Stuermischer Zauber
Dunrath verließ«, bemerkte Ormond, »aber wenn sie in der Schlacht auf der Seite der Rebellen gekämpft hat, muss sie eine geworden sein.«
Gwynne lachte erneut. »Das ist absurd! Jean ist ein Mädchen ohne Fehl und Tadel. Im Übrigen war sie während der Schlacht hier. Sie kehrte vor fünf Tagen heim, da sie letztlich daran verzweifelt ist, die Meinung ihres Verlobten zu ändern.«
»Ihr sagt, sie ist hier in Dunrath?«, fragte Ormond überrascht.
»Natürlich. Sie ist müde und natürlich sehr traurig, aber außer Gefahr. Es ist schwer, mit ihr böse zu sein – nach all dem, was sie durchlitten hat. Möchtet Ihr mit ihr sprechen?« Nachdem der Colonel nickte, klingelte Gwynne nach dem Mädchen und gab ihr den Befehl, Jean zu holen.
Während sie warteten, erkundigte sich Ormond: »Was ist mit Ballister? Es gab auch Gerüchte, dass er ein jakobitischer Sympathisant sei.«
Gwynne hob geringschätzig die Brauen. »Ich will ehrlich sein, Colonel Ormond. Obwohl mein Mann ein treuer Diener der Krone ist, hat es ihn sehr bekümmert zu sehen, wie seine Heimat von der Rebellion zerrissen wurde. Auf mein Drängen hin ist er tatsächlich nach England gereist, obgleich er dort sicher nicht als Spion der Jakobiten agiert. Er hatte dort Geschäfte zu erledigen, und es war weniger schmerzhaft für ihn, nicht in Schottland zu weilen. Er hat auch ein paar junge Männer aus dem Tal mitgenommen. Sie sind keine Rebellen, versteht Ihr, aber begeisterte Jugendliche, die vielleicht versucht gewesen wären, sich diesem jakobitischen Unsinn anzuschließen, wenn man sie nicht abgelenkt hätte.«
»Kommt es mir deshalb so vor, als wären nicht allzu viele junge Männer im Tal, als wir hindurchritten?«
Der Colonel war scharfsinnig.
»Ja, wir haben so viele von ihnen wie möglich weggeschickt«, antwortete Gwynne. »Einige Jungs aus Glen Rath dienen in der Regierungsarmee.« Was sogar stimmte. »Es ist für die Jugendlichen besser, wenn man sie anderswo beschäftigt, als wenn sie hierblieben und sich von irgendwelchen Unruhestiftern verführen ließen.«
»Raffiniert«, sagte der Colonel nachdenklich. »Junge Männer sind wie Zunder, und man ist gut beraten, sie nicht allzu feurigen Ideen auszusetzen. Ist Ballister inzwischen nach Dunrath zurückgekehrt?«
»Nein, doch ich hoffe, er ist bald wieder daheim.« Gwynne lächelte wehmütig. »Es fiel uns schwer, uns so kurz nach der Hochzeit zu trennen, aber Leute unseres Ranges müssen für unsere Untertanen Verantwortung übernehmen.« Die meisten Macraes in Glen Rath wären empört, wenn sie wüssten, dass Gwynne sie als ›Untertanen‹ bezeichnete, doch der Colonel nickte zustimmend. Wenn sie Glück hatten, wäre er nach dem Gespräch mit Jean bereit, seine Verfolgung anderswo fortzusetzen.
Gwynne schenkte Tee nach und drängte den Colonel, noch mehr zu essen, als die Tür sich öffnete und Jean das Wohnzimmer betrat. In Gedanken applaudierte Gwynne ihr. Jean hatte ihr Haar gepudert und trug ein blasses Seidenkleid mit langen Spitzenärmeln. Jean wirkte sehr zart und sehr damenhaft, so, als wäre sie höchstens sechzehn Jahre alt.
Die Augen niedergeschlagen, knickste sie tief vor dem Colonel, als Gwynne sie einander vorstellte. Ormond starrte sie ungläubig an. Offenbar konnte er die Beschreibung einer kämpfenden Jungfer nicht mit dieser zerbrechlichen, züchtigen jungen Lady in Einklang bringen.
»Jean, setz dich zu mir«, meinte Gwynne beruhigend, während sie eine weitere Tasse Tee einschenkte. »Ich weiß, das hier wird dir schwerfallen, doch Colonel Ormond muss dir ein paar Fragen stellen.«
Der Offizier räusperte sich. Er fühlte sich sichtlich unwohl, da er diesem Mädchen, das kaum der Schule entwachsen war, diese schwierigen Fragen stellen musste. »Miss Macrae, Ihr werdet beschuldigt, einen Trupp Männer aus Dunrath um Euch versammelt zu haben und sich mit ihnen den Jakobiten angeschlossen zu haben. Man sagt außerdem, Ihr hättet in Drummossie Moor gekämpft und wärt mit einer Gruppe Rebellen entkommen. Dies sind sehr schwerwiegende Vorwürfe.«
Jean hob den Kopf und starrte ihn aus großen, überraschten Augen an. »Ich, eine einfach Frau, soll eine Bande Soldaten angeführt haben? Was für ein grotesker Gedanke! Ich bin zu den Jakobiten gegangen, doch das war nur, weil ich zu meinem Liebsten wollte, Robbie Mackenzie. Ich … ich habe gehofft, ihn zu überzeugen, mit mir nach Hause zurückzukehren und mich zu heiraten, bevor es zu spät ist.«
»Lady Ballister
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