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Stummer Zorn

Stummer Zorn

Titel: Stummer Zorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlaine Harris
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„Gut", sagte ich, als ich wieder sprechen konnte. Ich hörte sie hinter mir seufzen.
    Dann grüßte uns Cully von der Tür her, und der Augenblick war vorbei. Ich grub das Sägemesser aus, um für unsere Sandwiches ein paar Scheiben meines selbstgebackenen Brotes abzuschneiden. Cully wollte auch eins.
    „Wann kommt denn Barbara?" fragte Cully, als wir auf den Bänken in der Frühstücksnische saßen und unsere Mahlzeit verschlangen.
    „Zwischen neunzehn Uhr dreißig und zwanzig Uhr", sagte Mimi undeutlich. „Wir decken im Wohnzimmer, und wir müssen uns noch überlegen, wann der Truthahn in die Röhre muß, und sie wird den Vogel festhalten, während ich hineingreife, um die Innereien herauszuholen. Ich glaube ehrlich gesagt, ich habe ihn zu spät aus der Tiefkühltruhe geholt. Ich glaube, er ist innen noch gefroren."
    „Zieh Gummihandschuhe an", riet Cully. „Das hat Rachel immer getan."
    Na toll.
    Das Telefon klingelte, als ich auf halbem Wege zur Arbeitsplatte war, um mir entweder ein weiteres Sandwich zu machen oder Mimi und Cully mit dem Hackbraten zu bewerfen. Ich nahm den Hörer unseres brandneuen Küchenwandtelefons ab. (Mimi hatte es satt gehabt, zum Reden im Flur zu stehen, und das alte entfernen lassen.)
    „Hallo? Kann ich Nickie sprechen?"
    „Mutter?" Ich fühlte mich plötzlich alt. Ich spürte die Stille hinter mir, als Mimi und Cully zu essen aufhörten.
    „Baby? Rate, von wo ich anrufe!"
    Oh nein, bitte nicht vom Stadtrand von Knolls. Sie war mich einmal so bei Miss Beachams besuchen gekommen. Sie klang nicht betrunken. Aber unsicher, zittrig. Ich spürte, wie sich mein Gesicht in Falten legte.
    „Ich weiß nicht, Mutter. Von wo?"
    „Na ja." Ich hörte sie tief Luft holen. „Ich habe mich vor zwei Wochen selbst in eine Entzugsklinik eingeliefert."
    „Was?" Mir war schwindlig, und ich setzte mich mit einem dumpfen Knall auf den Boden, ohne den Hörer loszulassen. Ich zog die Knie hoch. „Du hast was?"
    „Seit zwei Wochen trocken", sagte sie und begann zu weinen.
    „Oh", staunte ich. „Oh, Mama!" All die Jahre fielen von mir ab. Ich schlug mir vor Freude mit der Faust aufs Knie. „Mama! Wirklich? Wirklich?"
    „Dies ist mein erster Anruf', sagte sie. „Sie lassen einen zwei Wochen lang nicht telefonieren, bis sie sicher sind, daß man nicht darum bettelt, abgeholt zu werden."
    Ich registrierte, daß sie nicht Jay angerufen hatte.
    „Wo ist er?" Ich mußte das „Er" nicht spezifizieren.
    „Fort." Ihre Stimme klang sehr gefaßt. „Ich habe gewartet, bis er die Stadt verlassen hatte. Ich bin wirklich so was wie ein Feigling, Nickie. Ich bin froh, daß du jetzt erwachsen bist. Vielleicht verstehst du mich jetzt. Ich habe gewartet, bis er fort war. Dann habe ich die Scheidung eingereicht und alle Schlösser auswechseln lassen, und dann habe ich eine Tasche gepackt und bin hergekommen, nachdem ich meinen Arzt angerufen hatte. Ich war so betrunken, daß ich es fast nicht geschafft hätte. Tatsächlich habe ich am Eingang ein paar Büsche plattgefahren. Aber sie haben mich genommen."
    Die Tränen flossen, hinterließen ihre Spuren in stundenlanger Arbeit. Ich winkte Mimi panisch zu, und sie gab mir eine Serviette, um sie abzutupfen. Ich spürte durch den dünnen Morgenmantel das kalte Linoleum des Küchenfußbodens. Meine Gesäßmuskeln krampften. Es war mir egal.
    „Bist du noch da, Süße?" Die brüchige Stimme klang wieder ängstlich.
    „Du bist wunderbar", sagte ich. „Oh, Gott segne dich, Gott segne dich."
    ,Ach was, wunderbar", antwortete meine Mutter mit einem Hauch Erheiterung in der Stimme. „Vierzehn Jahre zu spät. Nicht wunderbar, und es ist auch noch lange nicht vorbei."
    „Du wirst es schaffen", sagte ich enthusiastisch und versuchte, meine Hoffnung durch den Telefonhöret zu quetschen.
    „Gestern habe ich das das erste Mal wirklich geglaubt", flüsterte sie.
    „Das wirst du auch." Ich hielt inne. „Hast du was von ihm gehört?"
    „Er kann nicht anrufen", sagte sie selbstzufrieden. „Ich gehe nicht ans Telefon."
    „Juhu! Gut so, Mama!"
    „Ich muß auflegen, Nickie. Der Weg aus diesem Wald heraus ist weit. Erwarte nicht zuviel."
    „Glaubst du, du bist vielleicht bis Weihnachten raus?"
    „Ich weiß nicht. Ich hoffe es. Vielleicht fühle ich mich bis dahin stark genug."
    „Wenn, dann komme ich heim", versprach ich. Ich schrieb mir Adresse und Telefonnummer der Klinik auf.
    „Das wird mir ein Ziel geben - Weihnachten", sagte sie und kicherte. Dieses Kichern

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