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Sturm der Barbaren

Titel: Sturm der Barbaren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. E. Modesitt
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der Großen Oststraße, schließlich beträgt die Entfernung von Cyad nach Chulbyn weniger als ein Drittel der Entfernung von Cyad nach Syadtar. War das schon immer so gewesen? Lorn lehnt sich zurück in den immer härter werdenden Sitz und reibt sich ein Kinn, das schon viel zu stopplig ist.
    Wird sich Cyad verändert haben? Lorn lächelt. Es wird ihm anders erscheinen, aber wie anders, das weiß er noch nicht. Er hofft, dass er diese Unterschiede erkennen wird und dass er einige Zeit mit Ryalth verbringen kann.
    Ein Stirnrunzeln tritt an die Stelle des Lächelns. Hat Myryan sich schon damit abgefunden, Ciesrts Gemahlin zu sein? Lorn atmet tief und langsam ein. Hätte er die Sache zielstrebiger in die Hand nehmen sollen? Wird er es je erfahren? Will er es überhaupt erfahren?
    Während Chaos das Fahrzeug über die schimmernden weißen Steine der Großen Nordstraße fahren lässt, geht draußen vor der Fahrerkabine des Feuerwagens die Abenddämmerung in die Nacht über. Drinnen schnarcht der Buchhalter, der Händler schläft tief und fest und Lorn denkt über die vor ihm liegenden Tage nach.

 
Lorn’alt, Cyad

 
XLIV
     
    D er Feuerwagen passiert die zwei eckigen weißen Granitsäulen, welche die nördliche Stadtgrenze von Cyad markieren sollen, die Stadt des Ewigen Lichts und des Blühenden Chaos; im Augenblick des Vorüberfahrens stehen diese Säulen halb im späten Nachmittagslicht und halb im Schatten.
    Lorn sitzt in der Mitte der Bank, den Blick auf das hintere Abteil gerichtet. Zu seiner Linken hat sich in Chulbyn ein schweigender Lanzenkämpfermajor niedergelassen, der während der ganzen Fahrt noch mit niemandem gesprochen hat. Rechts von ihm sitzt ein schwarzhaariger, spitznasiger Händler, der fast genauso schweigsam ist wie der Major. Lorn gegenüber sitzt eine schrecklich dünne junge Frau in den hellgrünen Farben einer Heilerschülerin, ihr Vater sitzt daneben an der Tür. Der Vater – noch hagerer als die Tochter – trägt das schmucklose Weiß eines Magiers, jedoch ohne die Blitznadel eines höherrangigen Meisters. Der Magier mustert unablässig die jüngeren Männer im Abteil. Für Lorn scheint er allerdings kein großes Interesse zu zeigen. Wahrscheinlich hat er bereits beschlossen, dass Lorn seine Aufmerksamkeit nicht verdient.
    Lorn lehnt sich zurück und wartet, bis der Feuerwagen die Stadt durchquert hat und am Hauptbahnhof westlich des Lichtpalastes hält. Seine Gedanken sind bei Ryalth und Myryan … und bei Jerial und seinen Eltern. Keiner von ihnen hat ihn bisher als Offizier der Spiegellanzenkämpfer gesehen.
    Er blickt nicht auf, als das Chaos-Fahrzeug in den Weg des Außenhandels einbiegt und an den aus Sonnenstein erbauten dreistöckigen Residenzen der Oberhäupter der Handelsfamilien vorbeifährt, kleinen Palästen auf dem vierthöchsten Hügel Cyads. Der Feuerwagen gleitet sanft über die glatten Granitblöcke, mit denen die Durchgangsstraßen in Cyad gepflastert sind, rollt vorbei an den Börsengebäuden, die alles bis auf den Palast des Lichts zwergenhaft erscheinen lassen, und an den großen Bauten, die zum Viertel der Magi’i gehören; aber Lorn blickt noch immer zu Boden.
    »Dann stammt Ihr also aus Cyad, Hauptmann?«, fragt der Major, womit er Lorn während der gesamten Reise von mehr als zweihundert Meilen von Chulbyn nach Cyad zum ersten Mal anspricht.
    »Ja, Ser.«
    Der Major nickt. »Das dachte ich mir. Dann kennt Ihr das alles schon, habt es schon viele Male gesehen.«
    Auf dem Sitzplatz gegenüber hebt der Magier die Augenbrauen und neigt den Kopf zur Seite, als sähe er Lorn zum ersten Mal.
    »Ja, Ser.« Lorn nickt dem Major höflich zu, doch der andere Offizier verfällt wieder in Schweigen.
    Erst einige Zeit später, als der Feuerwagen anhält, richtet sich Lorn auf. Als der Fahrer die Tür zum Vorderabteil öffnet, nickt Lorn dem Magier zu. »Guten Tag, Ser.«
    »Guten Tag, Hauptmann.« Der dünne Mann wendet den Kopf und murmelt: »Pass auf, Kilenya.« Er schlüpft zur Tür hinaus, dreht sich um und hält seiner Tochter die Hand hin. Die junge Heilerschülerin schenkt weder Lorn noch ihrem Vater Beachtung, während sie eine kleine grüne Tasche unter dem Sitz hervorholt und ohne Hilfe aus dem Abteil springt.
    Der Lanzenkämpfermajor schnallt sich den Säbel um, holt seine Tasche hervor und verlässt den Feuerwagen so schweigsam, wie er ihn Stunden zuvor betreten hat, nur Lorn erhält ein kurzes Nicken. Der schmalgesichtige Händler verneigt den Kopf ebenfalls

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