Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Stützpunkt Roter Stern

Stützpunkt Roter Stern

Titel: Stützpunkt Roter Stern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
Vom Netzwerk:
einfach klein bei zu geben. Er hatte sich vorgenommen zu kämpfen und alles in die Waagschale zu legen, was es auf seiner Seite an Argumenten gab.
    »Habt ihr nicht auch den fliegenden Riesenkäfer mit den acht Beinen gesehen?«, rief er.
    Eine rhetorische Frage. Niemand hatte dieses Ereignis übersehen können. Der ganze Niederkanal und selbst der Oberkanal und die Stämme an der Südküste des Großsees waren darüber kurzzeitig in Aufruhr geraten.
    »Ihr müsst seine Rufe gehört haben. Ihr müsstet die Muster gesehen haben, die er auf seiner Oberfläche erzeugte. Und es müsste euch klar gewesen sein, dass dieser Geist der erste seit tausend Generationen war, der tatsächlich stofflich gewesen ist!«
    »Das ist eine Theorie«, hielt der Stammesälteste dagegen. »Eine Theorie, die einige mathematisch begabte Schamanen vertreten, die lieber bei der Macht hinter der Welt für eine höhere Rate von Glücksbringer-Geburten beten sollten, anstatt sich mit der Welt der Geister zu befassen, die letztlich auf uns kaum einen Einfluss hat!«
    »Da bin ich anderer Meinung!«, sagte Tryskwyn. »Wenn dieser große Geist mit seinen acht Beinen es schaffen konnte, in unsere stoffliche Welt einzutreten, dann könnten das in Zukunft auch andere Geister versuchen – so wie sie es der Legende nach in früheren Zeitaltern einmal konnten!«
    »Es gibt keinen Beweis dafür, dass diese Legenden wahr sind«, sagte der Stammesälteste. »Genauso wie ich nicht glaube, dass von diesem Riesengeist, der über unser Land schwebte, eine reale Gefahr ausgeht! Von unseren Nachbarn, dem Wyry-Stamm allerdings schon! Und der hat im Moment fast doppelt so viele Glücksbringer wie wir! Also werden wir uns darauf einstellen müssen, dass die Wyry früher oder später ihr Territorium auf unsere Kosten vergrößern werden!«
    Tryskwyn hatte wie alle Ryry natürlich von dieser Bedrohung gehört. Im Moment führte der Wyry-Stamm noch Krieg gegen zwei kleinere Stämme des Oberkanals, die sich als ziemlich widerborstig erwiesen und um keinen Preis bereit waren, von ihrem Territorium etwas abzugeben. Aber sobald diese Auseinandersetzungen einmal beigelegt waren – und niemand zweifelte ernsthaft daran, dass das durch einen Sieg der Wyry geschehen würde – dann bestand für die Ryry eine ernste Gefahr.
    Verschiedentlich hatte es deswegen Vorschläge gegeben, die Wyry anzugreifen, solange diese noch Teile ihrer Kräfte im Krieg mit den Oberkanal-Stämmen gebunden hatten.
    Doch für eine solche Entscheidung hatte Myrwynyw der Mut gefehlt.
    »Mögen die Schamanen und Gelehrten dem Phänomen der Geister mit Hilfe der Mathematik oder des Glaubens auf den Grund gehen, wie es ihnen beliebt!«, sagte Myrwynyw. »Aber eines steht fest: Das ist eindeutig nicht die Aufgabe eines Glücksbringers. Also untersage ich dir eine Reise und alle weiteren Aktivitäten in diese Richtung!«
    »Warst nicht du es, der bei seinem Amtsantritt gesagt hat, dass jeder seinen Neigungen folgen müsse?«, antwortete Tryskwyn.
    Alle hielten in diesem Moment den Atem an, denn normalerweise entsprach es nicht dem guten Ton, noch einmal nachzuhaken, wenn der Stammesälteste in so eindeutig ablehnender Weise bereits Stellung genommen hatte.
    Tryskwyn wollte jetzt alles auf einen Trompetenstoß setzen.
    So wie beim Todesruf in der Schlacht.
    »Ja, das habe ich gesagt«, stimmte der Stammesälteste zu. »Aber damit meinte ich nicht, dass man jegliche Pflichten gegenüber dem Stamm vernachlässigen dürfe, sondern nur, dass es für Bullen wie für Kühe möglich sein muss, sich einen Gefährten oder eine Gefährtin der eigenen Neigung zu nehmen, anstatt sich dem Diktat des Clans beugen zu müssen!«
    »Hört! Hört!«, mischte sich Gymyn ein. »Man sieht ja, wozu das geführt hat! Wenige Glücksbringer und eine aufmüpfige Jugend, die sich mehr für Geister mit acht Beinen interessiert, als dafür, die Pflicht gegenüber dem Stamm zu erfüllen!«
    »Es ist nun mal meine Neigung, dieses Geheimnis zu ergründen und ich glaube kaum, dass die Mittel der Gelehrsamkeit dazu ausreichen«, stellte Tryskwyn fest. »Und ich glaube, dass diese Neigung für den Stamm genauso nützlich sein könnte, wie die Geburt vieler Glücksbringer.«
    Myrwynyw stieß einen dröhnenden Laut aus, der den Boden erzittern ließ und seine Heiterkeit zum Ausdruck brachte.
    »Wie willst du dieses abseitige Interesse, das sehr wohl allein mit den Mitteln des Geistes befriedigt werden könnte, mit den Interessen der

Weitere Kostenlose Bücher