Sturm: Die Chroniken von Hara 4 (German Edition)
Feinde etwa hundert Ascheseelen. Die werden sich uns tüchtig vornehmen.«
»Ja – mit Pfeilen, die direkt aus dem Reich der Tiefe stammen«, zischte Egel. »Diese Spitzen kriegst du einfach nicht rausgezogen.«
»Deshalb kündige ich dir diese Ascheseelen ja auch an. Damit du auf alles gut vorbereitest bist. Heute wirst du eine Menge zu schnippeln kriegen.«
»Ich habe keine Helfer«, stöhnte er. »Und allein werde ich das kaum schaffen. Wer bringt mir denn überhaupt die Verwundeten und hält sie fest?«
»Wende dich deswegen an Quello«, riet ich ihm. »Er soll dir ein paar Männer zuteilen. Von meinen Leuten kann ich leider niemanden abstellen. Hier zählt jeder Bogen.«
Sofort machte sich Egel auf, den Kommandeur der Schwertträger zu suchen, die hinter uns Aufstellung genommen hatten.
Quäker besorgte derweil heißes Wasser und kam mit zwei Bechern zurück. Einen gab er mir. Ich verbrannte mir prompt die Finger an dem Metall und trank vorsichtig einige Schluck. Das Wasser schmeckte nach Asche, aber darauf achtete ich kaum. Hauptsache, es wärmte.
Die Ye-arre drehten als rote Punkte am wolkenverhangenen Himmel ihre Kreise, in einer Höhe, in der sie kein Pfeil der Ascheseelen erreichen konnte. Obwohl sie unsere besten Späher waren, stellten sie uns jetzt kaum eine Hilfe dar, denn dieser graublaue Nebel verbarg nun mal das Schlachtfeld.
Durch die Wolkendecke hindurch schimmerte ein trübes rotes Licht. Der Komet war inzwischen fast so hell wie die Sonne.
»Wenn der so weiterwächst, kracht er uns garantiert auf den Kopf«, sagte Quäker, der meinem Blick gefolgt war. »Dieses Mistding ist so nah an uns dran wie nie zuvor.«
Mir fiel mein Traum wieder ein, der mit dem Apfelgarten, dem lauen Abend und dem Aufprall des Kometen – und mit der Flamme, die die ganze Welt verschluckte.
»Vielleicht brauchst du dir schon heute Abend keine Gedanken mehr darüber zu machen.«
Er brummte eine Zustimmung. Ich trank das Wasser aus, gab Quäker den Becher, lief unsere Reihen ab und sprach mit den Soldaten. Alle hielten sich tapfer und versicherten, sie würden ihr Leben teuer verkaufen. Mit einer gewissen Verwunderung stellte ich fest, dass sie, genau wie ich, keine Angst vor der heutigen Schlacht zeigten. Vielleicht, weil es für uns alle eh kaum schlimmer kommen konnte …
Jemand hielt mir eine Schale mit Essen hin, aber ich lehnte ab. Allmählich begann sich der graublaue Nebel zu lichten. Mit einem Mal brach an der linken Flanke, die vor dem See mit giftigem Wasser stand, Lärm aus, der sich jedoch schnell wieder legte. Sosehr wir auch zu den Männern dort hinüberspähten, den Grund für diesen Radau fanden wir nicht heraus. Und da die Boten, die der Kommandeur unseres Flügels sofort ausgeschickt hatte, noch nicht zurückgekehrt waren, ergingen wir uns eine Weile in wilden Mutmaßungen.
Ich wollte mit Lahen reden, damit sie mir bestätigte, dass ich richtig handelte, wenn ich heute ihr Leben riskierte, spürte aber nicht den geringsten Hinweis auf die Anwesenheit meines Augensterns. So nagten weiter Zweifel an mir.
Dann waren da noch Typhus’ Worte, über die nachzudenken ich kaum Zeit gefunden hatte.
Lahen sollte Ghinorha sein? Oder Ghinorha Lahen? Und wenn schon! Ich liebte meinen Augenstern, unabhängig davon, wer sie heute war oder früher einmal gewesen war.
Als ich erneut meine Blicke schweifen ließ, sah ich Typhus auf mich zustapfen. Mir fiel ein Stein vom Herzen.
»Na, hast du mich schon vermisst?«, fragte sie, als sie mich erreicht hatte.
Sie machte einen sehr konzentrierten Eindruck.
»Mhm«, brummte ich. »Wo hast du denn gesteckt?«
»Bei den hohen Herrn«, antwortete sie und verzog das Gesicht. »Sie haben die letzten Vorbereitungen für die Schlacht erörtert. Mir wurde die Ehre zuteil, ihnen dabei zuhören zu dürfen.«
»Es dürfte dir sehr schwergefallen sein, diese Ehre anzunehmen.«
»Shen hat mich darum gebeten, ihn zu vertreten. Und da er meiner Ansicht nach seine Nerven vor dem Kampf besser schonen sollte, habe ich mich darauf eingelassen. So durfte ich einige goldene Stunden mit diesen vernagelten Dummköpfen verbringen. Ich kann nur sagen, unser Leben liegt wahrlich in verlässlichen Händen.«
»Dass du selbst heute dein Gift verspritzt …«
»Dieses Gift würde ich Mithipha mit Freuden ins Gesicht spritzen, das darfst du mir glauben.« Dann wechselte sie das Thema. »Wie gefällt dir meine Leibgarde?«
Etwas abseits stand ein Dutzend erfahrener Männer in
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