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Sturm der Seelen: Roman

Sturm der Seelen: Roman

Titel: Sturm der Seelen: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael McBride
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Sekunde zu Sekunde immer schneller. Gelbe Augen verjagten die Dunkelheit mit ihrem unheilvollen Leuchten. Von überall schienen sie auf ihn herab, bis er in ihrem Glanz erstrahlte wie eine neu entstehende Sonne. Krieg hob die Arme, der Umhang glitt von seinen Schultern, und darunter kam sein blutroter Panzer zum Vorschein. Klauen gruben sich in Holz, Füße und Fäuste trommelten, und es erhob sich ein ohrenbetäubendes Fauchen und Zischen. Mit einem Knall wie von einem Kanonenschuss explodierte das Eingangstor des Tempels nach innen, und dahinter stand Donner mit wirbelnden Vorderhufen.
    Seine knöchernen Hufe polterten über den gefliesten Boden, Feuer loderte aus den Abdrücken, und der ganze Tempel erzitterte dermaßen, dass Teile des Dachstuhls einstürzten. Jetzt leckten die Flammen auch nach den Gebetsbänken und fraßen sich hinein in das polierte Holz, stiegen leuchtend blau immer höher, bis der entstehende Rauch die schwarzen Leiber des Schwarms von der Decke regnen ließ wie Asche. Die Erde bebte, die Gebetsbänke stürzten um, und der Schwarm stand versammelt inmitten der Flammen, als spüre er keinen Schmerz.
    Donner stellte sich an die Seite seines Herrn und blickte mit feurigen Augen auf die brennende Heerschar. Dann ließ Krieg seine Arme sinken und wartete, bis das Zischen verstummte.
    Als schließlich nur noch das Knistern des brennenden Gotteshauses zu hören war, sprang er auf den Rücken seines Reittiers und ergriff dessen Stachelmähne. Donner richtete sich noch einmal zu voller Höhe auf, dann preschte er vorwärts. Die Türme des Tempels stürzten ein und durchschlugen die Decken der oberen Ebenen, als wären sie gar nicht da. Tonnen von Steinen und Zement begruben den Altar unter sich, während sich der Schwarm durch Türen und Fenster hinaus auf den Temple Square ergoss wie Ratten, die ein sinkendes Schiff verlassen. Der Tempel hinter ihnen stöhnte in seinen letzten Todeszuckungen, eine Rauchwolke schoss aus den Trümmern in den dunklen Nachthimmel, und der Schwarm drängte sich dicht um seinen Anführer.
    Krieg reckte die Faust nach oben, und wieder fauchten und zischten seine Untertanen. Er ließ seine Faust fallen, und der Lärm steigerte sich zu einem Inferno, dann jagte der Schwarm über den Platz wie ein Tsunami.

XLIII
     
    MORMON TEARS
     
    Lindsay hielt sich an Adams Hand fest wie ein kleines Kind. Die meiste Zeit, während der sie über den zugefrorenen See zurück nach Mormon Tears rannten und stolperten, heulte sie, als wäre sie am Rand eines Nervenzusammenbruchs. Nur langsam bekam sie sich wieder unter Kontrolle, hielt ihre Tränen zurück und zog die Nase hoch. Ab und zu konnten sie für Bruchteile von Sekunden durch den peitschenden Sturm hindurch, der den gerade frisch gefallenen Schnee immer wieder aufwirbelte, vor sich die Felswand und den Strand hindurchschimmern sehen, während sie versuchten, den Trampelpfad wiederzufinden, den sie sich auf ihrem Weg zu der Insel gebahnt hatten.
    Adam wusste immer noch nicht, wie er es ihnen sagen sollte: Entweder sie gaben den Jungen heraus, oder sie würden alle abgeschlachtet werden. Sie hatten sich auf einen Sturmangriff von Tausenden dieser Echsenwesen vorbereitet, aber er sah nicht die geringste Möglichkeit, wie sie sich gegen diese Hand voll bewaffneter Männer verteidigen sollten. Wie auch? Sollten sie ihre Speere wieder aus dem Boden herausreißen und versuchen, Richards Männer nahe genug heranzulocken, um sie im Nahkampf niederzustrecken? Bevor es so weit kommen würde, wären sie wahrscheinlich schon vollauf damit beschäftigt, sich gegenseitig Schrotkugeln aus Dutzenden von Wunden zu pulen. Er wusste, dass sie einen Plan von ihm erwarteten, aber das Beste, was ihm einfiel, war, Richard das zu geben, wonach er verlangte. Schließlich würde er sich wohl kaum so ins Zeug legen, wenn er vorhätte, dem Jungen tatsächlich etwas anzutun. Er brauchte Jake und seine Träume. Adam und die anderen waren vollkommen nutzlos für ihn, und er hatte nicht den geringsten Zweifel, dass Richard ohne mit der Wimper zu zucken gegen sie ins Feld ziehen und sie alle massakrieren würde.
    Als sie in Sichtweite des Strandes waren, kamen die anderen ihnen vom Eingang der Höhle entgegengelaufen, wo sie geschützt vor Wind und Wetter auf sie gewartet hatten. Es konnte ihnen kaum entgangen sein, dass sie nur noch zu zweit waren, und Adam hoffte, dass sie nicht jetzt schon in Panik ausbrachen, bevor er überhaupt mit ihnen gesprochen hatte. Aber

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