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Sturm der Seelen: Roman

Sturm der Seelen: Roman

Titel: Sturm der Seelen: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael McBride
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ihm vorbei wie Sterne an einem Raumschiff, das durch den Hyperraum jagt, während er mit seinem Speeder über Schneewehen und Bodenwellen sprang. Richard griff nach der Flinte, presste den Kolben gegen seine Schulter und versuchte, den Lauf über den Rand der Windschutzscheibe zu schieben, damit er den Lichtkegel seines Scheinwerfers als Visierlinie benutzen konnte.
    In seinem Schoß bildete sich eine Pfütze aus frischem Blut. Die ständigen Erschütterungen hatten die Wunde wieder aufplatzen lassen, aber er konnte sie jederzeit wieder verschließen. Das Einzige, das im Moment zählte, war Rache. Seine Rache. Der kleine Junge war ihm mittlerweile vollkommen egal. Sie alle hatten sich gegen ihn verschworen und ihn gemeinsam erniedrigt. Niemand durfte mit Richard Robinson so umgehen. Sie würden bezahlen für das, was sie getan hatten. Mit Schmerzen. Und dann würde er nach Salt Lake City fahren, und alle würden sich seiner Herrschaft bedingungslos unterwerfen, oder dasselbe Schicksal würde auch sie ereilen. Richard war am Ende mit seiner Geduld. Keine psychologischen Spielchen mehr. Kein Taktieren und kein Manipulieren mehr, um seine Ziele zu erreichen. Entweder sie gaben ihm, was er wollte, oder sie würden sterben. Ganz einfach. Das ganze Tamtam um die Institution der Demokratie und die irrige Annahme, das Volk müsse ein Mitspracherecht haben, hatte letztendlich zu ihrem Untergang geführt. Ein Herrscher, der mit eiserner Faust regiert, hätte die Welt vor dem Untergang gerettet. Sie hätten diese arabischen Sandflöhe einfach mit dem Absatz zertreten sollen, als sie begannen, Amerika herauszufordern. Nichts von alledem wäre dann geschehen. Richard hatte das begriffen, und auf keinen Fall würde er denselben Fehler begehen. Entweder stand man auf seiner Seite, oder man war tot. Punkt.
    Wie ein Schiff im Nebel tauchten die verschwommenen Umrisse der Küste vor ihm auf, nur dass der Berg, in dem sich der Höhleneingang befand, in Flammen zu stehen schien. Das Feuer erhob sich bis in den Himmel, und der Wind trug den Geruch von brennendem Holz nun auch bis zu Richard. Vom Strand schien Rauch herüberzuwehen, der ihn umschloss wie Nebel.
    Mit einem lauten Knacken wurde der rechte Führungsski von Richards Motorschlitten in die Höhe gerissen, das ganze Gefährt kippte ein Stück zur Seite und hob ab. Als es mit dem vorderen Teil zuerst wieder aufkam, stürzte es endgültig um und schlitterte auf der Seite liegend noch ein paar Meter weit durch den Schnee, um dann mit stotterndem Motor liegen zu bleiben.
    Richard zerrte sein eingeklemmtes Bein unter dem Schneemobil hervor und krabbelte, immer wieder einen Mund voll Blut ausspuckend, ein Stück von der Unfallstelle weg. Rechts von ihm lugte der Lauf der Schrotflinte aus dem Schnee, links von ihm lag der Speeder mit gebrochenem, an der Aufhängung baumelndem Lenkski auf der Seite, und mit einem letzten Huster erstarb auch der Motor endgültig.
    Alles, was Richard jetzt noch blieb, war, die Flinte auszugraben und seinen Weg zu Fuß fortzusetzen. Die linke Hand auf die wieder offene Wunde gepresst, schleppte er sich mit der Schrotflinte in der rechten durch den Schnee. Am äußersten Rand seines Gesichtsfelds konnte er mehrere große weiße Vögel erkennen, die sich mit ein paar Flügelschlägen in die Luft erhoben und wieder im Sturm verschwanden, wo sie ihm knapp außer Sichtweite folgten.
    Im ersten Moment dachte er, es handele sich um eine Fata Morgana, als er in einiger Entfernung zwei dunkle Umrisse zu erkennen glaubte. Aber, nein, das waren eindeutig zwei Köpfe, zwei Männer, die sich aufeinandergestützt auf den Strand zuschleppten.
    Lächelnd legte er seine blutdurchtränkte Hand auf den Vorderschaft und brachte die Flinte in Anschlag. Immer mehr frisches Blut quoll aus der Bauchwunde, aber Richard bemerkte es nicht einmal. Endlich war die Zeit gekommen.
    Das Schlachten konnte beginnen.

LV
     
    AUF DEM GROSSEN SALZSEE
     
    Die beiden Schneemobile jagten über den See Richtung Osten. Die Fahrer sahen einander nicht an, sie starrten nur auf die endlose weiße Fläche vor ihnen und dachten an nichts anderes, als die Insel und die Hölle, die sie dort erlebt hatten, so weit wie möglich hinter sich zu lassen. Beide waren sie nicht nur Zeugen, sondern auch Akteure in einer Situation gewesen, die weit schlimmer eskaliert war, als sie sich das jemals hätten vorstellen können, und jetzt gab es kein Zurück mehr. Sie hatten sich bereiterklärt, die anderen

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