Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Stunde der Vergeltung (German Edition)

Stunde der Vergeltung (German Edition)

Titel: Stunde der Vergeltung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shannon McKenna
Vom Netzwerk:
unterbreiten.«
    »Oh, wirklich?« Sie warf den Kopf zurück und blitzte ihn mit tränenverschleierten Augen an. »Was soll das sein?«
    »Drago Stengl«, sagte er.
    Der Haarschmuck fiel ihr aus der Hand und hüpfte klimpernd über den Boden. Ihr Gesicht wurde aschfahl.
    »Niemand weiß davon. Wie … ?« Ihre Stimme war ein trockenes Wispern. Die Veränderung in ihren Augen traf ihn bis ins Mark. Er fühlte sich, als hätte er ihr ein Messer in die Brust gestoßen.
    »Da war dieses Foto von dir in Novaks Akte«, erklärte er. »Es muss vor einigen Jahren bei einem Gedenkgottesdienst für die Opfer des Massakers von Zetrinja aufgenommen worden sein. Ich habe ein paar Recherchen angestellt und herausgefunden, wer den Befehl gab. Ich dachte, du hättest vielleicht Interesse an … Neuigkeiten über ihn.«
    »Neuigkeiten? Über den Mann, der meinen Vater ermordet hat? Ich will mehr als nur Neuigkeiten.« Ihre Stimme war emotionslos, fast tot. »Ich will sein Blut. Ich will ihn auf der Streckbank sehen. Ich will, dass er in der Hölle schmort.«
    Val erkannte, dass er gewonnen hatte. Er hatte sie am Haken, aber diese Erkenntnis verschaffte ihm keine Genugtuung. Im Gegenteil. Er kam sich wie ein Stück Scheiße vor, weil er sie auf diese Weise missbrauchte und mit einem Messer in alten Wunden stocherte.
    »Wo ist er?«, fragte Tam.
    »Ich kenne seinen Aufenthaltsort noch nicht, aber ich habe brauchbare Hinweise«, sagte er ausweichend. »Ich werde dir helfen, ihnen nachzugehen. Als Gegenleistung für deine Unterstützung bei meinem Projekt.«
    Sie lachte humorlos. »Projekt? Was für eine hübsche Umschreibung. Was meinst du mit ›Hinweise‹? Wenn du mich reinlegst, schwöre ich bei Gott, dass ich dich kaltmache.«
    »Ich weiß, wo seine Tochter ist.«
    Ihre weiche, helle Kehle bewegte sich, als sie heftig schluckte. »Ana«, flüsterte sie.
    »Ja, Ana. Sie lebt in Italien und ist mit einem italienischen Geschäftsmann verheiratet, der Beziehungen zur Camorra unterhält. Ich habe jemanden vor Ort, der sie nicht aus den Augen lässt. Eine Klientin von mir, die Frau eines Camorra-Bosses, kann uns mit ihr bekannt machen. Ich kann diesen Kontakt zu unserem Vorteil nutzen. Wenn du es willst.«
    »Wenn … ich … es … will«, echote sie tonlos. Steele starrte ihn an, vielmehr durch ihn hindurch. Sie hatte vergessen, dass er da war. Sie blickte Jahre zurück auf etwas, das er nicht sehen konnte und auch nicht sehen wollte. Aus dem gehetzten Ausdruck in ihren Augen schloss er, dass das Ganze noch so präsent war, als würde es hier und jetzt passieren.
    Val konnte es ihr nachempfinden. Es gab auch in seinem Leben Erinnerungen, die sich so unauslöschlich in sein Gedächtnis eingebrannt hatten, dass sie ihren Schatten auf jeden einzelnen Tag warfen.
    Er nahm all seinen Mut zusammen. »Also?«, fragte er. »Haben wir eine Abmachung?«
    Tamara gab ein würgendes Geräusch von sich, schlug die Hand vor den Mund und stürzte aus der Tür. Ihre hastigen, klackenden Schritte entfernten sich über den Flur.
    Val krallte die Hand in den Türrahmen. War das ein Ja gewesen? Nichts war bei dieser Frau je eindeutig.
    Drei Schritte zurück , ermahnte er sich, aber es hatte keinen Zweck. Die Emotionen, von denen er sich abzulösen gelernt hatte, waren mit diesen überhaupt nicht vergleichbar. Sie hatten keinen Platz, kein Existenzrecht. Es waren unbequeme Empfindungen: Begierde, Schuldbewusstsein. Und Trauer.
    Imre . Val sammelte den Haarschmuck ein, nahm die Videokamera an sich und schlüpfte am Ende des Korridors durch eine Tür, die nach draußen führte. Er bahnte sich einen Weg durch den Wald zum Parkplatz. Es war bitterkalt. Er hatte sich nicht die Mühe gemacht, seinen Mantel zu holen, aber nach der Begegnung mit Tam fühlte er sich ohnehin noch immer, als würde er lichterloh brennen.
    Er könnte mit seiner Hitze die Pole auftauen.
    Val stapfte über gefrorene Blätter und Zweige, die unter seinen rutschigen Anzugschuhen knackten, dann setzte er sich in seinen Wagen. Er hoffte verzweifelt, dass er sich hier in ein Wireless-Netz einklinken konnte. Er wollte nicht von Tam und Rachel wegfahren. Schlimm genug, dass er sie überhaupt aus den Augen lassen musste.
    Val fuhr den Laptop hoch. Gott sei Dank. Er hatte Internetzugang. Er stellte die Verbindung her und aktivierte die winzige, in den Monitor integrierte Kamera. Dann lud er das digitale Videomaterial hoch.
    Die Bearbeitung verursachte ihm Herzrasen. Die Aufnahmen waren zu gut,

Weitere Kostenlose Bücher