Stunde der Wahrheit
dich, sehr sogar, aber er würde niemals von sich aus auf dich zukommen. Dafür verabscheut er sich zu sehr.« Das zu hören machte Emma traurig und sie wünschte sich nichts sehnlicher, als zu ihm zu fahren, doch wie sollte sie ihn umstimmen? »Aber wenn er immer noch nicht darüber hinweg ist, was bringt es dann, zu ihm zu fahren? Er wird mich sowieso wieder in ein Taxi setzen und zurückschicken.«
»Wird er nicht, dafür sorge ich schon«, versprach Eric und gab Gas. Sein entschlossener Ton ließ Emma verwundert aufblicken. »Darf ich dich was fragen?«
»Nur zu.«
»Wann hast du dich entschlossen, ihm zu verzeihen? Wenn ich mich recht erinnere, hast du beim letzten Mal gesagt, dass du nicht nur für Liam gearbeitet hast, weil er dich gezwungen hat, sondern weil du James leiden sehen wolltest. Wann hat sich das geändert? Wann bist du gut geworden?« Das brachte ihn zum Lachen.
»Wer sagt denn, dass ich gut bin?«, fragte er augenzwinkernd, doch Emma ging nicht darauf ein. Im Moment war ihr ganz und gar nicht nach Spielchen zumute und als er ebenfalls zu dem Entschluss kam, seufzte er resigniert.
»Ich weiß nicht. Früher hat es mir Genugtuung verschafft, ihm hinterher zu reisen und seine Touren zu vermasseln. Aber als er dich kennengelernt hat, hat sich etwas in ihm verändert. Ich meine, er hat schon vorher aufgehört … naja das zu machen, was wir eben getan haben, aber da hatte er sich trotzdem noch mit genügend Frauen vergnügt. Mit dir hat sich alles geändert. Dann hat Liam
dich
mit einbezogen und das hat mir überhaupt nicht gefallen. Du erinnerst dich vielleicht noch, wie ich reagiert habe, als ich dich in der Bar gesehen habe. Da wollte ich auf keinen Fall, dass er dir über den Weg läuft.« Sie erinnerte sich nur allzu gut daran. Damals hatte sie nicht verstanden, warum Eric sie unbedingt da raus haben wollte, nun, jetzt wusste sie es.
»Und als Liam euch dann bedroht hat und James wie ein Häufchen Elend vor mir saß da, und ich kann nicht glauben, dass ich das jetzt sage, hatte ich Mitleid mit ihm und das erste Mal an mir gezweifelt. Wenn ich jetzt daran denke, wie viel Energie und Jahre ich meines Lebens verschwendet habe, um ihm das Leben zur Hölle zu machen, kommt es mir mehr als armselig vor.«
»Wow, du kannst ja richtig tiefgründig sein«, stellte Emma erstaunt fest und meinte es absolut ernst. Sie musste allerdings grinsen, als er ihr einen bösen Blick zuwarf.
»Keine Sorge, ich behalte es für mich«, schwor sie.
Eric parkte seinen Wagen direkt vor dem Tor, dann stellte er den Motor ab und wandte sich an Emma:
»Dann heißt es jetzt wohl Lebewohl.« Emma war gerade dabei, ihren Gurt aufzuschnüren und blickte nun verwundert auf.
»Wieso? Ziehst du etwa weg?«
»Wenn man genau sein will, war ich hier sowieso nur zu Besuch. Ich bin mal hier und mal dort. Außerdem bleibe ich gern in Bewegung.
»Ja«, sagte sie und lachte.
»Das passt zu dir. Also dann«, sagte sie und war sich unschlüssig, wie sie ihn verabschieden sollte, geschweige denn, was sie dabei empfand. Sie hatte ihn überwiegend als eingebildeten Rüpel kennengelernt, doch er hatte ihr nicht nur einmal das Leben gerettet. Außerdem war es allein ihm zu verdanken, dass sie nicht entführt wurde und wieder mit James zusammenkam - wenn auch nur für kurze Zeit. Und auch jetzt bemühte er sich darum, dass die beiden sich aussprachen. Sie konnte ihn also unmöglich als denjenigen behandeln, den sie vor wenigen Monaten kennengelernt hatte. Eric besaß ein gutes Herz, egal, wie sehr er sich um ein Bad Boy Image bemühte. Zu seiner Verblüffung beugte sich Emma zu ihm herüber und schloss ihn fest in die Arme.
»Ich hoffe, dass du jemanden findest, der dich glücklich macht«, sagte sie. Damit gab sie ihm einen Kuss auf die Wange und stieg aus dem Wagen. Als sie das Tor passiert hatte, welches zu ihrer Verwunderung offen stand (sie vermutete ganz stark Eric dahinter), drehte sie sich noch einmal zu ihm um. Er saß mit heruntergekurbeltem Fenster in seinem Wagen und blickte ihr nach, wahrscheinlich, um sicher zu gehen, dass James ihr auch die Tür öffnete. Dann holte sie tief Luft und drückte die Klingel. Während sie mit klopfendem Herzen seinen Schritten lauschte, rief sie sich etwas in Erinnerung: James hatte eine dunkle Vergangenheit, eine, die ihm womöglich ewig nachhängen würde und das bedeutete, dass sie daran arbeiten mussten.
Und da sie unter keinen Umständen ein weiteres Mal verletzt werden wollte, hatte
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