Stundenlohn für flotte Gangster
war
Gesangslehrerin. Und sie bekam ein Kind von mir.“
„Oh!“
„Ein Mädchen. Anna.“
„Dann ist diese Anna heute 30.“
„29. Du musst die Zeit der
Schwangerschaft abrechnen. Sie dauert im Allgemeinen neun Monate, Doktor.“
„Ich bin kein Frauenarzt, du
Mistbrocken. Ich muss mich mit Typen wie dir rumärgern.“
„Ich habe mich damals benommen
wie ein Stück Dreck, Arthur. Ich war zu der Überzeugung gekommen, dass Eleonore
besser in mein Leben passt. Außerdem bestand unsere Ehe seit vier Jahren. Also
keine Trennung. In einem Anfall von Panik bin ich abgereist aus Deutschland.
Heimlich, ohne Abschied. Ich habe Marlene sitzen lassen. Es muss ein Schock für
sie gewesen sein, obwohl sie wusste, dass ich verheiratet bin. Einen
Briefumschlag mit 100 000 Mark habe ich auf ihren Schreibtisch gelegt. Ich
glaube, es war eine Beleidigung. Denn sie hat das Geld nicht angenommen. Es kam
mit der Post an meine hiesige Adresse. Ohne Begleitbrief. Und dann kam nichts
mehr. Sie hat nie versucht, mich als Vater irgendwie festzunageln. Und ich habe
versucht, alles aus meinem Bewusstsein zu verdrängen.“
Eine Weile herrschte Stille.
Dann sagte der Arzt: „Du hast
eine leibliche Tochter mit einer wundervollen Frau und hast alles verdrängt. Du
bist ein noch größeres Rindvieh als ich dachte.“
„Ja, ich weiß.“
„Und nun?“
„Eleonore lebt nicht mehr. Ihr
kann es nicht mehr wehtun. Also habe ich endlich den Mut gefunden — zu dem, was
ich vor 30 Jahren hätte tun sollen. Ich will Anna zu meiner Tochter machen. Für
Marlene und mich ist es zu spät. Himmel, ich bin 78. Außerdem würde sie sich
bedanken. Sie würde auch nichts von mir annehmen. Aber das Mädchen, meine
Tochter — Anna soll meine Erbin werden.“
Der Arzt schwieg lange. Dann:
„Mir fallen die Zähne raus. Das ist ein Hammer! Marlene Riedel ist sicherlich
längst verheiratet und inzwischen Großmutter. Na, schön! Dann wirst du eben
auch Opa. Der reiche Opa aus Amerika.“
„Ist doch toll. Ich bin
Milliardär.“
„Und Bruce?“
„Der bleibt natürlich mein
Erbe. Muss aber mit der Hälfte zufrieden sein. Der Kuchen reicht ja weiß Gott!
für beide.“
„Ich vermute, Bruce soll die
Riedel ausfindig machen?“
„Du sagst es.“
„Aber er schafft es nicht?“
„Er schafft es nicht. Was
eigentlich unmöglich ist. Wenn hier in den USA jemand untertauchen will,
findest du ihn nie. Weil wir nicht diese Ämter, nicht diese pingelige
Verwaltung haben wie in Deutschland. Dort gibt es das Einwohnermeldeamt. Jeder
Bürger ist registriert. Jeder Umzug in eine andere Stadt wird vermerkt. Man
kann die Spur nicht verwischen. Sollte Marlene verstorben sein, kann man das
feststellen. Auch eine Eheschließung.“
„Bruce betreibt also keine
Nachforschung. Er blockiert.“
„Es... scheint so.“
„Was hast du vor?“
„Ich geb’ ihm noch eine Woche.“
„Vielleicht will er nicht
teilen.“
William Redfire, der
Hotelkettenkönig, dachte darüber nach. Jedenfalls ließ er die Überlegung jetzt
zu.
Dann: „Bitte, noch einen
Whisky! Aber einen richtigen.“
21.
Später Besuch
Als Tim und Gaby mit Lisa
Stechowski im Seileranger Weg ankamen, schien der Mond. Die warme Sommernacht
ließ an Italien denken.
Nicht Anna hatte die kleine
Laura eingehütet, sondern Karl. Und das mit Erfolg, denn Lisas Tochter schlief
selig.
„Anna musste drüben bleiben“,
erklärte Karl. „Verfügbar am Telefon. Damit Flappe — wir sind sicher, dass er’s
ist — weiter macht mit dem Terror. Klößchen hat außerdem im Internat angerufen
und sich und dich, Tim, abgemeldet. Ihr übernachtet also wieder mal bei mir.
Was meine Ernährer bestätigen werden. Trotzdem — euer EvD (Erzieher vom
Dienst) war ziemlich ungehalten. Wollte die Erlaubnis verweigern. Aber
Klößchen sagte, ihr könntet unmöglich kommen. Weil eure Klamotten triefnass zum
Trocknen auf der Leine hängen. Meine Sachen passen euch nicht. Und ihr könntet
ja nicht unbekleidet durch die Nacht zur Internatsschule radeln.“
„In was sind wir
reingefallen?“, fragte Tim.
„In den Karpfenteich hinter
unserem Grundstück. Ihr wolltet einen Schwan retten, der sich in einem Netz
verfangen hatte.“
„Haben wir ihn gerettet?“
„Selbstverständlich.“
„Habe ich auch mitgemacht bei
der Rettungsaktion?“, fragte Gaby. „Schließlich ist meine Tierliebe bekannt.“
„Von dir war nicht die Rede.“
„Das ist sehr egoistisch“,
lachte sie. „Ihr wollt die Lorbeeren
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