusst, dass seine Patentante ihn bitten würde, das Filofax zurückzubringen.
„Ich habe keine Zeit, Tante Elisabeth“, hatte er zunächst abgelehnt.
„Aber Giovanni! Das arme Mädchen wird ohne ihr Filofax völlig hilflos sein. Es hat die Ausmaße einer Enzyklopädie!“
„Warum schickst du es nicht per Post?“ schlug Giovanni vor.
„Das würde viel zu lang dauern“, entgegnete Lady St. John eigensinnig. „Außerdem kommst du auf dem Weg zum Hotel doch praktisch bei ihr vorbei. Um wie viel Uhr geht denn dein Flieger?“
„Um acht“, erwiderte Giovanni resigniert und sich durchaus bewusst, dass er seiner Patentante diesen Wunsch nicht abschlagen konnte.
„Dann kannst du es ja machen“, stellte Lady St. John erfreut fest. „Bitte, Giovanni, tu mir den Gefallen.“
„
Sí, sí
, Tante Elisabeth.” Giovanni hatte geseufzt und die makellos manikürte Hand nach dem Filofax ausgestreckt.
Er hätte das verdammte Ding einfach auf dem Rückweg zum Hotel bei Kate vorbeibringen sollen. Vielleicht wäre dann … Doch stattdessen duschte er im Hotel und zog statt des Anzugs eine legere Hose und ein Seidenhemd an. Letzteres fühlte sich auf seiner Haut an, als würde eine Frau die Fingerspitzen sanft über seinen Körper gleiten lassen. Dann rasierte er sich und rieb sich das Gesicht mit einem nach Moschus und Zitrone duftenden After Shave ein. Nicht einen Moment lang fragte Giovanni sich, warum er das alles tat.
Er ging hinunter und bestellte sich in der Hotelbar einen Whiskey. Eine ganze Weile saß er da und betrachtete das Glas, ohne einen Schluck zu trinken. Um kurz vor sechs Uhr fuhr er dann los. So würde er gerade genug Zeit haben, das Filofax abzuliefern, bevor er weiter zum Flughafen fuhr. Er wollte gar nicht erst in Versuchung geführt werden, sich länger als unbedingt nötig bei Kate aufzuhalten. Er wollte Kate lediglich das Filofax überreichen. Doch als er sich ihrer Straße näherte, begann sein Herz heftig zu schlagen.
Kate verabschiedete sich von Lucy und ging die Treppen zu ihrem Apartment hinauf. Zum ersten Mal konnten die wunderschönen Farben der Einrichtung sie nicht von ihren Gedanken ablenken. Nervös und angespannt zog sie die Baumwolljacke aus und streifte sich eins ihrer Lieblingsoutfits über: einen megakurzen grünen Minirock und ein dazu passendes enges Kaschmiroberteil, die beide ihre Figur betonten. Unwillkürlich fragte Kate sich, wie das Outfit Giovanni Calverri wohl gefallen würde.
Du bist ja verrückt, ermahnte sie sich und ging ins Wohnzimmer. Dort schenkte sie sich ein Glas Wein ein – und trank es in einem Zug halb leer. Entgeistert hielt Kate inne. Denn sie hatte noch nie zuvor Alkohol allein getrunken.
Mit zittriger Hand stellte sie das Glas ab, ging in das kleine Arbeitszimmer und stellte den nagelneuen Computer an. Im Internet stieß sie auf eine Website über Sizilien, ohne sie bewusst gesucht zu haben.
Sofort wurden die Erinnerungen an Giovanni in ihr wach: an seinen schlanken, muskulösen Körper, die tiefblauen Augen und seinen spöttischen Blick. Kate betrachtete die Bilder der schroffen, aber wunderschönen Landschaft und druckte sämtliche Informationen über die Insel der Persephone aus. Mit klopfendem Herzen begann sie zu lesen.
Schon bald war sie ganz gefesselt von der stürmischen Vergangenheit der Insel, die zwar zu Europa gehörte, jedoch auch nicht weit entfernt von Nordafrika lag. Ihre Bewohner stammten von den alten Griechen, den Karthagern, Arabern und den Normannen ab. Kein Wunder, dass Giovanni so anders war als die Männer, denen Kate bisher begegnet war.
Plötzlich klingelte es. Sie zuckte zusammen und legte die ausgedruckten Seiten beiseite. Sicher war es Lucy, denn sie erwartete keine Gäste. Außerdem wollte sie einen ruhigen Abend allein zu Hause verbringen – wie immer, wenn sie einen Auftrag abgeschlossen hatte. Am Wochenende würden sie und Lucy den Erfolg dann gemeinsam feiern: mit
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