Sturm der Seelen: Roman
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»Komm jetzt, Adam«, flüsterte Phoenix und legte ihm eine Hand auf die Schulter. »Es ist so weit.«
In seinem Kopf schwirrten Bilder von Vögeln und Indianern, begleitet von dem monotonen Rhythmus der Baumaxt, aber Adam gehorchte und folgte Phoenix zurück über den See. Sie waren kaum zehn Meter weit gekommen, da zerriss ein Schrei die Luft der hereinbrechenden Nacht.
Beide wirbelten sie herum und schauten zurück, dorthin, wo hinter dem Sturm die Insel verborgen lag.
BUCH SIEBEN
XLIX
SALT LAKE CITY
Vollkommen gleichgültig gegenüber dem grausamen Schlachten wanderten Kriegs Augen über die Hotellobby. Wände und Decken waren über und über mit Blut bespritzt, und immer noch hallten die Schmerzensschreie der Sterbenden wie Musik in seinen Ohren. Der Schwarm hatte sich über den ganzen Raum verteilt, und überall kämpften die Echsenmänner um jeden einzelnen Knochen, um auch noch das letzte bisschen Fleisch daran abzunagen. Zähne gruben sich in Knochen, schmatzende Geräusche erfüllten die Luft. Zungen leckten über Wände und Böden und saugten noch das letzte Tröpfchen Blut von Teppichen und Vorhängen. Krieg ließ sie in ihrem Festmahl schwelgen, denn für das letzte Stück ihres Marsches, für die allerletzte Schlacht würden sie alle Kraft brauchen, die sie nur aufbringen konnten.
Die Menschheit hatte ausgespielt, aber Krieg wollte nicht den Fehler begehen, ihre Rasse zu unterschätzen. Seine Legionen waren bereit, ihre letzte Bastion zu erstürmen und die Spezies Homo sapiens für immer vom Angesicht der Erde zu tilgen.
Irgendwo draußen sahen die letzten Menschen die Sonne zum letzten Mal untergehen. Beim nächsten Sonnenaufgang wären sie alle tot, die menschliche Pest für immer vernichtet. Aber da war noch etwas anderes, das er deutlich spüren konnte.
Verbitterung.
Krieg fühlte den wachsenden Unmut seines Herrn, der an ihm fraß wie ein Krebsgeschwür. Tod war der eine auserwählte Sohn, dem Gott die Macht verliehen hatte, das zu tun, wozu er selbst nicht imstande war. Seine Bestimmung war es, das Chaos zu bereinigen, das der Schöpfer hinterlassen hatte, jene Rasse auszulöschen, die im Laufe der Zeit den gesamten Planeten vernichtet hätte. Doch Gott hatte ihn hintergangen. Er spielte mit doppelten Karten und hatte sich wieder auf die Seite Seiner missratenen Schöpfung geschlagen. Er bevorzugte sie gegenüber Seinen wahren Kindern.
Doch Tod, das wusste Krieg, hatte seinen Entschluss bereits gefasst. Tief unter seinem schwarzen Turm erschuf er die neuen Herren dieser Welt, nicht nach Gottes Abbild, sondern nach seinem eigenen. Diesmal würde er die Erde an sich reißen, anstatt ein weiteres Erdzeitalter darauf zu warten, dass er in einem neuen Körper wiedergeboren wurde. Diesmal würden er und seine Helfer ihre Macht für ihre eigenen Zwecke nutzen.
Der Himmel erzitterte vor Zorn, aber es war zu spät. Seine Armee würde ein letztes Mal ausschwärmen, um die Menschheit endgültig zu vernichten, und damit Gottes Herrschaft auf dieser Welt ein für alle Male beenden. Die neue Rasse würde ihn, Tod, und seine Helfer verehren, ihnen ihre Kraft geben, bis sie selbst zu Göttern wurden.
Doch zuerst gab es noch diese eine letzte Aufgabe zu erledigen. Die Zeit war gekommen, seine Truppen ein letztes Mal anzufeuern, sie für die letzte Schlacht in blutlüsterne Raserei zu versetzen.
Alle Bewegung um ihn herum erstarb, Stille senkte sich über die Lobby des Hotels. Jedes einzelne der schwarz-gelben Augenpaare war auf ihn gerichtet.
Die Flammen in Kriegs Augen loderten auf und reckten sich in die Luft wie Hörner, das Gebäude um sie herum erzitterte so heftig, dass Tische wackelten und Stühle umfielen, und jede noch intakte Glasscheibe begann zu vibrieren, bis sie zersprang und in Scherben auf den Boden regnete. Blut und Putz fielen von der Decke, und der Schwarm fauchte mit weit aufgeblähten Kehlsäcken, die flatterten wie Kolibriflügel. Sie schlugen und schnappten, schlitzten mit hauenden Zähnen und Klauen die Haut derer, die neben ihnen standen, und steigerten sich in einen Zustand nicht mehr kontrollierbarer Raserei.
Kriegs Augen blitzten nun weiß glühend auf, und der Schwarm jagte an ihm vorbei, fegte zwischen den Überresten der zerschmetterten Bretter an der Eingangstür hindurch, und die Nägel stoben in alle Richtungen, als sie auch noch die letzten Bretterstümpfe mit sich rissen. Sie quetschten sich durch den Zaun und jagten über den
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