Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Stützpunkt Roter Stern

Stützpunkt Roter Stern

Titel: Stützpunkt Roter Stern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
Vom Netzwerk:
Allgemeinheit begründen, Tryskwyn?«, fragte der Stammesälteste amüsiert. »Ich will deine Argumente hören, auch wenn ich kaum glaube, dass ich ihnen zuzustimmen vermag.«
    »Wenn ich das Geheimnis des achtbeinigen Riesenkäfer-Geistes ergründen würde, dann gehörte es nicht nur mir, sondern auch dem Stamm.«
    »Das ist selbstverständlich«, beschied ihm der Stammesälteste.
    »Aber überlegt doch mal, wie sehr uns das über alle Stämmen des Niederkanals hervorheben würde! Es würden Abgesandte anderer Stämme kommen, um von uns dieses Geheimnis zu erfahren und wir könnten es ihnen teuer verkaufen! Außerdem würden viele denken, dass die Geister vielleicht auf der Seite des Ryry-Stammes sind und es dann nicht mehr wagen, uns anzugreifen.«
    »Aber jeder weiß, dass den Geistern unsere Welt meistens vollkommen gleichgültig ist«, wandte Myrwynyw ein.
    Tryskwyn wedelte mit seinen großen Ohren. »Aber müsste das denn unbedingt so bleiben?«, fragte er. »Wir sehen doch, dass die Geister mächtige Waffen besitzen. Dass sie in Schiffen fliegen, die bis zu den Sternen zu schweben vermögen, dass sie Waffen besitzen, gegen die selbst ein Todesruf nichts wäre …«
    »Das sind alles Dinge, die in unserer Welt nicht wirken!«
    »Weil die käferartigen Geister keinen Zugang zu unserer Seite der Welt haben«, erwiderte Tryskwyn. »Aber falls es uns gelingen sollte, die anderen Stämme davon zu überzeugen, dass wir jederzeit die Macht hätten, genau dies zu tun, hätten wir ein ideales Mittel, um sie einzuschüchtern!«
    Myrwynyw schwieg.
    Und Gymyn schlug amüsiert mit einem seiner stempelartigen Beine auf den Boden, sodass eine tiefe Sandkuhle dabei entstand. »Du selbst warst ja immer schon gut darin, deine persönlichen Neigungen und Begierden als Dienst an der Allgemeinheit und am Stamm zu tarnen«, lachte der alte Glücksbringer und wandte sich damit an Myrwynyw. »Aber jetzt, so scheint es mir, hast du deinen Meister in dieser fragwürdigen Disziplin gefunden!«
    »Genau jetzt!«, fuhr der Stammesälteste dröhnend dazwischen. Er breitete seine Ohren aus. Eine autoritätsgebietende Geste. Außerdem hob er den Kopf, sodass seine Stoßzähne noch besser zur Geltung kamen, deren Benutzung allerdings als barbarisch galt.
    Schließlich gab es elegantere Methoden, um seinen Gegner zu töten.
    »Höre jetzt, Glücksbringer Tryskwyn! Ich bin in meiner Amtszeit als Stammesältester in der Tat angetreten, um dem Einzelnen mehr Freiheiten zu verschaffen und das Glück eines jeden zu mehren, auf dass er nicht gezwungen sei, seine kostbare Lebenszeit mit einer zänkischen Kuh oder einem sturen Bullen zu verbringen, der einem die Tage zur Hölle macht! Aber dass jemals jemand die Freiheiten so ausnutzen würde, dass er in Leidenschaft zu einem achtbeinigen Riesenkäfer entbrennt, anstatt in der von der Natur vorgesehenen Weise eine Familie zu gründen, Nachkommen zu zeugen und darüber hinaus seine Verteidigungspflichten zu vernachlässigen in Kauf nimmt, um eine Reise mit ungewissem Ziel anzutreten, hätte ich nicht für möglich gehalten! Es muss ein Zeichen des moralischen Verfalls sein! Die Werte des Stammeswohls und der Loyalität zur Allgemeinheit scheinen über alle Maßen in Vergessenheit geraten zu sein und das in einer Weise, die ich nicht tolerieren werde!«
    »Du missverstehst mich, Stammesältester!«, erwiderte Tryskwyn.
    »Nein, ich missverstehe dich ganz und gar nicht!«, widersprach dieser. »Ich begreife sehr wohl, was dein Begehr ist – und ich werde es nochmals ablehnen. Damit fordere ich dich nun auf, mein Wort zu akzeptieren und es nicht länger öffentlich zu hinterfragen! Auch das ist ein Schaden für den Stamm. Auf Ryrys Decke steht: Wer den Anführer anzweifelt, nimmt dem Stamm die Kraft! Und genau das tust du in diesem Augenblick. Jetzt schere dich hinweg und denke gut über deine Worte nach. Ich hingegen werde tun, als wären Sie nie gesprochen worden. Du bist jung und es soll in Zukunft kein Nachteil für dich werden, dass du so unbedacht gesprochen hast!«
     
     
    Tryskwyn entfernte sich von der Feuerstelle der Bullen.
    Ohnmächtige Wut pochte in ihm. Er verspürte den unbändigen Drang, den Todesruf an seinem eigenen Stammesoberhaupt durchzuführen oder ihm gar die Stoßzähne in den Leib zu rammen.
    Natürlich hätte er diesem Drang niemals nachgegeben. Es wäre dem Gipfel an Unzivilisiertheit gleichgekommen. Kein Embaan hätte so gehandelt. Selbst in der größten Not und nach dem

Weitere Kostenlose Bücher