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Sturm der Seelen: Roman

Sturm der Seelen: Roman

Titel: Sturm der Seelen: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael McBride
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mit eigenen Augen sehen -, dennoch erkannte er diesen Ausdruck in ihren Mienen sofort.
    Was sich da auf ihren Gesichtern spiegelte, war Hoffnung.
    Mit einem letzten Schrei erhob sich der Vogel wieder in die Lüfte. Seine Klauen schnitten in Normans Fleisch, als er sich von ihm abstieß, aber er spürte den Schmerz nicht einmal. Er beobachtete noch einen Moment lang die mächtigen weißen Schwingen, dann verschmolzen sie wieder mit dem Schnee.
    »Danke«, sagte er flüsternd, auch wenn er seine Worte selbst kaum hören konnte unter all dem Lärm, der auf ihn zurollte wie die Schockwelle eines Erdbebens. Das Eis unter ihm bäumte sich auf, aber Norman schaffte es, irgendwie auf die Beine zu kommen, und wandte sich nach Osten.
    Mit dem Geschmack von Tränen auf seinen Lippen hob er den Blick. Durch den Sturm hindurch konnte er bis an den Rand seines Gesichtsfelds schwarze Schatten sehen, die über die Eisfläche auf ihn zurasten. Er hörte ein Zischen, das so laut war, dass es in seinen Ohren schmerzte und das Krachen des sich immer weiter ausbreitenden Spalts unter ihm übertönte. An immer mehr Stellen schimmerte das dunkle Wasser des Sees zwischen den Rissen hindurch, die sich verästelten wie Blitze. Ganze Schollen brachen heraus, der Boden unter seinen Füßen schwankte, und Norman musste sich am Rand der Scholle festhalten, die sich um ihn gebildet hatte, damit er nicht abrutschte und in das eiskalte Wasser fiel. Seine Augen sahen nur noch Schwarz, das Schwarz des Schwarms auf seinem letzten Vormarsch.
    Zu Dutzenden fielen sie durch das Eis, das unter ihrem gigantischen Gewicht einfach wegbrach und sie der tödlichen Kälte des Sees auslieferte. Als eine Art letzte Gnade durfte er mit ansehen, wie ihre Körper sofort erstarrten und in der Dunkelheit versanken. Einige hielten sich an den Schollen fest, wie auch Norman es tat, aber ihre Klauen waren so scharf, dass das Eis ihnen kaum Widerstand bot und sie trotzdem versanken, und selbst diejenigen, die sich irgendwie halten konnten, mussten schließlich gelähmt vor Kälte loslassen. Fauchend und mit zitternden Kehlsäcken hauchten sie ihr Leben aus.
    Anderen wiederum gelang es, schwankend wieder auf die Füße zu kommen, und gemeinsam mit jenen, die die Falle, in die ihre Artgenossen geraten waren, rechtzeitig erkannt hatten, sprangen sie nun von Scholle zu Scholle. Doch dann sah Norman die Unterwasserpferde, jene seepferdchenartigen Geschöpfe, die sie hierhergebracht hatten, wie sie sich von unten gegen die auf und ab hüpfenden Schollen warfen, um die Echsenwesen ins Wasser zu stürzen, und mit ihren Kiefern nach ihren Gliedmaßen schnappten, um sie mit sich in die Tiefe zu reißen. Da tauchte ein Feuerschweif am Horizont auf, ein Reiter auf einem Pferd, und beide standen lichterloh in Flammen. Norman sah knöcherne Beine, die sich so schnell bewegten, dass sie kaum den Boden berührten, und Wasser, das unter glühenden Hufen verdampfte.
    Ein letztes Mal kämpfte Norman sich hoch auf seine vor Kälte vollkommen tauben Beine. Er wollte seinem Henker aufrecht gegenübertreten, also nahm er einen tiefen Atemzug und blickte dem Reiter geradewegs in die flammenden Augen. Und was er dort unter seiner blutroten Maske erblickte, war nichts anderes als das Feuer der Hölle, aber Norman verspürte keine Furcht.
    Selbst in der Stunde seines Todes würden sie seinen Willen nicht brechen können.
    »Wir werden überl…!«, schrie er aus vollem Hals, doch der Reiter war bereits über ihm, und Finger, spitz wie Dolche, bohrten sich in das weiche Fleisch unter seinem Kinn, und scharfe Klauen schlossen sich um seinen Kiefer.
    Donner galoppierte weiter, und Normans Kopf wurde mit solcher Wucht nach hinten gerissen, dass seine Halswirbelsäule brach wie ein Streichholz und abriss. Wie einen Footballhelm hielt Krieg Normans Kopf unter dem Arm, während sein lebloser Körper langsam in den Fluten des Großen Salzsees versank.

BUCH ACHT
     

LVII
     
    MORMON TEARS
     
    Jill stand auf der anderen Seite des Walls, genau so, wie sie es so oft in ihren Visionen gesehen hatte. Als wäre die Welt um sie herum zum Stillstand gekommen, stand sie da, gefangen in einem Strudel, konnte weder atmen noch denken, nur den Strand um sie herum beobachten. Ein Blick über ihre Schulter bestätigte Jill, was sie ohnehin schon wusste. Die anderen waren dort, zusammengekauert warteten sie hinter dem Wall, und nur ihre Atemwolken waren einen Moment lang zu sehen, bevor der Wind sie fortriss. Zu beiden

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