Stunde der Vergeltung (German Edition)
wahrscheinlich sogar einen Gefallen tun, wenn er ihm ein paar Minuten lang die Nase zuhielte, sobald er mit Hegel fertig war.
Auch Hegel lag nicht allein in seinem Zimmer, wie András zu seiner Verärgerung feststellen musste. Er hatte eigentlich nicht vorgehabt, in dieser Nacht ein Massaker im großen Stil anzurichten. Wenigstens schlief der andere Mann. Es war eine ausgezehrte Gestalt mit einem grauen Gesicht, dessen zahnloser Mund weit offen stand.
Hegel hatte die Augen geschlossen. Sein Kopf war bandagiert, ein Arm eingegipst. András schnappte sich den Schwesternnotrufknopf, der am Ende eines Plastikkabels baumelte, und schlang ihn hoch oben über den Tropfständer, der neben dem Bett stand, um ihn aus Hegels Reichweite zu bringen. Er zog sich einen Stuhl heran und setzte sich darauf.
Das Scharren des Stuhls veranlasste Hegel, die Augen zu öffnen. Sie weiteten sich vor Entsetzen, als er seinen Besucher erkannte. András hielt schon den Gummiball bereit und stopfte ihn Hegel in den Mund. Er fixierte ihn mit einem Gummiriemen, den er hinter seinem Kopf verknotete. Anschließend fesselte er Hegels unversehrte Hand mit einem Kabelbinder an das metallene Bettgestell und zog ihn fest genug, um die Blutzirkulation zu unterbrechen.
Er legte eine Hand schwer auf den Hals des Mannes und übte brutalen Druck auf seinen Kehlkopf aus. »Wir müssen uns unterhalten«, sagte er. »Mein ursprünglicher Plan sah vor, dir ein paar Minuten lang wehzutun, bevor wir ernsthaft damit anfangen, dich von meiner Entschlossenheit zu überzeugen, aber du bist im Moment wahrscheinlich mit Schmerzmitteln vollgepumpt. Meine Kunstfertigkeit wäre bei dir verschwendet. Aber ich könnte deinen Augapfel durchstechen, zum Beispiel damit.« Er hielt eine lange, glänzende Nadel hoch. »Oder hiermit eins deiner Ohren absäbeln.« Er präsentierte ihm die gezackte Klinge aus dem Sortiment seines Taschenmessers.
Hegel traten die Augen aus dem Kopf. Aus seiner Kehle drang ein gurgelnder Laut.
»Wahlweise könnten wir diesen Teil der Unterhaltung überspringen und über Tamara Steele und Val Janos reden«, schlug András vor.
Hegel nickte hektisch.
»Ich werde den Knebel entfernen«, sagte András. »Solltest du lauter als im Flüsterton sprechen, werde ich ihn wieder reinstopfen, dir ein Ohr absägen und in ein Auge stechen. Haben wir uns verstanden?«
Ein weiteres hektisches Nicken. András fasste hinter ihn, lockerte den Gummiriemen, nahm den Ball heraus und wischte den Speichel an Hegels Decke ab.
Hustend starrte der PSS -Agent sein Gegenüber mit weit aufgerissenen Augen an. Sein Schweinsgesicht glänzte vor Angstschweiß.
András fasste in seinen Aktenkoffer und nahm den Laptop heraus, den er nach seinem Gespräch mit Ferenc aus Hegels Hotelzimmer gestohlen hatte. Er klappte ihn auf, stellte ihn auf die Brust des Mannes und nahm den Kabelbinder ab, der seinen Arm an das Bett fixierte. »Das Passwort, bitte.«
András sah genau hin, als Hegel mit zittrigen Stummelfingern eine Abfolge aus Buchstaben, Zahlen und Symbolen in den Computer eingab. Er speicherte das Passwort in seinem Gedächtnis ab.
»Und nun erklär mir, wie du Janos und Steele observiert hast.«
Hegel räusperte sich. »Janos hat einen Hochfrequenzsender in seinem Körper implantiert.« Seine Stimme war belegt und heiser. »Er weiß nichts davon.«
András lachte. »Wie abscheulich von dir, Hegel. Das ist hinterhältig. Jetzt nenn mir die Frequenz und wie die Tracker-Software funktioniert.«
Hegel schluckte und leckte sich die Lippen. »Aber ich kann nicht … «
Popp , steckte der Ball wieder in seinem Mund, und András presste seine Hand darauf. »Ich will diese Worte kein zweites Mal hören«, zischte er. »Zuerst deine Augen, danach deine Ohren. Ist diese Ratte Luksch das wirklich wert?«
Hegel presste die Lider zusammen und schüttelte den Kopf.
András nahm die Hand weg, woraufhin der andere Mann den Ball herausdrückte und verzweifelt hustete. András gestikulierte zu dem Laptop. »Erzähl mir alles«, verlangte er sanft.
Es dauerte zwanzig Minuten, um dem Mann sämtliche technischen Informationen zu entlocken: die Frequenz des Trackers, den Gebrauch der Software, wie man auf archivierte Daten Zugriff nahm, wie die Echtzeitüberwachung funktionierte. Das alles erschien relativ unkompliziert für András, der schon viele Male ähnliche Technologien benutzt hatte.
Er starrte auf den Monitor und prägte sich den exakten Standort ein, wo Janos sich in dieser
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