Sturm der Leidenschaft: Er suchte einen verborgenen Schatz - und fand die Liebe seines Lebens (German Edition)
al-Hamra .«
Entsetzt starrte Jillian ihren Vater an. Ihr wurde übel. Gütiger Gott, das konnte nicht sein! Ihr Vater war es, der Graham bis heute in seinen Alpträumen quälte?
Graham wirkte wieder einmal vollkommen verschlossen, gefühllos. Jillian kannte diesen Ausdruck bei ihm, der nichts von dem preisgab, was in ihm vorging. Einzig die Ader unten an seinem Hals pulsierte stärker als sonst, und seine Augen funkelten vor Wut.
»Schämst du dich, Jilly?«, fragte er leise.
»Wie sollte ich nicht?« Ihr eigener Vater, der ein Kind missbraucht hatte, das ihm vertraut hatte, einen kleinen, verzweifelten Jungen?
»Genug Zeit geschunden, Caldwell. Gib mir den Schatz!«
Graham holte die kleine Alabasterkiste unter seinem Binish hervor und sah sie an. »Nein, er gehört mir«, sagte er.
Der Earl lachte. »Ich ließ die Hieroglyphen übersetzen. Du bist ein Narr, wenn du denkst, diese Kiste hätte magische Kräfte.«
Jillian bemerkte, wie ihr Mann sich auf einmal veränderte. Er wirkte traurig, wie ein verlorenes Kind.
»Ich glaube nicht an die Zauberkräfte der Kiste«, erklärte Graham ruhig. »Aber ich wollte es immer. Vor langer Zeit fand ich die Karte, und sie gab mir Hoffnung. Ich träumte davon, dass es eine solche magische Wunschkiste gab, die alles verändern könnte – alles, mich eingeschlossen.«
Jetzt begriff sie, worum es bei dieser Schatzsuche eigentlich ging. Die Kiste zu finden war ein Kindheitstraum gewesen – nicht bloß, um den Schatz zu bekommen. Diese Wunschkiste stand symbolisch für alles, was Graham auf immer verloren hatte: seine Eltern, seine Unschuld, seine Kindheit. Alles, was ihm so brutal geraubt worden war.
Jillian bemerkte, wie ihm Schweißperlen auf die Stirn traten, und er wurde wieder zu dem distanzierten Fremden. Er sah ihren Vater nicht einmal an, der mit einer Pistole in der Hand dastand. In diesem Moment wirkte ihr Ehemann furchtbar einsam.
Ihr Vater schüttelte den Kopf. »Wünsch dir, was du willst, Caldwell! Es ändert nichts daran, was du bist. Du kannst der Wahrheit nicht entfliehen, also gestehe sie meiner Tochter. Du hast sie benutzt, um an mich heranzukommen. Aber sie verdient einen richtigen Mann.« Seine Züge verfinsterten sich. »In Amerika, weit weg von dem Skandal, werde ich ihr einen Teil des Geldes geben, das mir der Schatz einbringt. Lass meine Tochter dort ihr Glück finden!«
Ein zentnerschweres Gewicht legte sich auf Jillians Brust. So viele Jahre hatte sie sich nach der Zuneigung ihres Vaters gesehnt, nach einem kleinen Zeichen, dass er ihr vertraute und ihm an ihr lag. Kein einziges Mal hatte er sie in die Arme genommen. Stattdessen kettete er sie ans Haus, gefangen und gegängelt von seinen absurden Regeln. Und nun wollte er ihr tatsächlich geben, was sie sich gewünscht hatte? Die Freiheit, ihren eigenen Weg zu gehen?
Graham blieb stumm, doch sein flehender Blick sagte mehr als tausend Worte. Verlass mich nicht, Jilly! Vertrau mir!
Jillian rang nach Atem, während die beiden Männer wie versteinert schienen. Sie hatte die Wahl. Zwei verschiedene Leben boten sich ihr. Mit dem Geld, das ihr Vater ihr geben wollte, konnte sie ihren alten Traum erfüllen, nach Amerika gehen, nach Radcliffe, und nie mehr zurücksehen. Hast du das nicht dein Leben lang gewollt?
Als sie jedoch ihren Mann ansah, den sie liebte, wurde ihr klar, dass Träume sich bisweilen ändern.
Nein, sie konnte ihn nicht verlassen. Ebenso wenig konnte sie den Schaden wiedergutmachen, den ihr Vater angerichtet hatte. Aber sie könnte die fürchterlichen Zweifel ausräumen, die Graham zerrissen – vor allem, weil ihr jetzt etwas anderes wieder einfiel.
»Hör nicht auf ihn, Graham! Er spricht von sich, nicht von dir. Vater ist derjenige, der der Wahrheit nicht entfliehen kann. Er versteckt sich vor ihr, aber das kann er nicht mehr. Damals, als ich sechs war, erinnern Sie sich, Vater?«
Der Earl wurde schlagartig sehr blass, und die Hand mit der Pistole begann, zu zittern. »Jillian, hör auf!«
»Ich wollte mich nicht erinnern. Ich habe es verdrängt, aber es kam wieder. Mark, der Sohn des Stallmeisters – wir haben oft zusammen gespielt. Mutter sah es nicht gern, dass ich mich mit Kindern der Bediensteten abgab und sie sogar mit ins Haus brachte, aber Sie hatten nie etwas dagegen. Und an jenem Tag nahmen Sie Mark oben mit den Flur hinunter, brachten ihn in das eine Zimmer und schlossen die Tür. Sie sagten mir, ich solle weggehen und vergessen, dass irgendetwas
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