Stürmisches Wiedersehen auf Maynard Manor (German Edition)
sorgen.“ Er zog die Augenbrauen hoch.
„Falsch gedacht. So funktioniert das heute nicht mehr.“
„Mein Mitgefühl hält sich in Grenzen“, erwiderte Darius. „Auch ich arbeite nämlich selbst für meinen Lebensunterhalt, und zwar schon ziemlich lange.“
„Durch Glücksspiel nehme ich an“, sagte Chloé verächtlich. „Wie früher.“ Bewusst verdrängte sie den Gedanken an die Gerüchte über illegale Hundekämpfe.
„Auf unterschiedliche Art“, erwiderte Darius ungerührt. „Eine Weile habe ich als Tierpfleger in Australien gearbeitet, dann als Pferdetrainer in Kentucky, und neuerdings habe ich ein Weingut in der Dordogne. Sogar nach deinen anspruchsvollen Kriterien also alles anständige Jobs. Möchtest du vielleicht meinen Lebenslauf sehen?“ Seine grünen Augen funkelten herausfordernd.
Mit einem Seufzer fuhr er fort: „Alternativ könnten wir auch aufhören, uns anzugiften – und uns daran erinnern, dass wir mal so etwas wie Freunde waren.“
Plötzlich schien es merkwürdig still zu sein, und Chloé hörte Verkehrslärm und Markttrubel nur noch wie aus großer Entfernung. Statt zu flüchten, stand sie wie angewurzelt da und sah Darius starr an. Erst der laute Klang einer Fehlzündung brach den Bann.
„Wir waren mal so etwas wie Freunde?“, fragte Chloé. „Davon weiß ich gar nichts.“
Darius kniff die Augen zusammen. „Wie du möchtest“, sagte er dann ausdruckslos. „Du bist nicht zu uns in die Stallungen gekommen. Bedeutet das, deine Abneigung gegen mich ist so stark, dass du nicht einmal mein Pferd ausreiten möchtest?“
„Ich habe meiner Tante geholfen und war sehr beschäftigt. Warum kümmert sich nicht deine Freundin von neulich Abend um das Pferd?“, fragte sie.
„Weil sie bei uns ist, um meinen Vater zu pflegen. Außerdem glaube ich nicht, dass sie reitet. Zumindest nicht gut genug, um mit Orion zurechtzukommen.“
„Aber ich schon?“
„Das weißt du doch, Chloé“, sagte Darius seufzend. „Wie wäre es, wenn du mich vorwarnst, damit ich mich bei deiner Ankunft am anderen Ende des Anwesens befinde?“
„Ich werde mal darüber nachdenken“, erwiderte Chloé, den Blick auf den Bürgersteig gesenkt.
Aber werde ich das wirklich? fragte sie sich auf dem Weg zum Denkmal. Denn in den vergangenen Tagen hatte sie zwar viel nachgedacht, das Thema Darius Maynard und seine vorgebrachte Bitte aber tunlichst ausgeblendet. Das alles hatte mit ihr und den Plänen für ihr Leben ja auch nichts zu tun. Und aus seinem Leben sollte sie sich besser heraushalten.
Der Karton mit der Aufschrift „Kleidung“ stand zuoberst im Dachboden. Darin befanden sich Reithose, Reitkappe, ein Reithemd und einige alte Pullis. Insgeheim hatte Chloé gehofft, ihre Tante hätte die Sachen mit aussortiert.
Prüfend betrachtete Chloé die Reithose. Die passt mir bestimmt nicht mehr, dachte sie. Und sie hatte nicht vor, Geld für eine Neue auszugeben. Damit wäre das Problem – das ja eigentlich gar keins war – auch schon gelöst.
Doch beim Anprobieren schmiegte sich die Reithose perfekt um Chloés lange Beine und ihre schmalen Hüften. Das war’s dann mit der Ausrede, dachte sie und biss sich auf die Lippe.
Die blaue Bluse jedoch spannte sich über ihren vollen Brüsten. Plötzlich wehmütig strich sie über die kleinen Perlmuttknöpfe. Die hätte ich nicht aufheben sollen, dachte sie dann und riss die Bluse so heftig auf, dass die Knöpfe absprangen. Dann warf sie sie in den Müll.
„Du hast dir ja ganz schön Zeit gelassen“, sagte Arthur und führte den gesattelten und gezäumten Orion aus seiner Box, der die Ohren spitzte.
„Mr Darius lässt ausrichten, dass er heute Vormittag in Warne Cross ist und sich die neue Schonung ansieht. Wolltest du dort hinreiten?“
„Nein.“ Chloé schwang sich in den Sattel und wartete ab, bis Arthur die Länge der Steigbügel richtig eingestellt hatte. „Ich reite ein bisschen durch den Park und dann auf den Hügel.“
„Er wird dich überall sicher hintragen.“ Liebevoll strich Arthur dem Wallach über den Hals. „Mr Darius hat ihn aus Frankreich herbringen lassen. Wirklich ein Prachttier – im Gegensatz zu dem widerspenstigen Satansbraten da drüben. Weiß wirklich nicht, warum Mr Andrew den gekauft hat. Auf dem hätte er sich ganz leicht den Hals brechen können, dazu hätte er nicht klettern gehen müssen.“
„Andrew war doch ein guter Reiter!“ Chloé beruhigte Orion, der ungeduldig wurde.
„Zumindest kein schlechter“,
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