Stunde der Vergeltung (German Edition)
verbergen. Sein Gesicht wurde faltig vor Entzücken.
»Ah, ja«, murmelte er unter keuchendem Gelächter. »Das wird großartig werden. Es wird mir weitere Monate schenken, womöglich ein ganzes Jahr. Fantastisch.«
Tam zitterte vor blanker Furcht. Ihr »Leck mich am Arsch«-Kampfgeist war komplett erloschen. Novak hatte sie, und sie beide wussten es. Selbst der Zungenstecker war nun nutzlos. Er würde ihr niemals nahe genug kommen, damit sie ihn einsetzen könnte – nicht bevor er mit Rachel fertig war. Und dann wäre es nicht länger relevant, ob sie lebte oder nicht.
Wenn sie die Kapsel zerbrechen und als Erste sterben würde, nahm ihnen das womöglich den Spaß daran, Rachel wehzutun, aber das war eher unwahrscheinlich. Außerdem konnte sie ihre Tochter nicht hier allein zurücklassen, solange sie noch am Leben war. Es bestand schließlich noch immer die Chance, dass er ihr doch nahe genug kam, bevor er sich an ihrem Kind vergriff. Nahe genug, um sich an ihrem Elend zu weiden. Sie durfte die Hoffnung nicht aufgeben.
»Wo ist sie?« Tam presste die Frage zwischen bebenden Lippen hervor.
»Nah, sehr nah«, antwortete Novak. »Wir haben darauf gewartet, dass sie aufwacht. Der Schwachkopf, der sie herbrachte, hat ihr eine zu hohe Dosis Schlafmittel für den Flug verabreicht. Offenbar hat er keine Erfahrung im Umgang mit kleinen Kindern. Das Mädchen war praktisch im Koma, als sie endlich eintraf, aber meine Leute haben mir versichert, dass sie sich in den letzten paar Stunden gut erholt hat. Tatsächlich hört sie nicht auf zu brüllen. Ich werde András in ein paar Minuten losschicken, um sie zu holen, dann können wir anfangen.«
Der Druck auf Tams Brust verstärkte sich. Eine eiserne Kralle der Angst schloss sich um ihre Lungen, um ihr Herz, die sie zu zerquetschen drohte. Tam hatte immer geglaubt, das Schlimmste gesehen und das Schlimmste gefühlt zu haben, was es zu fühlen gab.
Wie dumm von ihr. Wie naiv. Wie fantasielos.
»Wir haben dich für die Reise hierher betäubt«, fuhr Novak fort. »Hauptsächlich wegen deiner Reputation für clevere Fluchten und nichtlineares Denken. Du solltest dich geschmeichelt fühlen.«
Er klang, als würde er ihr ein Kompliment aussprechen. Der Teil ihres Gehirns, der noch zu klaren Überlegungen fähig war, staunte über den grotesken Widersinn. Einer Frau zu schmeicheln, die an den Handgelenken von einem Haken baumelte. Erwartete er etwa, dass sie lächelte? Sich bedankte?
Sie musste ihn nahe genug zu sich locken, um ihn anspucken zu können. Es wäre besser gewesen, ihn zu küssen, damit das Gift direkt in seinen Mund gelangte, aber krank wie er war, würde es womöglich ausreichen, es ihm ins Gesicht zu spucken.
Tam atmete tief ein, sammelte ihre Kraft. Ihre Lippen zuckten. Sie musste sie zur Ruhe bringen, musste etwas Speichel in ihren Mund bekommen. Novak musste näherkommen. Nur ein kleines bisschen. Bitte .
»Zum Glück brauche ich mir wenigstens keine Sorgen zu machen, dass Sie mich ficken«, provozierte sie ihn. »Ihr Atem stinkt so entsetzlich, als wäre etwas Ihre Kehle hinabgekrochen und dort gestorben. Bitte, hauchen Sie mich um Gottes willen nicht an. Treten Sie zurück. Sonst muss ich kotzen.«
Novaks Augen wurden groß, ihr Ausdruck seltsam leer. »Oh, ja«, flüsterte er. »Du bist stark. Du wirst lange durchhalten. Die Starken sind die Besten. Wer weiß? Vielleicht wird das, was ich deiner Tochter anzutun gedenke, sogar meine sexuelle Erregbarkeit wiederbeleben. Wir werden sehen, hm?«
Aber er trat nicht näher, ganz gleich, wie verzweifelt Tam ihn im Stillen anflehte. Er war zu wachsam, um darauf reinzufallen, auch wenn er sie für wehrlos hielt. Sein Widerstand gegen jede Manipulation erfolgte automatisch. Zudem schlummerte in ihm nicht die geringste sexuelle Energie. Tam hätte ihren Trick auf einer anderen Ebene versuchen müssen. Scheiße . Sie hatte aus reiner Gewohnheit auf Sex zurückgegriffen, da das bei den meisten Männern funktionierte – nur nicht bei ihm. Sie hatte es versaut, und ihr armes Mädchen würde dafür büßen müssen.
Novak sprach wieder.
Konzentriere dich. Bleib fokussiert, solange es dir möglich ist. Bleib fokussiert für Rachel.
»… darauf zu warten, dass Janos dich zu mir bringt«, sagte Novak gerade. »Er brauchte zu lange, darum schickte ich András, um die Dinge zu beschleunigen. Ich dachte mir, dass du diese filmische Erinnerung an eure stürmische Romanze bestimmt genießen wirst.«
Für einen Moment
Weitere Kostenlose Bücher