Sturm der Seelen: Roman
diese brennenden Büsche sein Verhandlungstisch. »Nehmen Sie Platz.«
Adam kam zu dem Schluss, dass es wohl das Beste war, ihn bei Laune zu halten. Richard saß zweifellos am längeren Hebel, und das Letzte, was Adam jetzt wollte, war, ihm auch nur den kleinsten Anlass zu geben, wütend zu werden. Also hockte er sich ebenfalls auf den eiskalten Felsen, und Lindsay und Gray folgten seinem Beispiel, wobei Gray Richard auch nicht für den Bruchteil einer Sekunde aus den Augen ließ.
Der Wind heulte über ihren Köpfen, blies die Rauchschwaden in alle Richtungen hinaus in den tanzenden Schnee und schien dabei gleichzeitig die Flammen höher und höher zu peitschen. Wenigstens waren sie dem Sturm jetzt nicht mehr direkt ausgesetzt und konnten sich ein wenig an dem Feuer wärmen, wenn auch bei weitem nicht genug.
»Sparen wir uns alle weiteren Förmlichkeiten«, sagte Richard. Er legte das Gewehr quer über seine Oberschenkel, beugte sich nach vorn und starrte Adam direkt in die Augen. »Sie haben etwas, das ich will, und ich werde nicht ohne es wieder von hier verschwinden.«
»Sie werden nicht mal in die Nähe des Jungen kommen!«, schrie Gray und machte Anstalten, sich auf Richard zu stürzen, aber Adam hielt ihn zurück, damit er nicht in seinen sicheren Tod lief. »Ich habe mit eigenen Augen gesehen, was Sie mit seiner Mutter gemacht haben.«
»Ich habe versucht, sie vor Ihnen zu beschützen … was mir unglücklicherweise nicht gelungen ist.«
Einer von Richards Männern stand auf und ging um die knisternden Flammen herum, bis er direkt neben Gray stand.
»Vor mir?«, sagte Gray keuchend. »Ich war nicht derjenige, der ihr aus direkter Nähe in den Kopf geschossen hat.«
Richard nickte dem Mann zu, der sich seelenruhig hinter Gray stellte und den Lauf seines Gewehrs auf Grays Hinterkopf richtete.
Noch bevor Adam auch nur den Mund öffnen konnte, gab es einen ohrenbetäubenden Knall. Die Flammen zischten laut, als Blut und Teile von Grays Gehirn ins Feuer regneten. Der leblose Körper sank vornüber, und ein rötlich-grauer Schleim ergoss sich über die Überreste von Grays Gesicht. Dann presste der Mann einen Stiefel gegen Grays unteren Rücken und stieß seine Leiche ins Feuer.
Lindsay schrie.
Es war alles so schnell gegangen … viel zu schnell … Adam hatte es nicht einmal kommen sehen. Grays Kleidung begann bereits zu brennen, und Adam wandte den Blick ab, starrte mit genauso angst- wie hasserfüllten Augen auf Richard.
»Ein Kindesentführer und Mörder hat bei diesen Verhandlungen nichts zu suchen«, sagte Richard.
Adam hörte, wie der Mann die leere Patronenhülse aus der Kammer springen ließ, und spürte, wie das blinde Auge der Mündung nun ihn anstarrte.
»Er hat den Jungen nicht entführt«, sagte Adam durch seine gefletschten Zähne. »Er hat uns alles erzählt. Was Sie mit Jakes Mutter gemacht haben und mit Peckham.«
»Er hat gelogen«, erwiderte Richard, und die Flammen spiegelten sich in seinen Augen. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie den Worten eines Halsabschneiders wie ihm mehr Glauben schenken als den meinen.«
»Das tue ich nicht. Aber ich glaube Jake.«
Bruce zuckte zusammen, als hätte jemand ihn geohrfeigt. Das Ganze geriet langsam völlig außer Kontrolle. Soeben hatten sie diesen Mann kaltblütig erschossen, und jetzt, da er Adam reden hörte, konnte er nicht anders, als ihm zu glauben. Zwei Gewehre waren auf diesen Mann gerichtet, und der Wind verbreitete den Geruch von brennendem Fleisch – das Fleisch seines Freundes -, und dennoch weigerte er sich, Richard zu geben, wonach er verlangte. Das ergab keinen Sinn. Nichts ergab einen Sinn. Zu viele Geschichten, zu viele Lügen. Und über allem lag nun der Gestank von Schwarzpulver und Tod.
Richard lachte. »Der Junge würde alles tun, um den Mann, der seine Mutter getötet hat, davon abzuhalten, dasselbe mit ihm zu machen. Mein Gott, er ist doch nur ein kleines Kind.«
»Ganz recht«, sagte Adam. »Er ist nur ein kleines Kind. Und deshalb werden Sie ihn nirgendwohin mitnehmen.«
»Falsche Entscheidung«, sagte Richard und richtete sein Gewehr auf Lindsay, die aufschrie und beide Hände über ihr Gesicht hielt.
»Lassen Sie die Waffe fallen!«, brüllte Bruce, der nun seinerseits auf Richard zielte. Aus dem Augenwinkel sah er, wie der Mann, der soeben Gray erschossen hatte, seine Schrotflinte auf ihn richtete. »Und sagen Sie diesem Trottel, dass er seine Flinte weglegen soll, sonst blase ich Ihnen ein Loch in
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