Stuermischer Zauber
sagte, Ihr seid vor knapp einer Woche nach Hause zurückgekehrt. Wenn das so ist, habt Ihr vielleicht nicht gehört, dass Euer junger Freund in der Schlacht gestorben ist.«
Ormond überbrachte die Nachricht behutsam, doch sein Blick war lauernd, als er Jeans Reaktion beobachtete.
»Lieber Gott im Himmel, nein!« Jean begann zu schluchzen. »Ich habe geträumt, er würde sterben, aber ich habe darum gebetet, dass es nicht stimmt. Ach, Gwynne!« Sie warf sich in die Umarmung ihrer Schwägerin. Ihr Körper wurde von Schluchzern geschüttelt, als sie ihre aufrichtige Trauer in ihre Schauspielerei einfließen ließ.
»Sei stark, meine Liebe«, sagte Gwynne mitfühlend. Ihr Mitgefühl war so echt wie der Kummer des Mädchens.
Ormond fühlte sich sichtlich unwohl, weil er eine junge Lady zum Weinen gebracht hatte. »Captain Mackenzie hat mutig gekämpft, Miss Macrae. Ich hoffe, das ist für Euch und seine Familie ein kleiner Trost.«
Jean hob den Kopf. Tränen rannen über ihr schmales Gesicht. »Es ist überhaupt kein Trost! Er gab sein Leben für diesen … diesen widerlichen italienischen Prahlhans! Mein Robbie war tausend Stuarts wert. Wenn er schon sterben musste, hätte ich mir gewünscht, er wäre für eine Sache gestorben, die seines Mutes würdig ist.«
Ihre zornigen Worte waren überzeugender als unzählige ruhige Erklärungen. Ormond wirkte ehrlich erschüttert. »Ich … verstehe, Miss Macrae«, erwiderte er ernst. »Ihr habt mein Mitgefühl angesichts Eures Verlustes. Es tut mir leid, wenn ich Euch mit meinen grundlosen Anschuldigungen aufgeregt habe.«
Jean zog ein Taschentuch aus ihrem Ärmel und tupfte sich die Augen. »Ihr müsst Eure Pflicht erfüllen, Colonel«, sagte sie mit dem herzzerreißenden Versuch eines Lächelns. »Schottland wurde ins Chaos gestürzt. Wir alle müssen zusammenarbeiten, um den Frieden wiederherzustellen.« Auch in diesen Worten lag etwas Wahres.
Da sie dachte, der Colonel sei nun ganz und gar von Jeans Unschuld überzeugt, bat Gwynne: »Trink etwas Tee, meine Liebe. Das wird deine Nerven beruhigen.«
In diesem Moment öffnete sich die Tür, und ein weiterer rot berockter Offizier tauchte auf, zusammen mit einem abgerissen aussehenden Einheimischen. Jean schnappte kaum hörbar nach Luft, als sie die Neuankömmlinge sah.
Gwynne machte sich mehr Sorgen wegen des Offiziers. Während Ormond ein gemäßigter, ehrenhafter Mann war, liebte dieser Mann Blut. Und er hatte zuletzt darin geschwelgt – sie spürte die üble Wolke aus Tod und Schmerz, die ihn umgab. Er hatte es genossen, Flüchtende abzuschlachten. Schlimmer noch: Er verfügte über einen Hauch Zauberkraft und würde sich nicht so leicht täuschen lassen. Es war gut, dass er der untergeordnete Offizier und nicht der Kommandant war, denn sein Blick glitt mit unmissverständlicher Anmaßung über Gwynne hinweg. Seine Bewunderung hatte nichts Weltmännisches.
Der Colonel erhob sich. »Haben die Männer sich erfrischt, Major Huxley? Da der Regen aufgehört hat, müssen wir uns bald wieder auf den Weg machen und diese Jakobitenbande finden. Offensichtlich sind sie abgebogen, bevor sie Glen Rath betreten konnten.«
»Nicht, wenn man diesem Burschen hier glaubt«, entgegnete Huxley knapp. »Erzähl dem Colonel deinen Teil der Geschichte, Geddes.«
Der schäbig gekleidete Mann schlurfte vorwärts und drehte seine Kappe in den Händen. »Hab gehört, Sie zahlen für Informationen.«
»Wenn die Informationen gut sind«, erwiderte Ormond. »Was weißt du?«
Gwynne flüsterte Jean zu: »Wer ist dieser Mann?«
»Ein nichtsnutziger Kesselflicker, der durch diesen Teil Schottlands wandert, Krimskrams verkauft und stiehlt, wenn sich die Gelegenheit bietet«, antwortete Jean grimmig. »Ich hätte an Geddes denken sollen, als du mich fragtest, ob irgendjemand uns verraten würde. Er ist nicht einer von uns, aber er kommt oft genug vorbei. Und in diesem Fall wohl einmal zu oft.«
Auch wenn Geddes ein Fremder war, dann verriet sein Akzent seine schottische Abstammung. Woher er auch stammte, er strahlte Unzuverlässigkeit und Opportunismus aus. Zum Colonel sagte er gerade: »Letzte Nacht hab ich ’nen Trupp Rebellen gesehen, wie sie über die nördliche Straße ins Tal kamen.«
»Das ist Unsinn«, widersprach Gwynne ruhig. »Fragt diese Kreatur, wie viel Whiskey sie sich letzte Nacht hinter die Binde gekippt hat.«
Geddes’ Kopf schnellte zu ihr herum. Seine blutunterlaufenen Augen glitzerten böse. »Ich weiß, was ich
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