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Sturm der Leidenschaft (German Edition)

Sturm der Leidenschaft (German Edition)

Titel: Sturm der Leidenschaft (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cassandra Norton
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und wagte dabei nicht, aufzusehen, denn dann hätte Mary die Tränen in ihren Augen schimmern sehen. Jene Tränen, die sie seit Tagen zurückdrängte.
    Zu Weinen machte sie angreifbar. Die ganzen Jahre hindurch hatte sie Johns Übergriffe nur deswegen überstanden, weil sie hart geworden war. Gefühle hatte sie für sich behalten. Geweint? Niemals!
    Doch seit Declan tot war, hatte sich alles verändert.
    Es war, als hätte man ihr ein Organ genommen.
    „Dann hast du einen Grund mehr, zuzusehen, dass du hier weg kommst. Schick eine Nac hricht nach Haversham  House und teile ihm mit, dass du annimmst. Wieso wehrst du dich so gegen das Unabwendbare? Was ist so furchtbar an der Aussicht, mit einem derart gut aussehenden, charmanten und einflussreichen Mann verheiratet zu sein?“
    Anne wusste, dass Mary vollkommen Recht hatte.
    „Declan kommt nicht mehr wieder, nur weil du deine letzte Chance zunichtemachst, dieser Hölle zu entkommen.“
    „Du hast ja Recht“, murmelte sie.
    Womit sie nicht gerechnet hatte, war dass Mary sich erhob, ins Wohnzimmer ging und mit Feder und Papier zurückkam.
    Die Köchin schob ein wenig Platz auf dem Tisch frei und nickte, wobei sie ein knurrendes Brummen ausstieß.
    „Nun? Worauf wartest du? Schreib! Und ich werde noch heute Abend mit dem Brief loslaufen!“
    Es kostete sie einige Überwindung, Zaudern und Überlegen, bis sie die Feder langsam in das Fässchen tauchte und dann auf dem Papier ansetzte.
    Sie schrieb so selten. Die Feder kratzte so laut. Anne fürchtete, einen schrecklichen Klecks zu machen und dies auf einem so wichtigen Schreiben.
    „Es schneit. Du kannst nicht gehen … Nicht bei diesem Wetter …“
    „Mach dir um mich keine Sorgen. Ich war schon bei ganz anderem Wetter unterwegs. Schreib deinen Brief!“
    Wie eine Gefängniswärterin blickte sie auf Anne nieder, die auf ein Wunder zu hoffen schien.
    „Mary – ich kann es nicht. Ich kann ihn nicht heiraten.“
    „Schreib!“, knurrte die Köchin.
    „Mary … bitte!“
    Ein Nicken in Richtung des Blattes war die einzige Antwort.
    „Schreiben Sie, junge Dame!“
    Und Anne tat, was Mary forderte.
    Die beiden Frauen flogen förmlich herum. Annes Herz schlug wild, als sie den hochgewachsenen Mann im schwarzen Mantel in der Tür stehen sah. Wie konnte es sein, dass sie nicht bemerkt hatten, dass er eingetreten war?
    Er hatte seinen Zylinder gezogen und machte nunmehr eine elegante, wenn auch etwas übertriebene Verbeugung.
    Sein dunkles Haar war glatt, als habe Mary es mit dem Plätteisen behandelt, dabei hing es bis über seine Schultern.
    Der Mantelstoff seiner Schultern glänzte dunkel vom geschmolzenen Schnee.
    „Mein Name ist Stevenson und ich wollte Mister John Hall sprechen.“
    Anne war der Mann mit den dünnen Haaren und der dünnen Stimme unheimlich. Sein käsiges Gesicht mit den kleinen schwarzen Äuglein, die so winzig waren, dass sie keinen Hintergrund für ablesbare Gefühle abzugeben schienen, strahlten etwas merkwürdig Lasterhaftes aus, wenn man ihm auch keinen Alkoholmissbrauch anzusehen vermochte.
    „Mr. Hall ist nicht da“, sagte Anne und bereute es im gleichen Moment. Was, wenn dieser Kerl nur darauf lauerte, zwei Frauen in seine Gewalt zu bekommen, die keinerlei Schutz ihr Eigen nannten?
    „Oh. Das macht nichts. Ich denke doch, er wird nicht die ganze Nacht ausbleiben, wie?“
    „Nein, sicher nicht“, beeilte sich Anne zu versichern.
    „Gut“, sagte der Mann und legte seinen Hut beiseite. „Sehr gut.“ Der Mantel wurde neben dem Zylinder abgelegt.
    Er rieb sich die Hände und blickte sich sodann suchend um. Anne konnte sich nicht helfen, aber in ihren Augen wirkte er wie ein Pfandleiher.
    Seine Kleidung war gepflegt, wenn auch nicht neu.
    Mit langen, dürren Beinen, die in zu engen Hosen steckten, schritt er das Wohnzimmer ab.
    Als die beiden Frauen aufgestanden und ihm gefolgt waren, sahen sie, dass er ein kleines schwarzes Notizbuch hervorgeholt hatte und sich nun mit einem angekauten Bleistift Notizen machte.
    „Darf ich wissen, was Sie hier tun?“, fragte Anne vorsichtig.
    „Aber gewiss doch“, erklärte er freudestrahlend, als habe er die ganze Zeit nur auf diese Frage gewartet.
    „Ich notiere mir die Maße der Räume.“
    „Sie tun … WAS?“, stieß Mary hervor und ihre Augen traten ein gutes Stück aus ihren Hö hlen.
    „Nun … Ich muss doch die Maße der Zimmer kennen, bevor ich zu den Renovierungsarbeiten schreite. Wie steht es mit dem Kamin? Wird er regelmäßig

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