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Sturm der Leidenschaft (German Edition)

Sturm der Leidenschaft (German Edition)

Titel: Sturm der Leidenschaft (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cassandra Norton
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hatte sie überlegt, der Bruder wolle sie vielleicht im Moor töten. Warum auch immer. Dann wieder hoffte sie, Declan möglicherweise in einem Versteck zu finden, wo er von John festgehalten würde. Je weiter sie vorankamen, desto wilder wurden ihre Überlegungen.
    Doch nicht eine einzige von ihnen beinhaltete die Tatsache, dass sie möglicherweise in Kürze vor Declans Grab stehen könne.
    „Da vorne ist es irgendwo …“
    Es war ein einziger Satz, so leicht dahin gesprochen, der all ihre Hoffnungen mit einem Schlag zunichtemachte.
    John bedeutete Anne, abzusteigen, damit auch er aus dem Sattel springen konnte.
    Der Bruder sah sich eine Weile um und lief mal hierhin, mal dahin. Solange, dass in ihr wi eder die Hoffnung aufkeimte, er könne sich nur einen denkbar kranken Scherz mit ihr erlaubt haben.
    Dann aber blieb er abrupt stehen. Neben einem kleineren Findling, unweit eines kahlen B usches.
    „Da ist es.“
    Sie trat neben ihn und blickte zu Boden. Wahrhaftig war die Erde unter dem Schnee etwas aufgeworfen. Schien von anderer Konsistenz zu sein, als jene, die sie umgab.
    Doch selbst jetzt glaubte sie ihm nicht. Konnte ihm nicht glauben. Ihr Herz und ihr Verstand klammerten sich an einen Schein von Hoffnung. So widersinnig und töricht und doch so überlebenswichtig.
    „Glaubst du mir noch immer nicht?“, echote John ihre Gedanken.
    „Also gut …“
    Mit entschlossenem Griff brach er einen kräftigen Ast von jenem Busch ab und begann die Erde ein Stück weit zu lösen.
    Als es nicht so voranging, wie er wollte, kniete John sich hin und schob die Erde mit bloßen Händen beiseite,
    Annes Nackenhaare stellten sich auf.
    Ihre Kehle war wie zugeschnürt.
    All dies konnte sich nicht wahrhaftig zutragen.
    „Ah!“, stieß John plötzlich ächzend hervor. „Da …“
    Er griff in die Erde und zog eine Hand empor, die in einem merkwürdigen Farbenspiel aus einem dreckigen, ehemals weißen Ärmel ragte.
    Anne taumelte rückwärts.
    Sie verlor den Halt, stolperte und fiel.
    So auf dem Rücken liegend kroch sie rückwärts, die schreckensgeweiteten Augen auf die grünliche Hand gerichtet, die John noch immer hielt.
    In ihrer Kehle bildete sich ein Schrei, doch er konnte nicht über ihre Lippen kommen, stat tdessen würgte er sie.
    Tränen schossen aus ihren Augen und sie hatte das sichere Wissen des nahenden Wah nsinns.
    So von Ferne beobachtete sie John, der mit dem Stiefel wieder die Erde über dem Leichnam zusammenschob.
    Und da senkte sich ein dichter Nebel über Anne. Alles Denken und Fühlen endete.
    Wie sie auf den Hof zurückkam, wusste sie nicht mehr. Sie hatte aufgehört, sich in der Welt zu bewegen. Es war ihr, als liefe sie durch einen Gang, immer wieder an einer bestimmten Tür vorbei und hinter dieser Tür lauerte ein Monstrum. Und sie war sich sicher, dass er au sbrechen würde, sobald sie vor dieser Tür stehen bliebe.
    Sie wusste nicht, wie das Monstrum aussah, aber sie konnte es hören, wie es sich in seiner Zelle bewegte. Es war groß. Sehr groß. Und es war mächtig. Es würde ihre Existenz mit e inem einzigen Blick vernichten können.
    Sie durfte auf keinen Fall stehen bleiben.
    Auf dem Hof angekommen, ging sie direkt nach oben in ihr Zimmer.
    Erschöpft kroch sie in den Alkoven und schloss die Augen. Sie begann sich vorzustellen, wie Declan aussehen mochte, in seinem Grab dort draußen im Moor.
    Sie hatte seine Hand gesehen … Und sein Gesicht? Hatten die Tiere es bereits zu fressen begonnen, oder ruhten die Würmer und Maden in der winterlichen Kälte?
    Was, wenn sein Leib von irgendwelchen Wildtieren ausgegraben wurde?
    Ohne, dass sie geschlafen hätte, setzten Traumbilder ein. Graue Spinnwebbilder von einem Leichnam, aus seinem Grab gezerrt von hungrigen Wölfen. Lange Krallen, die sich in Augenhöhlen bohrten. Ledernes Fleisch hin und her gerissen von den weißen Fängen der Rudelführer.
    Anne presste ihre Hände vors Gesicht, gepeinigt von den alptraumhaften Vorstellungen.
    Als sie es nicht mehr aushielt, zündete sie eine Kerze an und ging hinunter in die Küche.
    Sie stellte einen Kessel mit Wasser auf das Feuer und richtete eine Kanne für den Tee.
    Und gerade in jenem Moment, da sie die Teeblätter in das Gefäß füllte, wurde es ihr bewusst.
    Ich werde ihn nie mehr sehen. Ihn nie mehr in meinen Armen halten. Ich werde nie mehr seine Stimme hören oder in seine Augen schauen.
    Der Schmerz war so unmenschlich, dass sie nicht einmal weinen konnte.
    Kraftlos sackte Anne auf die Knie

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