Sturm der Herzen
auszuschließen, dass er nicht allein deswegen hier ist, um meine Verlobte zu sehen, sondern auch als Gelegenheit, einen Schmuggler zu finden, der ihn auf die Kanalinseln bringt oder vielleicht sogar nach Frankreich.« Er grinste Jack an und fragte: »Also, wann durchsuchen wir sein Zimmer?«
Jack grinste. »Morgen Abend?«
»Ausgezeichnet!«, erwiderte Marcus. »Wie sieht dein Plan aus?«
Jacks Idee war, dass Marcus Whitley im Schankraum in ein Gespräch verwickeln würde, während er selbst das Zimmer durchsuchte.
Marcus zupfte sich am Ohr und gab zu bedenken: »Das wird so nicht gehen. Du vergisst, dass Whitley und ich knapp davorstanden, uns an die Kehle zu gehen. Er wäre begreiflicherweise argwöhnisch, wenn ich plötzlich angeblich den Wunsch nach seiner Gesellschaft verspürte.«
Jacks Miene verfinsterte sich. »Du hast recht. Wir müssen uns etwas anderes einfallen lassen.«
»Nein, dein Plan ist sonst gut«, widersprach Marcus, »wenn ich derjenige bin, der sein Gasthofzimmer durchsucht, während du ihn unten in eine Unterhaltung ziehst und so festhältst.«
Jack gefiel das gar nicht, aber nach mehreren Minuten ließ er sich von Marcus überzeugen.
Sie trennten sich, und nachdem er Jack gute Nacht gewünscht hatte, ging Marcus über den Flur zu seinem Zimmer. Er konnte über sich selbst nur staunen. Hatte er gerade wirklich eingewilligt, wie ein Dieb in der Nacht in ein fremdes Zimmer zu schleichen und die Habseligkeiten eines anderen zu durchsuchen? Bei Jupiter, das hatte er! Und er freute sich darauf.
Isabel konnte in diesen Tagen wenig entdecken, auf das sie sich freute. Edmund und Lord Manning konnten von nichts anderem reden als von der Hochzeit, und wenn sie nicht von ihnen mit Fragen bombardiert wurde, wollte Marcus von ihr das Datum wissen, an dem sie heiraten wollten. Sie fühlte sich wie von Wölfen verfolgt und dankte dem Himmel, dass noch so viele ihrer Nachbarn, Freunde und Bekannte in London weilten und sie daher nicht auch noch die Fragen von jeder Dame zu erdulden hatte, die in der Gegend von Bedeutung war. Trotz der Verlockungen der Saison gab es eine Reihe von Familien hier, die nicht die jährliche Pilgerreise in die Stadt auf sich nahmen, sodass sie die interessierten Nachfragen mehrerer Damen zu ihrer plötzlichen Verlobung mit einem der begehrenswertesten Junggesellen der Gegend beantworten musste. Wie eine Schar zwitschernder Vögel versammelten sie sich um sie und stellten ihr eine Frage nach der anderen, auf die sie keine Antwort wusste. Und Marcus! Er hatte ihr mehr als einmal in den vergangenen Tagen aufgelauert und sie gedrängt, endlich einen Tag festzusetzen.
Sie fühlte sich eindeutig verfolgt, zog sich immer häufiger in schierer Hilflosigkeit in ihre Räume zurück und unterrichtete den Butler, sie sei für keinen Besucher zu sprechen. Ihr Blick fiel auf das Stück Papier, das sie in der Hand hielt und das ihr ein Lakai vor wenigen Minuten überbracht hatte. Darin verlangte Whitley von ihr, dass sie sich mit ihm in zwei Tagen im Dunkel der Nacht heimlich traf, und zwar in der Laube in der Nähe des Sees, an den die drei Landsitze grenzten, las sie am Rande der Hysterie.
Ist es erst vor so kurzer Zeit gewesen, fragte sie sich verzagt, dass meine Welt auf den Kopf gestellt wurde? Eine Welle der Ungläubigkeit überrollte sie. Sie war mit Marcus Sherbrook verlobt! Wie, um alles in der Welt, hatte sie das nur zulassen können? Dieser verdammte Whitley!
Sie seufzte und starrte blicklos auf den Zettel in ihrem Schoß. Es war unfair, Whitley die Schuld zu geben; er konnte nichts dafür, dass er ein Wiesel und ein Widerling war. Es war alles ihre eigene Schuld. Wenn sie ihm gleich von Anfang an eine Ohrfeige gegeben und ihn seiner Wege geschickt hätte, gleich am ersten Tag im Garten, wäre nichts von all dem hier geschehen; aber sie hatte zugelassen, dass er sie in Panik versetzte, und man konnte sehen, wohin das geführt hatte: mitten in die Katastrophe. Entsetzen erfasste sie, schnürte ihr die Kehle ab, aber sie rang es nieder. Sie würde einen Ausweg finden. Das musste sie.
Isabel schaute wieder auf die Nachricht von Whitley, und Wut stieg in ihr auf. Sie würde sich dem Schuft nicht geschlagen geben, schwor sie sich entschlossen. Sie zerknitterte den Zettel mit einer Hand, stellte sich vor, es sei Whitleys Hals, und sprang auf. Sie wusste nicht, wie sie mit ihrer bevorstehenden Eheschließung mit Marcus umgehen sollte, aber gegen Whitley und die Bedrohung, die er
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