Stunde der Vergeltung (German Edition)
zur Seite und küsste mit seinen weichen, warmen, geschickten Lippen ihre Handfläche. »Nein«, beharrte er stur. »Dein Versprechen wird echt sein.«
Tam schüttelte den Kopf. »Du bist hoffnungslos romantisch, Val, ist dir das klar?«
»Ich schätze schon. Seit ich dich kenne, bin ich das.«
»Ich sage es dir nicht gerne, aber ich bin die unromantischste Person auf diesem Planeten. Was nicht bedeutet, dass ich keine Gefühle habe. Ich habe all diese Dinge getan, eben weil ich Gefühle habe. Ich wünschte, ich könnte dir das begreiflich machen.«
»Ich verstehe es durchaus.« Val nahm ihre Hand und rieb sie an seiner Wange. »Trotzdem lehne ich es ab. Ich werde so etwas von der Frau, die ich liebe, nicht verlangen. Ich würde es von mir selbst nicht verlangen. Damit ist das Gespräch beendet.«
Liebe . Das Wort ließ sie vor wundervollem Entsetzen erschaudern. Und da war noch etwas anderes, etwas Namenloses, Süßes, Gefährliches, das durch sie hindurchtoste, sie aus dem Gleichgewicht brachte wie ein Windstoß, der einen Baum schwanken ließ.
Instinktiv wehrte sie das Gefühl ab. »Leg dir eine härteres Fell zu, Val.«
»Lass es gut sein jetzt«, knurrte er. »Das Thema ist im Moment nicht relevant. Wir haben diese Brücke Gott sei Dank hinter uns abgebrochen.«
»Ganz und gar nicht«, widersprach sie brüsk. »In Lukschs Augen bist du einfach ins Zimmer geplatzt und hast mich entführt. Ich könnte ihn kontaktieren, seiner Eitelkeit schmeicheln … «
»Nein!«
Sie seufzte. »Ach, verdammt, Val. Willst du Imre nun retten oder nicht?«
»Das hat nichts miteinander zu tun. Allein der Gedanke ist unerträglich. Lass mich dich einfach nur beschützen. Bitte. Dieses eine Mal.«
Tam war überrascht und gerührt. »Ich brauche keinen Beschützer.«
»Natürlich nicht«, antwortete er erschöpft. »Aber das interessiert mich einen feuchten Dreck. Ich möchte es trotzdem tun.«
Sie schüttelte den Kopf.
Er fasste nach ihrer Schulter, drückte und rüttelte sie. »Tamar. Meine Liebe.« Seine Stimme klang unendlich müde. »Wenn jemand mir anbieten würde, mich zu beschützen, würde ich ihm nicht ins Gesicht spucken. Ich wäre geschmeichelt. Vielleicht sogar … gerührt.«
Sie lächelte im Dunkeln. »Benötigst du Schutz, Val?«
»Nein. Trotzdem wäre es schön, wenn es jemandem wichtig genug wäre, es zu versuchen.«
Tam schmiegte das Gesicht an seine Schulter und leckte darüber, genoss den kräftigen, salzigen Geschmack seines getrockneten Schweißes. Sie entspannte sich, umhüllt von seiner Wärme, seiner Kraft, atmete ein und stellte fest, dass auch ihr Brustkorb sich entspannt hatte.
Sie atmete so tief, so unverkrampft.
Val hatte recht. Es wäre zwecklos, zu versuchen, jemanden wie sie zu beschützen. Trotzdem war es unglaublich schön, dass sie ihm wichtig genug war, um es zu versuchen.
Ohne Vorwarnung ging die Deckenlampe an. Tam und Val fuhren gleichzeitig hoch. Tam stürzte zu ihrer Handtasche mit der Pistole …
Falscher Alarm. Es war nur Signora Concetta, die mit vor Entsetzen geweiteten Augen und der Hand auf dem Lichtschalter im Zimmer stand. Sie bekreuzigte sich.
Tam hangelte nach dem Handtuch, das auf dem Boden lag, und wickelte es um sich. Val hatte mit Prüderie nichts am Hut. Er stand auf, nahm seine Hose und schlüpfte hinein, langsam und ohne Hast.
Die Frau begutachtete Vals Körper einen langen Moment, dann ließ sie ein tiefes, verschleimtes Räuspern hören. Sie sah aus, als müsste sie sich ein Lächeln verkneifen, auch wenn die Mimik ein wenig eingerostet wirkte.
» Scusatemi . Sie wollten ein Abendessen«, erklärte sie steif.
»Das stimmt«, bestätigte Val. »Das tun wir noch immer. Jetzt umso mehr.«
Die gute Frau hatte Vals Vorschlag, ihnen Wein, Brot und Käs e zu bringen, als Herausforderung verstanden, ihren Tod durch Essen herbeizuführen. Der Anschlag startete mit einem Krug voll selbst gemachtem Wein und zwei rustikalen Trinkbec hern. D az u reichte sie einen Brotlaib mit dicker Kruste , ein Stück Käse mit einer schmuddeligen grünen Rinde, die aussah, als hätte man sie in totem Gras gewälzt, und einem cremigen, gelbweißen Inneren, das mächtig nach Schaf roch. Und schl ießlich gab es auc h noch ein gigantisches, phallusförmiges Stück Salami aus eigener Herstellung.
» Cinghiale «, erklärte die Signora stolz. »Wildschwein. Meine Söhne haben es erlegt.«
Dann ging sie hinaus und beugte sich über eine enorm große Schubkarre. Sie begann,
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