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Stützpunkt Roter Stern

Stützpunkt Roter Stern

Titel: Stützpunkt Roter Stern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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traute.
    Inzwischen traute ihr auch die Mehrheit der Embaan. Früher war die Logik als etwas angesehen worden, was dem Glauben an die Macht hinter der Welt widersprach. Heutzutage sahen das die Schamanen der Macht hinter der Welt jedoch nicht mehr so. Vielmehr nahmen sie an, dass diese Macht auch die Logik geschaffen und ihrer Schöpfung damit eine Sprache gegeben hatte, mit der man sie in all ihrer Vielfalt erfassen konnte.
    Selbst die Welt der Geister ließ sich mit der Mathematik und der Sprache der Logik beschreiben, wie man inzwischen festgestellt hatte. Also musste sie tatsächlich universell sein.
    Tryskwyn ließ sich bei der Bullengruppe nieder. Es machten sofort einige Nicht-Glücksbringer für ihn Platz. Obwohl Tryskwyn noch relativ jung war und noch nicht einmal eine eigene Gruppe von Kühen um sich versammelt, geschweige denn eine Familie gegründet hatte, genoss er auf Grund seines Glücksbringer-Status hohes Ansehen.
    Dass der Glückbringer-Bulle noch immer keine einzige Gefährtin erwählt hatte, war ihm bereits sehr kritisch vorgehalten worden – und es war natürlich Wasser auf die Mühlen jener Angehörigen des Ryry-Stammes, die den Stammesältesten Myrwynyw wegen seiner liberalen Hochzeitspraxis kritisierten. Hätte man nicht dafür sorgen müssen, dass dieser junge, gesunde Glücksbringer wenigstens ein oder zwei Embaan-Kühe erwählte? An Angeboten von edlen Embaan-Familien mit vielen Glücksbringern in ihren Reihen hatte es nicht gemangelt. Und es war auch keineswegs so, dass die von ihren Familien angebotenen Kuh-Töchter zu unattraktiv gewesen wären! Nicht einmal einen streitsüchtigen Charakter hätte man ihnen nachsagen können und in einem Fall wäre sogar eine Glücksbringer-Kuh dabei gewesen, was die Chance auf Nachwuchs mit drei Rüsselarmen natürlich erheblich erhöht hätte.
    Schon murmelten manche im Stamm, dass Tryskwyn vielleicht gar keine natürliche Leidenschaft für Embaan-Kühe empfinde, sondern stattdessen zu den wenigen Embaan-Bullen gehörte, die sich lieber mit anderen Bullen verbanden.
    Im Großen und Ganzen wurde Homosexualität bei den meisten Stämmen toleriert. Da es üblich war, dass ein Bulle zumeist mehrere Kühe in seinem Familienverband hatte, war eine optimale Gebärauslastung aller Kühe des Stammes auch dann gewährleistet, wenn sich ein kleiner Teil der Bullen ganz von ihnen fernhielt.
    Bei Glücksbringer-Bullen galt diese Neigung jedoch – selbst unter dem liberalen Regiment des Stammesältesten Myrwynyw – als Sakrileg gegen die Pläne der Macht hinter der Welt und als Affront gegen den Stamm.
    Tryskwyn fühlte zwar keine solche Neigung, war aber dennoch noch nicht bereit, sich zu binden und für eine Familie zu sorgen. Es gab eine Leidenschaft, die noch stärker war.
    Die Leidenschaft für die Logik .
    Für die Mathematik.
    Für all das, was es herauszufinden und zu entdecken gab. Insbesondere interessierte ihn die Welt der Geister , deren Rätsel auch die weisesten Embaan aller Stämme nicht hatten lösen können.
    Geisterseher , so nannte man ihn manchmal.
    Ein Ehrentitel für jeden Mathematiker und Logiker in den Reihen der Embaan, aber ein Schimpfwort für Glücksbringer, denn die Aufgabe eines Glücksbringers war es, den Stamm zu schützen und Glück zu bringen .
    Sei es in Form von Territorien, sei es in Form totgerufener Feinde in der Schlacht oder in Form von zahlreichen Schwangerschaften unter den Kühen seines Haushaltes, aus denen dann wieder ein hoher Anteil weiterer Glücksbringer hervorging.
    »Es freut uns, dich in unserer Runde zu sehen, Glücksbringer«, wurde Tryskwyn vom Stammesältesten Myrwynyw angesprochen. »Was ist dein Begehr?«
    »Ich wollte noch einmal mein Anliegen vortragen und um Erlaubnis für die Reise zum Ursprung des Riesenkäfer-Geistes bitten.«
    Der Stammesälteste ließ ein dumpfes Grollen hören, das aus den Tiefen seiner riesigen Lunge kam. Tryskwyn spürte die Vibrationen des Bodens. Und er wusste gleich, dass es sinnlos gewesen war, noch einmal nachzufragen.
    »Hat jemals ein Geist irgendeine konkrete Gefahr dargestellt?«, fragte der Stammesälteste nun. »Ist es jemals einem Geist gelungen, stofflich zu werden und mehr Störungen zu verursachen, als dass er einem lästig wird?«
    »In der Legende …«
    »In der Legende! Genauso ist es! Aber diese Legenden sind vielleicht nur Geschichten, Glücksbringer Tryskwyn! Geschichten, deren Aufgabe es war, die Langeweile an den nächtlichen Feuern zu vertreiben und die

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