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Sturm der Seelen: Roman

Sturm der Seelen: Roman

Titel: Sturm der Seelen: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael McBride
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hört sich das für dich an?«
    Ray umklammerte den Griff des Dolches mit beiden Händen und zielte mit der Spitze in die Richtung, aus der die Stimme kam.
    »Sag schon, Jake, wie findest du das?« Richard streckte seine Hand aus und schlug die Decke über Rays Gesicht zurück.
    Ray sah noch die Überraschung in Richards Gesicht, dann stieß er zu. Er spürte einen leichten Widerstand, aber nur kurz.
    Richard schrie auf und stieß Ray von sich weg. Die Decken machten es ihm unmöglich, seine Beine zu bewegen, und Ray fiel rücklings in den Schnee. Kalter Wind blies durch das Loch, das er in die Decken gebohrt hatte, und ließ das warme Blut auf seinen Händen sofort wieder abkühlen.
    »Mein Gott!«, schrie einer der Männer. »Er hat ihn erstochen!«
    Beide Hände auf die blutende Wunde in seinem Bauch gepresst, sank Richard auf die Knie. Sie fühlte sich an, als wäre etwas darin stecken geblieben, das sich wie von Geisterhand bewegt tiefer und tiefer in seine Eingeweide grub. Richard wühlte sich mit der Hand durch das klaffende Loch im Futter seines Anoraks, bis er die Ränder der Stichverletzung ertasten konnte. Er versuchte sie zuzuhalten, so gut es ging, während er mit weit aufgerissenen Augen auf das viele Blut starrte.
    Mit einem Brüllen stürzte er sich auf Ray, der gerade noch den Dolch wieder hochreißen konnte, aber er erwischte nur Richards Handfläche, und der zusätzliche Schmerz schien ihn in nur noch größere Raserei zu versetzen.
    »Haltet ihn fest!«, bellte Richard die vor Schreck erstarrten Männer an, die immer noch untätig daneben standen.
    Endlich ließen sie ihre Gewehre fallen und packten Rays Handgelenke. Ray wehrte sich nach Leibeskräften, aber mit Richards Gewicht auf seiner Brust konnte er kaum atmen, geschweige denn die beiden Männer abschütteln, die ihn festhielten.
    »Ihr habt wohl geglaubt, ihr könnt mich reinlegen! Mich?!« Richard war außer sich vor Wut, Bluttröpfchen spritzten aus seinem Mund, während er Ray mit gefletschten Zähnen anbrüllte. Er presste seine rechte Hand mit solcher Kraft auf Rays Gesicht, dass seine Lippen aufplatzten wie überreife Pflaumen und die Zähne in seinem Mund unter dem Druck abzubrechen drohten. »Ich habe euch noch mal eine Chance gegeben, und das ist euer Dank?«
    Wie gelähmt vor Schock beobachteten die beiden Männer Richards Wutausbruch, unfähig irgendetwas anderes zu tun, als Rays Handgelenke festzuhalten.
    »Gebt mir das Messer!«, bellte Richard. »Ich sagte, gebt mir das gottverdammte Messer!«
    Einer der beiden wand den Dolch aus Rays Hand und kugelte ihm dabei den Zeigefinger aus. Dann warf er Richard hastig das Messer hin und wischte sich hektisch die blutverschmierte Hand an seiner Hose ab.
    »Ich werde dir eine Botschaft mit auf den Weg geben«, knurrte Richard und drückte noch fester zu. »Du gehst jetzt wieder zurück zu deinen Leuten, hast du gehört? Du gehst wieder zurück zu eurer jämmerlichen Höhle und sagst deinen Leuten, dass sie alle sterben werden!«
    Richard hielt den Dolch jetzt ganz dicht vor Rays Gesicht, und Ray schloss die Augen. Er spürte noch, wie die Spitze der Klinge in die dünne Haut über seinem rechten Auge schnitt, dann fühlte er einen Schmerz, wie er ihn niemals für möglich gehalten hätte. Ray schrie aus vollem Hals, während Richard die Klinge immer tiefer in seine Augenhöhle schob. Bindegewebe gab nach und Nervenbahnen zerrissen, als Richard das Messer wieder herauszog und mit ihm den Augapfel samt oberem Lid.
    Blut quoll aus dem gähnenden Loch, floss über Rays Wange und tropfte in den weißen Schnee.
    Mit einem schmatzenden Geräusch rammte Richard den Dolch in Rays anderes Auge, und Ray brüllte noch lauter. Dann drehte er die Klinge um neunzig Grad und riss sie heraus wie einen Korkenzieher.
    Die beiden Männer ließen Rays Handgelenke los und taumelten wie benommen nach hinten, weg von der abscheulichen Szene, die sich gerade vor ihren Augen abgespielt hatte, aber Ray konnte weder die Furcht noch die Abscheu in ihren Gesichtern sehen. Er hörte nicht einmal, wie sie unter seinen Schreien ihre Motorschlitten anließen.
    »Steh auf!«, bellte Richard und griff mit den Daumen in Rays leere Augenhöhlen. Ray hatte das Gefühl, als würde sein Schädel jeden Moment in der Mitte auseinanderbrechen, und die freiliegenden Nervenenden jagten ein Gewitter von Schmerzimpulsen durch seinen ganzen Körper. Dann versuchte Richard, Ray mit beiden Händen auf die Füße zu ziehen, aber Ray

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