Sturm: Die Chroniken von Hara 4 (German Edition)
morgen steht uns ein ebenso langer Tag bevor.«
»Aus, du Hund.«
Er kroch neben sie und schmiegte sich an ihre Seite. Zusammen mit Thia, der Verdammten Typhus, wartete er auf die Morgendämmerung.
Kapitel
19
»Wie kann das Leben nur so hundsgemein sein?«, jammerte mir Quäker ins Ohr. »Da will man schon mal kämpfen – und dann das!«
»Du wirst dich noch früh genug ins Getümmel stürzen können!«, versprach ihm Dreiauge, der an der Sehne seines Bogens schnupperte, die nach Harz roch. »Ich persönlich hätte jedenfalls nichts dagegen, mir mit dem Sterben noch ein bisschen Zeit zu lassen.«
»Gestern hat irgendein Schlaukopf versucht, mir ein Amulett gegen die Magie der Nekromanten aufzuschwatzen.«
»Und? Hast du dich beschwatzten lassen?«
»Ich hab ihm einen Tritt in den Hintern verpasst.«
»Gut gemacht«, versicherte Dreiauge. »Ich hätte diesem Dreckskerl wahrscheinlich auch noch die Fresse poliert, damit er die Leute nie wieder verarscht. Wenn wir solche Amulette hätten, dann wären wir ja wohl jetzt nicht hier, oder?!«
»Stimmt schon«, gab Quäker zu. »Schade ist aber trotzdem, dass es nichts gegen diese verfluchte Magie gibt.«
»Wie kommst du denn darauf?! Um den Nekromanten zu entwischen, müsstest du bloß gehörig Fersengeld geben.«
»Ihr haltet jetzt sofort den Mund! Alle beide!«, knurrte ich. »Wenn die Ritter euch hören, hängen sie euch.«
»Bloß fehlen ihnen dafür die Bäume«, erwiderte Dreiauge. »Oder sonst was, an dem sie uns aufhängen könnten. Außerdem rufe ich ja nicht zur Fahnenflucht auf.«
»Trotzdem hältst du jetzt die Schnauze. Sieh lieber nach, ob neue Pfeile eingetroffen sind. Und schärf denjenigen, die sie verteilen, ein, was sie zu tun haben.«
»Das habe ich schon.«
»Dann mach es noch mal!«
Daraufhin stapfte er brummend den Hang hoch, wo neben den Katapulten und Ballisten die Wagen mit den Pfeilen standen.
»Wie sieht’s bei dir aus, Grauer?«, wollte Oloth nun wissen.
»Alles in Ordnung. Die Bogenschützen sind bereit.«
Der Veteran nickte mir zu und lief die Reihen der am Boden sitzenden Männer weiter ab.
»Meiner Ansicht nach hätte Korunn wenigstens ein Dutzend Schreitende hier herschicken können«, fing Quäker wieder mit seinem Lamento an.
»Stimmt, das wäre nicht schlecht gewesen«, murmelte ich, während ich mir vorstellte, was Typhus mit denen angestellt hätte.
Seit gestern Abend hatte ich sie nicht gesehen. Sie hatte sich in der Nähe unserer Stellungen schlafen gelegt, war jetzt aber verschwunden. Langsam machte ich mir Sorgen, dass unser Vögelchen ganz ausgeflogen sein könnte – oder die Seite gewechselt hatte. Mit jeder Minute wuchs meine Nervosität, während meine Laune immer tiefer in den Keller sank.
»Gerade mal drei Funkenträger haben wir …«, maulte Quäker weiter. »Und zwei von denen sind auch noch Glimmende. Was wollen die schon gegen eine Verdammte ausrichten?«
»Schwindsucht ist schließlich auch gestorben. Deshalb sehe ich keinen Grund, warum nicht auch Scharlach verrecken soll.«
Vor gut drei Stunden war die Morgendämmerung heraufgezogen – nur um dann diesem graublauen Nebel Platz zu machen, der jetzt über dem Boden hing. Das heißt: Eigentlich handelte es sich nicht um Nebel. Als Rauch ließ sich das Zeug aber auch nicht bezeichnen. Es war dieser merkwürdige Atem Bragun-Sans, der aus unzähligen Rissen im Boden aufstieg.
Die vordersten Reihen unserer Truppen wurden von diesem Zeug fast geschluckt. Wir Bogenschützen standen etwas weiter oben auf dem Hang – und hatten zumindest auf diesen Schleier im Tal, der uns alle an eine Gewitterwolke erinnerte, freie Sicht.
Das Mistding verhinderte den Beginn der Schlacht, denn die Kommandeure Mithiphas zögerten genau so, ihre Truppen in dieses Nebelknäuel hineinzuschicken. Die Ye-arre hatten noch bei Sonnenaufgang berichtet, dass die Nabatorer nicht über vierzigtausend, sondern lediglich über dreißigtausend Mann verfügten, was uns aber, ehrlich gesagt, ziemlich einerlei war. Es blieben ja doch doppelt so viele wie wir. Und allein das Reich der Tiefe wusste, wie viele Nekromanten die Soldaten unterstützten.
Da wir im gesamten Tal standen, musste sich die Nabatorer Armee aufteilen, während ihre Nachhut hinter den Hügeln lauerte.
»Egel«, rief ich den Medikus.
»Es ist alles bereit«, antwortete dieser sofort. »Allerdings könnt ich heulen, wenn ich an den kläglichen Vorrat an Verbandsmaterial denke.«
»Angeblich haben die
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