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Sturm der Seelen: Roman

Sturm der Seelen: Roman

Titel: Sturm der Seelen: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael McBride
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den Schädel.«
    »Sie machen da gerade einen sehr, sehr großen Fehler, Bruce«, erwiderte Richard, legte seine Waffe weg und gab dem anderen Mann ein Zeichen, er solle sich zurückziehen. Auch der legte daraufhin seine Flinte auf den Boden und ging wieder zurück auf die andere Seite des Feuers, wo die anderen ihre Gewehre jetzt so niedrig hielten, dass Bruce sie wegen der Flammen nicht sehen konnte.
    »Kein Fehler. Niemand bewegt auch nur den kleinen Finger, bis ich weiß, was genau hier vorgeht. Jemand wird mir jetzt die Wahrheit erzählen, oder ich …«
    »Oder was?«, unterbrach Richard mit beunruhigend gelassener Stimme. »Wollen Sie uns alle erschießen? Das scheint mir kein guter Ausweg aus Ihrer momentanen Lage.«
    Bruce starrte auf die Furchen auf Richards Wangen. Es war nicht unwahrscheinlich, dass sie von den Fingernägeln einer Frau stammten.
    »Wie ist das mit Ihrem Gesicht passiert?«, fragte er und suchte nach verräterischen Hinweisen in Richards Reaktion.
    »Ich habe mich beim Rasieren geschnitten«, sagte Richard lachend. »Was denken Sie eigentlich? Ich habe mir das Gesicht aufgeschlitzt, als ich mich aus dem zersplitterten Fenster des Zimmers, in dem dieser Mörder Peckham erschossen hat, nach draußen lehnte. Natürlich ragten überall Glassplitter aus dem Rahmen, aber davon ließ ich mich nicht abschrecken. Ich hatte gerade mit ansehen müssen, wie dieser Mann« – er deutete mit dem Kinn auf die Flammen – »ihm in die Brust geschossen hat. Ich musste Hilfe rufen.«
    »Sie lügen.«
    »Das ist eine schwerwiegende Beschuldigung, Bruce. Haben Sie dafür irgendwelche Beweise?«
    »Der Ausdruck in den Augen dieses kleinen Jungen war Beweis genug. Er ist keine Geisel. Er bleibt aus freien Stücken bei den anderen, weil Sie …«
    Bumm!
    Eine Kugel flog zischend an Adams Ohr vorbei und zog einen kleinen Flammenschweif hinter sich her.
    Adam fuhr herum und sah, wie Bruce nach hinten umfiel, einen scharlachroten Stern auf seiner Brust. Klebrige Daunenfedern quollen aus seiner Jacke, sein Gewehr fiel zu Boden, und er schlug mit dem Hinterkopf so hart auf den Fels, dass Blut aus seinem Mund spritzte. Seine Augenlider flackerten noch, während er ungläubig das Blut befühlte, das aus seinem teilweise freigelegten Brustkorb sprudelte.
    »J… Jesus«, stammelte er mit blutverschmierten Lippen.
    Richard stand auf, stellte sich neben Bruce und setzte ihm die Mündung seines Gewehrs auf die Stirn.
    Bumm!
    Die Kugel durchschlug Bruces Stirn und Hinterkopf, prallte von dem Felsen darunter ab und trat seitlich wieder aus, wobei sie Teile von seinem Gehirn mit sich riss. Dann sah Adam einen Funken, als der Querschläger von der Felswand hinter ihnen abprallte und schließlich auf den See hinausgeschleudert wurde.
    Mit einem Knurren packte Richard den Kragen von Bruces Jacke und zerrte ihn hoch. Blut, vermischt mit einer zähen Masse, wie sie manchmal aus einem verstopften Gully quillt, bahnte sich, der Schwerkraft folgend, seinen Weg über den Boden. Dann warf er den Toten zu Grays Leiche ins Feuer.
    »Gibt es noch jemanden, der mich unbedingt herausfordern will?«, brüllte Richard. Seine Augen flackerten wild, und die Ränder der frisch verheilten Wunden auf seinen Wangen platzten von der Anstrengung wieder auf, so sehr tobte er.
    »Wir sind nicht alle Ihre Feinde«, sagte Lindsay und versuchte zitternd, Richards Hand zu berühren. »Manche von uns finden Macht sogar sehr attraktiv …«
    Richard zog seine Hand weg und verpasste Lindsay eine so harte Ohrfeige, dass sie in Adams Arme geschleudert wurde.
    »Denkt ja nicht, dass ich bescheuert bin«, knurrte er und ließ sich wieder auf seinem steinernen Thron neben dem Feuer nieder. »Ihr habt zwei Stunden, um mir den Jungen zu bringen.«
    »Oder was?«, fragte Adam und stützte Lindsay, die schluchzend ihren Kopf an seine Schulter presste.
    »Oder wir werden euch alle töten!«, brüllte Richard so laut, dass der Hall seiner Stimme trotz des Sturms ein ziemliches Stück weit zu hören war.

XLII
     
    SALT LAKE CITY
     
    Krieg stand auf dem Dach des Mormonentempels und starrte über den Temple Square hinweg auf den Horizont. Er konnte das Gebäude sehen, in dem sich seine Beute versteckt hielt, und er war sicher, dass auch sie ihn sehen konnten, wenn sie sich nur genug anstrengten – eine Gestalt mit einem Umhang aus menschlichem Fleisch, die darauf wartete, dass die Sonne unterging. Dunkle Sturmwolken hielten sich bereit, den Himmel zu verfinstern und

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