Sturm der Seelen: Roman
als zerschmetterte Knochen, die im rot verfärbten Schnee lagen, und ein paar Fleischfetzen, die aus den Mäulern der rasenden Monster hingen.
Krieg riss an Donners Stachelmähne und warf einen kurzen Blick auf die blutigen Schneeengel, bevor sein Reittier die Überreste der Knochen unter seinen flammenden Hufen zertrampelte. Dann richtete er seine Augen wieder auf den Horizont und rammte seine Sporen zwischen Donners nackte Rippen, der sofort weiter auf die Felseninsel zujagte, die als dunkler Fleck vor ihnen aus der geschlossenen Eisdecke ragte.
Flammen schlugen aus Kriegs Augen und versengten seine Gesichtsmaske, und Donner zog vor Erregung einen Feuerschweif hinter sich her wie ein Meteorit kurz vor dem Einschlag. Sie alle spürten, was kommen würde. Die letzte Schlacht stand kurz bevor, endlich. Sie würden die letzten Überlebenden der Menschheit auslöschen und ihre Aufgabe zu Ende bringen. Schon bald wäre die Erde befreit von diesen Parasiten, und der Wiederanfang konnte beginnen. Eine vollkommen neue Rasse würde entstehen! Die Zeit war gekommen, die Herrschaft an sich zu reißen, denn sie waren die wahren Kinder Gottes und die rechtmäßigen Erben Seines Throns. Diesmal würden sie sich nehmen, was ihnen gebührte.
Und es auf ewig bewahren.
Ohne an Tempo zu verlieren, galoppierte Donner über die vereisten Felsen bis hinauf zum höchsten Punkt der Insel. Um ihn herum bedeckte der Schwarm jeden Quadratzentimeter Boden wie Fliegen auf einer Leiche. Der Geruch von Feuer und Tod hing in der Luft, vermischt mit dem köstlichen Duft von frischem Menschenfleisch, der von der Küste herüberwehte. Krieg saß auf seinem Reittier, vollkommen eingehüllt von dessen Flammen. Ein ohrenbetäubendes Zischen und Fauchen erhob sich überall um ihn herum, und er konnte die Erregung des Schwarms förmlich spüren. Treu ergeben standen seine Legionen bereit und erwarteten seine Befehle, warteten auf frische Beute, auf den göttlichen Geschmack von frischem Menschenfleisch.
Am Horizont brannte ein Feuer so hoch wie ein Haus, und sein schwarzer Rauch überdeckte sogar das blendende Weiß des unvermindert wütenden Schneesturms. Krieg musste beinahe lächeln. Glaubten sie tatsächlich, sie wären bereit für diesen ungleichen Kampf? Eine Flammenwand konnte seinen Schwarm nicht aufhalten. Sie würden sie einfach umgehen, um sie dann aus allen Richtungen gleichzeitig anzugreifen. Sie würden sich von den Felsen über ihnen auf sie stürzen und einen Sturmangriff über den See laufen. Den Menschen dort drüben blieb nicht einmal genug Zeit, um zu begreifen, was vor sich ging, bevor sie starben.
Eine Schlacht? Es würde ein Massaker werden.
Krieg hob seine Faust. Donner erhob sich auf seine Hinterbeine und ließ seine feurigen Hufe durch die Luft wirbeln. Die Erde bebte. Dann ließ er seine Faust niederfahren, und hunderte schwarzer Leiber brandeten über die Insel, hinaus auf den See, um den Berg über dem Höhleneingang zu erklimmen und sich von oben aus den Felsen auf ihre wehrlose Beute, die sich hinter ihrer lächerlichen Feuerwand verkrochen hatte, zu stürzen. Die meisten jedoch blieben zurück, denn sie wussten, dass bereits alles vorbei sein würde, wenn die anderen ihr Ziel erreichten.
Mit einem Schrei, der den Himmel über ihnen erzittern ließ, ließ Krieg erneut seine Faust niederfahren, und der Rest des Schwarms preschte vorwärts, sprang über die Felsen hinweg hinaus auf den See, und selbst mit gebrochenen Beinen rasten sie weiter über die vor ihnen liegende Eisfläche, geradewegs auf den Strand zu. Und der Boden bebte unter ihrem schrecklichen Ansturm.
Bald würden die letzten Tropfen Blut dieses Ungeziefers Mensch den Boden der Erde benetzen.
LVI
MORMON TEARS
Normans Schultern glühten, und das Atmen fiel ihm so schwer, dass er sich kaum noch bewegen konnte. Er wusste nicht mehr, wie lange er schon mit seiner Axt, die ja eigentlich nur ein Beil war, auf das Eis einschlug. Das Einzige, was er wusste, war, dass er die Energiereserven seines Körpers bald restlos aufgebraucht haben würde. Er spürte das Gewicht des Werkzeugs in seinen Händen schon gar nicht mehr, und seine Finger fühlten sich an, als wären sie am Stiel festgefroren. In seinem Gespräch mit Phoenix, aufgrund dessen er überhaupt hier draußen auf dem Eis war, war die wichtigste Frage nicht einmal zur Sprache gekommen. Aber er kannte die Antwort auch so, denn er hatte sie in den Augen des Jungen gesehen.
Er würde nicht
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