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Stuermischer Zauber

Stuermischer Zauber

Titel: Stuermischer Zauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Jo Putney
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du vielleicht verspürst, wenn du mit einem Fremden tanzt. Da du seit eurer ersten Begegnung skeptisch warst und ihn anziehend fandest, hat er bloß den Teil seines Wesens verhüllt, der dich in Alarmbereitschaft versetzte. Dann hat er mit einfachen Tricks wie dem Kostüm und seinem französischen Akzent sein Erscheinungsbild verschleiert.«
    Welche Kombination aus Zaubersprüchen und Tricks er auch benutzt hatte, sie war sehr effektiv gewesen. Gwynne erinnerte sich an den ersten schwelgerischen Moment ihres Kusses und fühlte eine Hitzewelle, die in ihr aufstieg, dicht gefolgt von eiskalter Wut. »Seine Macht zu benutzen, um mich zu täuschen, war gemein.«
    »Ich bezweifle, dass er diesen kleinen Zauber überhaupt brauchte. Du warst reif und bereit für ihn, mein Mädchen. Alles, was du brauchtest, war eine Entschuldigung, ihn nicht zu erkennen.« In Bethanys Stimme lag ein Hauch von Schroffheit, während sie die Bettdecken zurückschlug. »Trink den Punsch aus und leg dich hin. Wenn du dich wohlfühlst, werde ich sehen, an wie viel du dich erinnerst.«
    Gwynne gehorchte. Sie war dankbar, sich hinlegen zu dürfen. Bethany breitete die Decken über sie und löschte die Lampen, bis nur noch ein einzelnes Licht brannte. Dann setzte sie sich neben das Bett und begann behutsam, Gwynne über den Abend zu befragen.
    Den Arm um Athena geschlungen, berichtete Gwynne ganz genau von der Begegnung mit Ballister. Sie erzählte vom Tanz, ihrer Unterhaltung und den Erfrischungen. Ihre friedliche Stimmung ließ sie Wut und Verwirrung vergessen. Sie fühlte sich gelöst, als stünde sie außerhalb ihres Körpers und beobachtete die Bewegungen einer Fremden, die in ihr Gegenüber vernarrt war.
    Geschickt führte Bethany Gwynne bis zu jenem Augenblick durch die Erinnerungen, als Ballister und sie sich geküsst hatten. »Als du diese Schreckensvision erblicktest, wurdest du da Zeuge eines Verbrechens, das Ballister beging?«
    Selbst der Punsch konnte nicht die Erinnerung an das Entsetzen vertreiben, aber zumindest konnte Gwynne jetzt die Bilder in Ruhe betrachten. »Ich … ich sehe ihn mit einem Schwert. Der Griff ist aus Messing oder aus Gold, denke ich. Aber er hält es nur, bereit zuzuschlagen. Ich sehe nicht, wie er auf jemanden losgeht.«
    »Sehr gut«, murmelte Bethany. »Du hast Feuer gesehen. Was hat gebrannt?«
    »Zuerst nur eine alleinstehende Hütte, aus grob behauenem Stein erbaut und mit einem Strohdach. Ich … ich denke, das war in Schottland. Dann waren da ganze Dörfer, die brannten, und zum Schluss eine große Stadt. Da war eine bestimmte Frau, die mit ihrem Kind in den Armen floh.« Erneut flackerte die Panik auf, und sie umklammerte ihre Bettdecke. »Die Frau stolpert und fällt hin, und ihr Kind beginnt zu schreien. Die Flammen kommen immer näher, und sie kann nicht fliehen. Glühende Holzstückchen fallen auf ihr Kleid …«
    Bethanys Hand griff nach ihr und erlöste sie von der Vision. »Die Bilder zeigen nicht zwingend wirkliches Feuer. Ich denke, sie dienen als Symbole für eine zunehmende Bedrohung, die vom Kleinen ins Große wächst. Welche anderen Bilder hast du gesehen?«
    Gwynne atmete tief durch und zwang sich, sich erneut zu entspannen. »Da war … ich denke, es war ein Schlachtfeld. Überall liegen Leichen. Einige tragen rote Röcke, andere … die typische Kleidung der Highland-Bewohner. Die Dämmerung senkt sich, und es ist sehr still außer … außer den Schreien der Bussarde und … oh Gott, da ist dieser Hund! Er hat einen abgetrennten Arm im Maul!« Ihr drehte sich der Magen um.
    Erneut brachte Bethanys Berührung sie zurück in das saubere und sichere Schlafzimmer. »Die Tatsache, dass du Visionen hattest, während Ballister und du euch geküsst habt, lässt mich vermuten, dass er irgendetwas mit der Sache zu tun hat. Hast du eine Ahnung, wie das sein kann?«
    Gwynne beruhigte ihren Geist, bis er wie ein glatter, silberner Teich war, und wartete, ob sich ihr eine Antwort offenbarte. »Er ist nicht die treibende Kraft, aber er ist wie … ein Funke, der den Zunder zum Brennen bringt. Er verändert das Gleichgewicht.« Sie drehte den Kopf zu Lady Bethany. »Er hat so viel Macht, dass sie meine Gedanken überflutet hat. Ich bin zum ersten Mal froh, keine eigene Macht zu besitzen. Denkst du, ich habe Visionen gehabt, die so eintreffen werden?«
    Bethany runzelte die Stirn. »Ich nehme an, du hast eine mögliche Zukunft gesehen. Diese entsetzlichen Dinge werden vielleicht nie passieren.«
    Gwynne

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