Sturm der Leidenschaft (German Edition)
funkelnd über ihr Gesicht.
„Ich weiß, was in deinem verfluchten Hirn vor sich geht!“, zischte er und kleine Speichel tröpfchen trafen sie. Hilflos versuchte sie, seine Hand von ihrem Hals weg zu ziehen, indem sie ihre Nägel in seine Finger bohrte, doch er ließ nicht locker.
„Ich zerquetsche dich wie eine Fliege, du Dreckstück. Du wirst mir das hier nicht kaputt m achen, weil du mit deiner Fotze denkst!“
Anne traten die Tränen in die Augen.
„Wieso hast du nicht Ja gesagt? Hä? Wieso? … Soll ich es dir sagen?“
Er musste seine Frage selbst beantworten, denn Anne konnte nur noch röcheln. Sie wusste, er wollte sie nicht töten, denn immerhin war sie seine Verbindung zum Haus Alderton. Sie würde dafür sorgen, dass er der Schwager seiner Lordschaft wurde.
„Weil du hinter Declan her bist! Weil der Knecht dich um deinen Verstand gevögelt hat.“
Anne versuchte etwas zu sagen, doch aus ihrer Kehle drang nur ein Gurgeln.
„Aber wo ist er denn, dein Herzallerliebster? Hä? Wo ist er denn?“, höhnte er und offensich tlich wollte er wirklich eine Antwort, denn er ließ sie abrupt los und trat einen Schritt zurück.
„Nun? Was denkst du, Prinzessin?“
John hielt seine Arme vor der Brust verschränkt und wippte dabei von den Zehen auf die Fersen und zurück.
Anne überlegte, ob es eine Falle sein könne. Sie wollte Declan auf gar keinen Fall verraten. Da aber seit seiner Flucht eine solch lange Zeit vergangen war, glaubte sie nicht, dass ihm irgendetwas schaden könne, was sie John sagte.
„Er ist abgehauen. Hat sich dein Pferd geschnappt und ist auf und davon“, erklärte sie nicht ohne Triumph in der Stimme.
Es war das ruhige Abwarten in Johns Gesicht, das sie erschreckte. Das Fehlen eines übe rheblichen Grinsens, oder zumindest von Überraschung. Er stand einfach da und sah sie ausdruckslos an.
„Du denkst also, er sei geflohen. Nach Manchester vielleicht oder sogar bis nach London?“
Anne sagte kein Wort, denn sie wollte ihm nicht einmal den Anschein eines Hinweises geben.
„Das denkst du. Ja?“
Ein gewisser forschender Blick traf sie, ähnlich dem eines strengen Lehrers bei einer mündlichen Prüfung, der die Gewissheit des Schülers auf die Probe stellen will.
„Dann steht dir jetzt eine üble Überraschung bevor, meine Süße.“
Er schwieg, wie um das Grauen auszukosten, das er mit jenem einen Satz in ihrer Fantasie ausgelöst hatte.
„Du denkst also, er ist irgendwo und macht sein Glück und dann kommt er hierher zurück in die Dales und holt dich aus diesem Tal des Jammers … Und ihr lebt zusammen in ewiger Glückseligkeit …“
Anne war betroffen über die Schamlosigkeit mit der er ihre Träume in Worte fasste und ihnen so beinahe etwas Obszönes, Lächerliches gab.
John presste die Lippen aufeinander und nickte, als wöge er diese Überlegungen ab.
„Das wird nicht geschehen“, erklärte er ruhig. „Und weißt du warum? Nicht, weil er kein Interesse an dir hätte. Oder weil er irgendwo eine bessere Partie machen würde. Nein. Einfach … weil er tot ist. Tot und ins Moor geworfen.“
Anne riss die Augen auf.
„Es stimmt. Er ist mit Tobey auf und davon geritten. Aber ich habe ihn eingeholt. Abgeknallt habe ich ihn wie einen räudigen Hund. Ich kann dir versichern, ich hätte ihm liebend gerne einen langen, schmerzhaften Tod bereitet. Aber das Schicksal war ihm gnädig und hat es bei einer Kugel sein Bewenden gelassen.“
Anne glaubte ihm nicht. Konnte ihm nicht glauben.
„Und Tobey ?“, rief sie. „Was ist mit Tobey ?“
„ Tobey habe ich einem meiner Gläubiger überlassen. Als kleine Abtragung meiner Schuld ihm gegenüber.“
Anne – dem Wahnsinn nahe – begann, im Zimmer auf und ab zu laufen.
„Ich glaube dir nicht. Kein Wort glaube ich dir. Wo ist er denn? Wo hast du ihn denn vergraben? Nun?“, rief sie und sah ihren Bruder dabei nicht mal an.
„Das kann ich dir zeigen“, brummte er.
Als sie übers Moor ritten, erfasste Anne das Grauen. Es kam nicht plötzlich. Es überfiel sie nicht.
Im Gegenteil. Es sammelte sich in der Ferne. Schien sie gleichsam zu beobachten wie ein Adler, der über seinem Opfer kreist und es in Ruhe und Stille betrachtet.
Der Schnee überzog die Erde mit einem dünnen, weißen Tuch und die Welt war still.
Anne hörte nichts, als das Geräusch der Hufe im Schnee.
Die Gefühle, welche in ihr getobt hatten, waren von solch heftiger Natur gewesen, dass sie sich völlig von ihnen zurückgezogen hatte. Mal
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