Sturm auf den Hexenstern
hatten. Auf den anderen Inseln lebten sie noch, jene, die in der kargen Jahreszeit über ihresgleichen herfielen und vom Fleisch der Unterlegenen lebten.
»Was sagt ihr da?« fragte Ranky. »Amazonen?«
Kasch und Matta, ihre beiden Vertrauten, die sie als einzige Stammesangehörige an diesem Ort aufsuchen durften, nickten gleichzeitig, und Kasch sagte mit rauher Stimme:
»Es ist wahr, Ranky. Im Süden sind Kriegerinnen gelandet. Sie kamen mit drei kleinen Ballons.«
»Und was tun sie da?«
Matta wischte mit der rechten Hand durch die Luft.
»Nichts, in dem wir einen Sinn zu sehen verstünden. Sie haben ihre Ballons verankert und verlassen, ein Stück hinter den hohen Klippen. Sie dringen nicht weiter ins Land vor und scheinen sich an den Klippen zu schaffen zu machen. So, wie sie sich dort bewegen, dürften sie nicht einmal wissen, daß diese Insel bewohnt ist.«
»In welcher Gefahr sie schweben!« knurrte Kasch. »Und daß ihre Köpfe begehrte Glücksbringer sind?«
»Nicht für uns!« herrschte Ranky sie an. Ihre Faust stieß vor und versetzte der Vertrauten einen Stoß unters Kinn. »Pest und Rattenwurz! Das ist vorbei!«
Kaschs Augen funkelten sie zornig an. Ihre Hand lag auf dem Griff des Kampfbeils. Ranky lachte schallend und schlug ihr auf die Schulter.
»Heb dir das für die Amazonen auf, falls wir sie vertreiben müssen, Kasch. Habt ihr ihr Schiff sehen können?«
»Nichts«, knurrte das Inselweib. »Ranky, tu Oyas nicht wieder!«
Matta fiel ins Gelächter der Stammesführerin ein. Die Inselweiber hatten ihre eigenen Gesetze, die für einen Außenstehenden nur schwer zu begreifen waren. Im Grunde bestand das oberste Gesetz darin, daß es keine Gesetze gab. Wer die Stärkste war, gab den Ton an. Und daran, daß Ranky, die Drachentöterin, allen anderen an Kraft und Verstand überlegen war, zweifelte keine von allen. Das schloß nicht aus, daß auch sie hin und wieder einige Schrammen abbekam. Eine Prügelei zur rechten Zeit war die Würze des Zusammenlebens. Danach floß der Wein in Strömen, und die Gegnerinnen tranken einander zu, bis keine Frau im Dorf mehr stehen konnte.
»Wieso sprichst du von Vertreiben?« wunderte sich Matta. »Ich denke, wir warten nur auf ein Schiff? Die kleinen Ballons können die Amazonen nicht weit getragen haben. Irgendwo liegt ihr Schiff verborgen, und sie müssen wie wir die Zaem am Himmel gesehen und ihre Worte vernommen haben.«
»Das stimmt«, gab Ranky zu. »Auch wir wollen zum Hexenstern, und dazu brauchen wir ein Schiff, das uns an Bord nimmt. Aber die Streitmacht der Zaem macht keine Umwege, wenn ihr versteht, was ich meine.«
Matta schüttelte den Kopf.
»Nein, Ranky. Das verstehen wir nicht.«
»Weil ihr dumm seid! Donner und Hagelschlag! Weil in euren Schädeln nichts steckt als Stroh! Was haben die Kriegerinnen bei den Klippen zu schaffen? Wenn sie dem Befehl der Zaem folgen, bringen sie ihr Schiff auf direktem Weg zum Hexenstern und halten sich nicht hier auf, wo es nichts für sie zu holen gibt. Du wirst mich zu ihnen führen, Matta. Kasch, du bleibst hier und hältst weiter Ausschau nach Schiffen.«
Kasch knurrte etwas und setzte sich auf den Stein. Ranky nickte der anderen auffordernd zu.
»Ich hoffe, ihr wart wenigstens so schlau, einige aus dem Dorf zu den Klippen zu schicken, um sie zu beobachten?«
»Nein!« versetzte Matta. »So schlau sind wir nicht! Hier gibt es nur eine, die alles weiß und alles richtig macht!«
Wieder lachten sie beide. Kasch bedachte sie mit finsteren Blicken und schleuderte ihnen einen Stein hinterher. Die Arme einander um die Schultern gelegt wie zwei Zecher, die den langen und mühseligen Weg nach Hause suchen, kletterten sie vom Felsen herab und machten sich auf.
Sie machten sich nicht die Mühe, aus dem Dorf Verstärkung zu holen. Sie umgingen es und machten einen noch weiteren Bogen um das Tal, in dem Dhogur schlief, der schreckliche Drache, dessen drei Junge durch Rankys Schwert ihr Ende gefunden hatten, nachdem sie die Insel in Angst und Schrecken versetzt und mehr als die Hälfte des Stammes gerissen hatten.
Doch was waren sie gegen Dhogur! Wie immer, wenn Ranky von den Hügeln ins Tal hinunterblickte, dachte sie an jenen Tag zurück, an dem die Große Mutter die Wasser zwischen den Inseln geteilt hatte, um einen Weg zur Eroberung des Nachbareilands zu ebnen. Über den Grund des Meeres hätten die Stammesweiber marschieren und die Feindinnen im Dunkel der Nacht überraschen sollen.
Sie selbst waren
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