Stürmische Verlobung
hast. Wenn du ihn triffst, mach dich nicht lächerlich, indem du ihn darauf ansprichst, was du angeblich im Theater gesehen hast.«
»Ich schätze, du hast recht. Obwohl ich mir wünschte, du würdest mitkommen«, erwiderte Grace. »Gott und die Welt werden heute Abend bei diesem Fest sein. Nur ein Schafskopf bleibt da zu Hause.«
»Ein sehr müder Schafskopf«, entgegnete Eliza und stieß zur Betonung einen weiteren tiefen Seufzer aus.
Tante Viola runzelte sorgenvoll die Stirn. »Du bist doch nicht krank, oder, mein Täubchen?« Sie hielt ihre Hand gegen
Elizas Wange. »Fieber scheinst du jedenfalls nicht zu haben.«
Eliza schüttelte den Kopf. »Mach dir keine Sorgen, Tantchen. Ich bin wohlauf. Ich bin einfach nur zu müde, um den ganzen Abend damit zuzubringen, um den Serpentine-See herumzuflanieren.«
Tante Viola schaute ihre Schwester an, die unentschlossen an ihrer Unterlippe kaute.
»Ist etwas?«, fragte Eliza. »Warum ist es so wichtig, dass ich heute Abend mitkomme?«
»Nun«, begann Tante Viola, »da wir alle vorhatten, zu dem Fest zu gehen, habe ich den Dienstboten den Abend frei gegeben, aber ich werde es rückgängig machen, wenn du daheim bleibst.«
»Nein, nein, nein«, sagte Eliza und winkte ab. »Meinetwegen müssen sie nicht hierbleiben. Ich werde ihre Dienste nicht benötigen.«
Grace schlüpfte in ihr Spencerjäckchen und schloss die Haken. »Kommt, der Regen hat aufgehört. Wir verpassen noch das Feuerwerk, wenn wir uns nicht gleich auf den Weg machen.«
»Grace hat recht.« Eliza stand auf und scheuchte die anderen zur Tür. »Geht jetzt, und amüsiert euch. Ihr könnt mir morgen beim Frühstück alles darüber erzählen. Ich trinke nur noch meinen Tee aus, und dann gehe ich zu Bett.«
»Na schön, Eliza. Gute Nacht«, zwitscherten ihre Tanten im Chor.
»Gute Nacht«, stimmte Grace ein, während sie und ihre Tanten aus der Haustür in die kühle, neblige Nacht hinaustraten.
Eliza drückte die Tür ins Schloss und atmete tief durch. »Gute Nacht .«
Endlich war es still im Haus, so still, dass das einzige Geräusch
das kaum hörbare Knarren ihrer Korsettstangen war, wenn sie Luft holte. Eliza blieb eine ganze Weile reglos stehen, um die Ruhe nicht zu stören, die sich im Haus ausbreitete.
Doch dann konnte sie nicht länger an sich halten und lachte laut auf. Sie legte ihren Kopf in den Nacken und vollführte eine überschwängliche Pirouette. Lieber Himmel, es war wunderbar, allein zu sein, selbst wenn sie Erschöpfung hatte vortäuschen müssen, um es zu erreichen. Doch ihre Scharade war gerechtfertigt. Eliza konnte das Risiko nicht eingehen, Magnus abermals zu begegnen.
Sie dachte an das zurück, was zwischen ihnen in dem Theaterfundus geschehen war, und die Erinnerung ließ sie erröten. Wenn das Stück nicht geendet hätte, wer weiß, was sie möglicherweise getan hätte? Sie war wie von Sinnen gewesen.
Oh, wenn sie doch nur Magnus und diese ganze vermaledeite Saison aus ihrem Leben streichen könnte. Alles wäre so viel einfacher, wenn nur die Kunst ihre Tage füllen würde … und ihre Nächte. Bei diesem Gedanken wandte sie sich zum Salon, in dem ihre Staffelei inzwischen stand, und ihr Blick fiel auf Graces Glacéhandschuhe, die auf dem Vestibültisch lagen.
In diesem Moment schlug der Türklopfer zweimal gegen die Messingplatte. Eliza schüttelte den Kopf über die Vergesslichkeit ihrer Schwester und ging mit den Handschuhen zur Haustür.
»Hier sind sie, Grace. Du würdest deinen Kopf vergessen, wenn er nicht angewachsen wäre«, rief Eliza auf dem Weg zur Tür. Als sie an dem Spiegel im Vestibül vorbeikam, hielt sie kurz inne und zog die Nadeln aus ihrem Haar. Sie schüttelte ihre befreiten Locken und hoffte, dass es aussehen würde, als ob sie sich bereits bettfertig gemacht hätte. Dabei fiel ihr Blick unvermittelt auf eine ihrer rot gerandeten Karten auf dem Fußboden. Himmel, wo kam die denn her? Sie hatte sich so vorgesehen, die Karten versteckt zu halten!
Eliza hob die Karte auf, verbarg sie hinter ihrem Rücken und öffnete schwungvoll die Tür. Doch davor stand nicht ihre Schwester auf der Suche nach ihren Handschuhen, und ebenso wenig der Diener. Eliza stockte der Atem.
Magnus nahm seinen Hut ab und neigte höflich seinen Kopf. »Guten Abend, Eliza.«
»W-was machen Sie hier?«
»Wie ich Ihnen bereits gestern Abend sagte, wir müssen reden.« Magnus kam ohne eine Einladung abzuwarten herein und ging schnurstracks in den Salon.
Eliza schaute sich
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